Ernest Hemingways Anti-Kriegsroman In einem andern Land wird von den Nazis im Jahr 1933 öffentlich verbrannt.

Die Bücherverbrennung in Deutschland am 10. Mai 1933 ist eines der ganz dunklen Kapitel deutschen Kulturlebens. Es sind deutsche Studenten gewesen, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1933 in einer genau geplanten und emotional inszenierten Darbietung die Werke von kritischen Schriftstellern ins lodernde Feuer werfen.

Die Bücher von pazifistischen, linken und jüdischen Autorinnen und Autoren werden auf dem ehemaligen Berliner Opernplatz und in 21 weiteren deutschen Universitätsstädten unter dem Gejohle der Zuschauer verbrannt. In München findet das abscheuliche Spektakel gleich zweimal statt, am 6. und 10. Mai, jedes Mal auf dem riesigen Königsplatz.

Die Bücher von Joseph Roth, von Anna Seghers, von Carl von Ossietzky, von Ernst Toller, von Erich Maria Remarque, von Oskar Maria Graf, von Bert Brecht, von Joachim Ringelnatz, von B. Traven, von Lion Feuchtwanger, von Alfred Döblin, von Klaus Mann und von vielen anderen werden den Flammen übergeben. Auch die Bücher von Erich Kästner werden verbrannt.

Erich Kästner ist der einzige, der die Verbrennung der eigenen Bücher beobachtet: „Im Jahre 1933 wurden meine Bücher in Berlin auf dem großen Platz neben der Staatsoper von einem gewissen Herrn Goebbels mit düster-feierlichem Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller, die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten, rief er triumphierend bei Namen. Ich war der einzige der vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser theatralischen Frechheit beizuwohnen. Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt.“

Die Bücherverbrennung beschränkt sich nicht auf deutschsprachige Autoren. Auch die Werke von modernen französischen, russischen und amerikanischen Schriftstellern wie André Gide, Maxim Gorki, Jack London und John Dos Passos werden auf den Scheiterhaufen geworfen. Und ebenso die Bücher des Ernest Hemingway.

Die Nazi haben damals sein Buch In einem andern Land verbrannt. Im Jahr 1929 als A Farewell to Arms in den USA erschienen, verarbeitet Ernest Hemingway seine Erlebnisse an der italienischen Front während des Ersten Weltkriegs. Neben dem Kriegsschauspiel erzählt Hemingway die Liebesgeschichte zwischen Leutnant Frederic Henry, einem im italienischen Sanitätskorps dienenden US-Amerikaner, und der englischen Krankenschwester Catherine Barkley. Die deutsche Ausgabe ist bei Rowohlt in der Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst im Jahr 1930 erstverlegt.

Dieser populäre Anti-Kriegsroman In einem andern Land kommt 1933 auf die Liste der zu verbrennenden Bücher und im Jahr 1935 setzt die Reichsschriftumskammer der Nazis dann Ernest Hemingways Bücher komplett auf die schwarze Liste. Alle Bücher des US-Amerikaners bleiben fortan verboten.

Die Nazis sehen Ernest Hemingway als Linken, der er eigentlich niemals gewesen ist. Doch der Amerikaner aus Chicago hat mehr als einmal gegen die Hitler-Herrschaft wortstark angekämpft, das reicht für ein Verbot. Ernest Hemingway selbst sieht die Bücherverbrennung durch die Nazis weniger als persönliche Kränkung, wirtschaftlich kann sie ihm eh nichts anhaben, dieser Akt kultureller Barbarei bestärkt ihn vielmehr in seiner Haltung.

Das Duell zwischen Ernest Hemingway und den Nationalsozialisten sollte bis zum Ende des braunen Unrechtsstaates fortbestehen. Er lässt es sich im November 1944 nicht nehmen, als Korrespondent bei der kriegsentscheidenden Schlacht im Hürtgenwald bei Aachen dabei zu sein. In dem waldigen Vorgebirge der Vulkaneifel wird dem Schriftsteller dann endgültig klar: Die elenden Nazis, seine Feinde, sind endgültig besiegt. 

Die Bücherverbrennung im Jahr 1933 ist schlimm genug. Den Fortgang erahnen kritische Geister schon zu diesem Zeitpunkt: Wenn Bücher brennen, dann brennen irgendwann auch Menschen. Das widerwärtige Schauspiel wird in der größten Katastrophe der Menschheitsgeschichte enden. Erst am 8. Mai 1945 findet der verbrecherische Spuk dann endlich seinen Schlusspunkt. Die Kapitulation Nazi-Deutschlands feiert Ernest Hemingway lautstark, die Verbrennung seiner Bücher durch die Nazi erweist sich letztlich als Auszeichnung.

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