Ernest Hemingway auf Torcello, Dezember 1948; (c) Dino Jarach

Ernest Hemingway auf Torcello, Dezember 1948; Photo by Dino Jarach

Ernest Hemingway mag diesen Italiener aus Mailand, Dino Jarach, der ihn damals im Winter 1948 in Cortina d’Ampezzo und in Venedig begleitet hat. Ernest ist verrückt nach Italien, es ist das Land seiner Träume, und er ist diesem Photographen dankbar. Warum? Weil Dino Jarachs Photos zeigen, wie er eins wird mit diesem prächtigen Land.

Am besten gefallen Hemingway die wunderbaren Photos von der Entenjagd auf Torcello. Die Photos von Dino Jarach, der sich eigentlich als Modephotograph einen Namen gemacht hat, sind so strahlend, so klar und so eingängig, dass Hemingway sie betrachtet, als seien sie sorgsam skizzierte Gemälde.

Ernest Hemingway erkennt hinter all den erstklassigen Photos von Jarach und den anderen die hohe Kunst und den Künstler. Und wie man zu schreiben hat, lernt er nicht nur von guter Literatur, sondern auch von guter Malerei und guter Photokunst.

Dino Jarach stammt aus Venedig – gibt es eine bessere Stadt um auf die Welt zu gelangen? – und ist vom Jahrgang 1914. Zwei Leidenschaften treiben den Venezianer an. Das Bergsteigen und die Photographie. Er beginnt als Journalist bei der Agentur ANSA, später gründet er seine eigene Agentur, die Interfoto. Als der Krieg ausbricht, verlässt er Venedig, schließt sich den Partisanen an und kämpft im Trentino und in Südtirol.

Nach dem Krieg werden die Filmfestspiele in Venedig und der Lido zu seinem Revier. Er entdeckt die Welt der Stars und Sternchen. Und er wird zum Photographen des Glamours: Elsa Martinelli, der Schah und Farah Dhiba, Sophia Loren, Monica Vitti, Giulietta Masina oder die Balletteuse Carla Fracci – sie alle werden fabelhaft von Dino Jarach abgelichtet.

Und dann kommt dieser Ernest Hemingway. Der große Hemingway bereist Italien, Cortina, Venedig, man sieht ihn im Gritti, in Harry’s Bar, in der Lagune von Caorle, auf der Entenjagd. Dino Jarachs Photographien von Ernest Hemingway in Venedig gehen um die Welt. Man schreibt das Jahr 1948, es ist Winter, die Jahreszeit, in der Venedig am schönsten ist.

Wenn man sich die Photos von Dino Jarach heute anschaut, so merkt man, wie diskret, aber doch merkbar er hier und da eine Flasche ins Bild komponiert. Einen roten Valpolicella  aus dem Veneto, aus den Tälern nördlich von Verona. Oder einen guten Amarone. Valpolicella und Amarone sind Hemingways Lieblingsweine aus Italien, die hält er zu Hause auf Finca Vigía immer vor. Abends steigt er dann auf höhere Prozente um.

Der Photograph aus Venedig zieht später nach Mailand um, wo er in der Via Manzoni sein Interfoto-Büro aufschlägt. Im Jahr 2000 stirbt Dino Jarach. Er und Ernest Hemingway teilen einiges. Nicht nur ein Zipfelchen Geschichte der Via Alessandro Manzoni, wo der junge Hemingway sechs Monate schwerverletzt in einem alten Palazzo mit kaputtem rechten Bein liegt, es ist das Gebäude mit der Nummer 10, das im Krieg als Krankenhaus genutzt wird. Das war im Frühjahr 1918.

Trotzdem wird das Land zu Hemingways großer Leidenschaft. Mehr noch: es wird Liebe, die Liebe zu Venedig, zum Veneto, zu Land und Leuten. Es bleibt Dino Jarachs Privileg, diesen Traum einzufrieren. Ernest und Italia, Hemingway und sein Traum.

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