Martha Gellhorns Sammlung von Kriegsreportagen: Das Gesicht des Krieges.

In Madrid, wo die traditionelle Linke stärker ist, haben die republikanischen Kräfte den Krieg gut organisiert. In Madrid herrscht jetzt Ruhe. Gekämpft wird nun in Aragonien. So notiert Hemingway in der New Republic vom 12. Januar 1938.

Es gibt Tage, da stehen wir nicht unter Beschuss, und das Wetter ist schön und die Straßen sind übervoll. Die Geschäfte sind voll mit Kleidung, die Schmuck-Shops, die Kamera-Geschäfte und der Postkarten-Trödel sind alle offen und in den Bars gibt es keinen Platz mehr. 

Im Hotel Florida an der Plaza de Callao bezieht Ernest Hemingway sein Domizil. Im Florida trifft sich ein illustrer Zirkel. Herbert Matthews von der The New York Times und John Dos Passos wohnen dort, Dos Passos, der im Januar 1938 für Esquire seine großartige Reportage Zimmer mit Bad im Hotel Florida schreibt.

Sein Zimmer sei günstiger als alle übrigen Räume im Florida, brüstet sich Ernest Hemingway vor seinen Lesern in Amerika und erklärt warum. Das Hotel auf dem kleinen Hügel und besonders sein Zimmer liegen ungeschützt und sind Nacht für Nacht dem feindlichen Feuer ausgesetzt.

Und in Madrid erleben die Kollegen einen frisch verliebten Hemingway. Seine Ehe mit Pauline Pfeiffer befindet sich in einer Sackgasse. Da kommt die blonde Martha Gellhorn gerade recht. Ernest hat die attraktive Korrespondentin des Wochenmagazin Collier’s zuvor bereits Key West kennen gelernt, die bildhübsche amerikanische Journalistin teilt mit Ernest nun das Hotelzimmer. Martha wird seine Geliebte.

Jahre später, als das Feuer ihrer Liebe erloschen ist, wird Ernest Hemingway ihr nachrufen, sie sei eine lausige Schreiberin, frei von jedem Talent. Doch in diesen Tagen in Madrid ist man verliebt wie die Turteltäubchen, und man zeigt dies dem versammelten Pressetross. Wie ein Glamourpaar aus Hollywood gehen Ernest und Martha im Florida ein und aus und genießen ihre Rollen. Er als weltgewandter Schriftsteller und sie als höchst ansehnliche Kriegsberichterstatterin.

Das Hotel Florida wird ihr Liebesnest. Doch in dieser Zeit sind die Nächte kurz in Madrid. Am Morgen weckt dich eine Granate. Sie explodiert, noch ehe der Portier dich weckt, und du gehst ans Fenster und siehst hinaus und siehst einen Mann wie verrückt rennen, quer über den gepflasterten Platz hinweg, mit hochgeschlagenem Mantelkragen, den Kopf eingezogen.

Ernest ist frisch verliebt und um ihn herum fallen die Bomben. Wie geht man damit um? Drinnen Sex, draußen Tod. Auf Madrid prasseln die Bomben und die Granaten zerfetzen alles, und der verliebte Gockel Ernest legt sich seinen Schutzschild zu aus Zynismus. Aber vielleicht bleibt Verachtung im Krieg die einzige Möglichkeit, um über den Schrecken zu schreiben. Wie sollte es sonst möglich sein?

Nur wer die Attitüde des Bohemiens aufrecht hält, führt das Grauen und den Ekel vor Augen zu dem Menschen fähig sind. Die Schaufenster sind voll von spanischen Imitationen aller Liköre, Whiskeys und Vermouth. Diese sind nicht zu genießen, obwohl ich mit dem „Milords Escosses Whiskey“ mein Gesicht einreibe nach der Rasur. Es schmerzt ein wenig, aber ich fühle mich sehr sauber. Ich glaube, es wäre möglich, damit Fußpilz mit heilen, aber man muss sehr vorsichtig sein, denn wenn man ihn auf Kleidung verschüttet, frisst es die Wolle.

Doch Krieg bleibt Krieg. Es wird gestorben. Ein Kind wird durch eine Granate verwundet, Milizkräfte nehmen sich seiner an und versuchen den Jungen zu trösten. Er ist der einzige Verletzte. In dieser Straße wurde niemand getroffen, und die schon losgerannt waren, gehen langsamer und lachen nervös. Die stehengeblieben sind, sehen überlegen auf sie herunter, denn die Stadt, in der wir jetzt leben, heißt Madrid.

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