Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Spanien Seite 4 von 5

Ernest Hemingway im Spanischen Bürgerkrieg

Ernest Hemingway mit dem niederländischen Dokumentarfilmer Joris Ivens und Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg 1937. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Dem Spanischen Bürgerkrieg steht Ernest Hemingway anfangs gespalten gegenüber. Er mag zunächst weder für die Putschisten noch für die Loyalisten Partei ergreifen, denn er besitzt Freunde in beiden Lagern. Doch dann sagt ihm sein Instinkt, wo in Spanien seine politische Heimat zu finden ist: auf der Seite der einfachen Menschen, bei den liberalen und linken Bürgern und an der Seite all jener, die sich aufrichtig zur gewählten Regierung verhalten.

Als ihm die North American Newspaper Alliance (NANA), ein Zeitungssyndikat von 50 großen Tageszeitungen, den Job als Berichterstatter in Spanien anbietet, ergreift Ernest Hemingway die Gelegenheit und lässt sich als Kriegskorrespondent akkreditieren. Insgesamt viermal wird er in den Bürgerkrieg nach Spanien reisen, meist bleibt er jeweils ein, zwei Monate. Der Schriftsteller wird in jener Zeit mehr als bloßer Beobachter sein, das Herz des Amerikaners pocht für die Seite der linken Republik. 

Im Frühjahr 1937 trifft der amerikanische Autor zum ersten Mal in Kriegsspanien ein. Die spanische Gesellschaft ist schon seit Jahrzehnten aufgewühlt und nun haben sich die sozialen und politischen Konflikte im Bürgerkrieg entladen. Die Putschisten massakrieren den politischen Gegner auf brutalste Weise und ein linker Mob zündet Klöster und Kirchen an und verbrennt Nonnen und Priester bei lebendigem Leib. Dieser von beiden Seiten gnadenlos geführte Bürgerkrieg ist der Kampf der zwei Spanien, der Riss geht durch viele Familien.

Das restaurative Militär unter dem General Francisco Franco, der katholische Klerus, andalusische Latifundistas, die monarchistischen Carlisten und das konservative Bürgertum finden sich auf der putschenden Seite zusammen. Die Republik wird verteidigt von fortschrittlichen Liberalen und von linken Kräften aller Couleur, von Sozialisten, Kommunisten, Trotzkisten und Anarchisten. Und von Separatisten, die zudem für die Unabhängigkeit ihrer Region kämpfen. 

Im Hotel Florida an Madrids Plaza de Callao hat Ernest Hemingway seit Mitte März 1937 das Zimmer 108 bezogen. Schon ein Autor von Weltruf, wird der NANA-Reporter in der spanischen Hauptstadt mit seltenen Privilegien hofiert. Hemingway kann über ein Auto mit Fahrer verfügen, er erhält trotz der Mangelwirtschaft ausreichend Benzin, und er darf ohne Einschränkungen die verschiedenen Frontabschnitte bereisen. Wie ein Feldherren beobachtet der Schriftsteller, hoch zu Pferd, die Frontlinie vor Madrid.

Im Hotel Florida tummeln sich die ausländischen Journalisten und Sympathisanten der Loyalisten. Antoine de Saint-Exupéry wohnt dort, man trifft dort den Maler Luis Quintanilla, der als Geheimdienstchef der Republik in Südfrankreich dient. Ebenso geht dessen Bruder Pepe Quintanilla, der Chef der Geheimpolizei in Madrid, in dem luxuriösen Hotelkomplex ein und aus. Hemingway trifft den Auslandskorrespondenten der New York Times, Herbert Matthews, die Schriftstellerin Lillian Hellman ebenfalls, so wie seinen Freund und Kollegen John Dos Passos. 

Als Martha Gellhorn am 30. März 1937 in Madrid dazustößt, bezieht sie das Zimmer neben Ernest Hemingway. Beide Journalisten genießen ihre Rollen. Er als weltgewandter und umschwärmter Schriftsteller, sie als umwerfende Schönheit und unerschrockene Kriegsreporterin. Martha und Ernest verstehen sich prächtig, sie werden rasch ein Liebespaar, sie machen kein Geheimnis daraus. Um sie herum fallen im Zentrum Madrids die Bomben.

In seinen Depeschen berichtet Ernest Hemingway mit einem kalten Zynismus von den Kämpfen in Spanien, er leitet seinen Sarkasmus jedoch von einem klaren Blick für das Detail ab. Die Leser in den USA werden so in die Handlung wie bei einem Film hineingezogen und finden sich plötzlich mitten im Geschehen wieder. Sie töteten eine alte Frau, die vom Markt kam und nach Hause ging. Was von ihr liegen blieb, war ein Knäuel schwarzer Kleider. Ein Bein war gegen die Wand des nächsten Hauses geflogen.

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Ernest Hemingway besucht Pío Baroja

In Madrid, am 9. Oktober 1956, besucht Ernest Hemingway den baskischen Kollegen Pío Baroja am Krankenbett.

