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Das Hemingway-Rondell am Hafen von Cojímar. Kuba, im April 1983. Photo by W. Stock

Der Taxifahrer fährt uns die fünfzehn Kilometer aus Havanna heraus, Richtung Osten, wo das Fischerdorf Cojímar liegt. Ein saphirblauer Himmel, das türkishelle Meer und das strahlende Grün der Palmen heißen den Besucher willkommen. Es ist tropisch schwül hier an der karibischen See, und na ja, die Menschen halten ziemlich lange Siesta.

Vor der menschenleeren Hafenpromenade fällt ein sechspfähliges Rondell aus hellem Stein mit einer lebensgroßen Büste ins Auge. Hier sonnt sich Ernest Hemingway. Auf Betreiben des Schriftstellers Fernando Campoamor und mit Hilfe der Fischerkooperative von Cojímar wurde diese Büste, ein Werk des Bildhauers Boada, 1962 aufgestellt, lautet die Inschrift unter dem glänzenden Bronzestein. Ernest Hemingway, steht da, 1898 – 1961.

Hoppla, 1898 als Geburtsdatum, da lassen Cojímars Fischer ihren Don Ernesto allerdings ein Jahr zu früh auf die Welt kommen als in Wirklichkeit. Ein Jahr mehr. Es hätte diesen lebensfrohen Menschen erfreut. Des Dichters Blick zur unendlichen See ist durch die Erosion mit Meersalz leicht getrübt.

In der Nachbarschaft zum Rondell findet sich ein winziger Park. Ernest-Hemingway-Park, weist eine liebevoll angebrachte Widmung aus. Dem unsterblichen Autor von „Der alte Mann und das Meer“, eingeweiht am 21. Juli 1962, seinem 63. Geburtstag. In dankbarem Andenken. Die Bevölkerung von Cojímar.

An jener berühmtesten Erzählung Hemingways, dieser einfachen und ehrlichen Liebeserklärung an den Fischer und das Meer, ist nun wirklich alles kubanisch. Merkwürdigerweise nur ihr Autor nicht.

Auf Kuba schrieb Don Ernesto sein dünnes Opus Magnum Der alte Mann und das Meer. Ein Roman, der Titel sagt es schon, über den Menschen und das Meer. William Faulkner meinte daraufhin voller Überschwang, mit diesem Roman und just an diesem Orte habe Hemingway Gott gefunden. Die Zukunft wird zeigen, dass dies das beste Stück Literatur ist, das beste von uns allen wohlgemerkt.

War Ernest Hemingway etwa religiös geworden? Ernest ist 1927 in die katholische Kirche eingetreten, wohl aber eher aus Protest gegen sein puritanisches Elternhaus. Jedoch manch ein Satz des Buches liest sich fast so, als sei er der Bibel entnommen. Die Kritik überschlägt sich und lobt den humanistischen Tenor des Buches.

Und für die Fischer von Cojímar ist der bärtige Gringo mit den khakifarbenen Bermudas und den verschwitzten Guayabera-Hemden längst einer der ihren. Und Ernest Hemingway gibt all die Zuneigung und Verehrung, die er hier erfährt, zurück. Er liebt dieses Dorf, die breite Strasse, die geradewegs zum Meer führt, den kleinen Fischerhafen, die einfachen Leute.

In Cojímar ist er weit genug entfernt vom Dünkel und dem Hochmut der Intellektuellen, weit weg vom Verdruss und dem Selbstzweifel der Kollegen, hier in Cojímar herrscht die Bescheidenheit des Alltags, hier ist er Mann, ein Mensch. Er lebt.

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