Anfang Oktober 1956 will Ernest Hemingway in Spanien den todkranken Pío Baroja in seinem Haus in der Calle Ruiz de Alarcón 12 besuchen, sein Freund José Luis Castillo-Puche hat den Besuch in Madrid arrangiert. Hemingway bewundert diesen baskischen Autor, der so vornehm und gewissenhaft mit der Sprache umzugehen pflegt.

Obwohl die beiden Männer so grundverschieden erscheinen, möchte der Amerikaner dem sterbenden Kollegen Trost und Kraft spenden. Denn Ernest Hemingway ahnt, wie schwer das Sterben ist. Besonders für einen Schriftsteller, der doch jeden Satz für die Ewigkeit denkt und für den jedes Buch als trotzige Auflehnung gegen die Vergänglichkeit angelegt ist.

Für Ernest Hemingway ist es in Madrid fast so, als ob ein Vater stirbt. To You, Don Pío, schreibt der Amerikaner dem Spanier eine Widmung, who taught us so much when we were young and wished to be writers. Für Dich, Don Pío, der uns so viel beigebracht hat, als wir jung waren und Schriftsteller werden wollten.

Und der Amerikaner will Pío Baroja sagen, dass nicht er, Ernest Hemingway, den Nobelpreis verdient habe, denn er sei ja nur ein einfacher Abenteurer. Und was wird der sterbende Pío Baroja auf Hemingways Tiefstapelei antworten? „Caramba!“, wird der greise Mann rufen, einfach nur „caramba!“. Man kann diesen schillernden Ausruf schwer fassen, denn im Spanischen passt er eigentlich immer. Er kann Donnerwetter! meinen, aber auch Zum Teufel damit!

Der Mann aus Chicago wird dem

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Ernest Hemingway und Camilo José Cela

Ernest Hemingway trifft Camilo José Cela in Spanien im Jahr 1956.

Im September und Oktober des Jahres 1956 bereist Ernest Hemingway Spanien. Er schaut sich das Land seines Herzens von neuem an, jahrelang hat der Amerikaner sein Lieblingsland nicht besuchen dürfen. Erst im Sommer 1953 erlaubt das franquistische Regime dem Schriftsteller die Einreise nach Spanien. Der klamme Diktator erhofft sich von dem Besuch des weltbekannten Autors einen Propagandaerfolg und eine Ankurbelung des Tourismus.

Bei seinem Besuch im Jahr 1956 wohnt Ernest Hemingway einigen Corridas bei und trifft sich mit einheimischen Schriftstellern. Unter den Kollegen, die mit dem bärtigen Nobelpreisträger zusammen kommen, befindet sich auch Camilo José Cela, ein galizischer Autor vom Jahrgang 1916. Die beiden laufen sich im El Escorial über den Weg, der Klosterburg im Nordwesten von Madrid.

Dem Spanier fällt auf, Ernest Hemingway gibt sich als ein Kollege ohne Dünkel, jemand, der über den Konventionen steht. Man ist sich sogleich sympathisch. Cela, der in Palma auf Mallorca lebt, kränkelt zeit seines Lebens, in frühen Jahren schlägt er sich mit einer heftigen Tuberkulose rum. Trotzdem wird ihm ein langes Leben vergönnt bleiben, er stirbt im Jahr 2002 in Madrid, im Alter von 85 Jahren.

Über die Jahrzehnte wird Camilo José Cela, in Iria Flavia geboren, südwestlich von Santiago de Compostela, zu einem der wichtigsten Schriftsteller seines Landes. Wie so viele spanische Autoren wirkt er als literarischer Generalist, als Romancier, Essayist, Philosoph und Journalist in einem. Auch er, ein Grande von eher konservativer und besonnener Art, erhält aus Stockholm den Nobelpreis für Literatur, im Jahr 1989, genau 35 Jahre nach Ernest Hemingway.

Das bekannteste seiner über 70 Werke heißt La Colmena, die Erzählung Der Bienenkorb spielt im Madrid der 1940er Jahre. Szenischer Treffpunkt ist das Café der Doña Rosa, wo die Fäden der unterschiedlichen Lebensgeschichten des vom Bürgerkrieg gezeichneten Kleinbürgertums zusammenlaufen. Cela schildert den Alltag in den Hinterhöfen und Absteigen, die persönlichen Schicksale von Liebe, Suff und Enttäuschung.

Erst durch diesen fein verschachtelten Roman hält das wegen Franco isolierte Spanien Anschluss an die moderne Weltliteratur. Obwohl Camilo José Cela im franquistischen Apparat durchaus Förderer besaß, wurde sein Buch wegen seiner erotischen Passage und der offenen Darstellung der sozialen Wirklichkeit Spaniens auf die schwarze Liste gesetzt. Die Erstausgabe erschien 1951 daher in Argentinien, erst vier Jahre später durfte der Roman in einer veränderten Fassung in Barcelona herauskommen.

Camilo José Cela, seit 1957 Mitglied der Real Academia de la Lengua Española, wird sich nach Ende des Franquismus auch politisch engagieren. Nach dem Tod des Diktators im Jahr 1975 und im Übergang zur Demokratie wirkt er von 1977 bis 1979 als von König Juan Carlos ernannter Senator an der Erarbeitung der neunen demokratischen Verfassung Spaniens mit. Fortan gilt er als einer der großen Intellektuellen des Landes.  

Celas Schreibstil wird als Tremendismo bezeichnet, ein Stil, der mit einer ungeschminkten Darstellung der sozialen Probleme einher geht, der Weg zur Verlorenen Generation ist nicht weit. Camilo José Cela gilt als der Schriftsteller Spaniens, der Ernest Hemingway literarisch am nächsten steht. Beide eint ein realistischer Blick auf die Wirklichkeit, eine poetische Sprachmelodie und – trotz aller Widrigkeit – eine spürbare Lust am Leben.

Was ihn bei der Begegnung mit Hemingway beeindruckt habe? Die

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All thinking men are…

Die Penitentes, die barfüssigen Büßer im anonymen Kapuzengewand mit Spitzhaube über dem Kopf und einer Kerze in der Hand, gehören zum selbstverständlichen Bild in den andalusischen Karprozessionen der Semana Santa.
Foto by W. Stock, 2019

Jetzt wird es interessant. All thinking men are atheists. Alle denkenden Menschen sind Atheisten. So hat es Ernest Hemingway beiläufig geschrieben, in seinem Frühwerk A Farewell to Arms, im zweiten Kapitel. Im Jahr 1929 ist dieser Roman erschienen, auf Deutsch heißt er In einem andern Land. Jeder, der denken kann, ist Atheist. Das ist mal ein Aufschlag. Merkwürdig nur: Ernest Hemingway selbst war ja kein denkender Mensch, kein Intellektueller oder Räsonierer. Sondern ein Gefühlsmensch, jemand, der aus dem Bauch heraus lebte.

Und merkwürdig auch: Sein bestes Werk – Der alte Mann und das Meer – ist eine Erzählung von alttestamentarischer Kraft. Eigentlich ist diese Novelle der Versuch einer Zwiesprache mit Gott. All dies scheint merkwürdig für einen Atheisten. Auch hat Hemingway immer abgestritten, an Gott zu glauben, er hat sich vielmehr lustig gemacht über ihn. Aber irgendwie, je länger man seine Zeilen liest, kommen sie einem vor, wie ein Hilferuf an eine höhere Macht und wie eine Sehnsucht nach Behütung durch diese höhere Macht. Ernest Hemingway lebte merkwürdigerweise auch gerne in erzkatholischen Ländern. Auf Kuba und in Südspanien.

Die strengen Gebräuche in Andalusien übten eine Faszination auf ihn aus. So die Penitentes – jene Kapuzenmänner, die in der Karwoche als namenlose Büßer auftreten, weil ein Papst im 14. Jahrhundert die öffentliche Buße untersagt hatte. Oder denken wir an die übersteigerte Marienverehrung oder den blutigen Stierkampf. Ernest fühlte sich von solch archaischen Riten angezogen. Auch wenn er eine andere Begrifflichkeit verwendet, katholische Rituale wie Buße, Sünde, Selbstkasteiung, Vergebung, Sakrament oder Pilgertum bleiben ihm nicht fremd.

Über die Grenzen des Individuums hat er viel geschrieben. Ein Mystiker würde nun vielleicht versuchen, das Mysterium des Lebens und Ablebens mit Hilfe des Glaubens oder der Existenz eines allmächtigen Gottes zu enträtseln. Und möglicherweise ist so etwas wie Gott ja der Schlüssel für all dies, was sich dem Verstand nicht erschließt. Doch diesen letzten Schritt wollte – oder konnte – Ernest Hemingway nicht gehen.

Obwohl, möglicherweise benutzt dieser Ernest Hemingway für Gott ja bloß

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Rainer Maria Rilke in Ronda

Hinter dem Hotel Reina Victoria steht der Böhme Rainer Maria Rilke, der wunderbare Gedichte auf Deutsch schreiben konnte, und blickt in die Bergwelt Andalusiens. Foto by W. Stock, 2019

Er ist eigentlich das schiere Gegenbild zum Macho-Mann Ernest Hemingway. Der Amerikaner Hemingway ist einer, der breitbeinig durchs Leben marschiert, an zwei Weltkriegen teilnimmt, der flott einen Nobelpreis kassiert, dem die Bücher und Verfilmungen Millionen aufs Bankkonto spülen und dem die Frauen zu Füssen liegen, er braucht bloß mit den Fingern schnipsen.

Doch Rainer Maria Rilke leidet als Sensibelchen, er ist oft kränklich, von schweren Gedanken gedrückt, mit den Frauen klappt es nicht so recht und zudem ist er meist ziemlich klamm. Das Leben hat den Poeten nicht auf die Sonnenseite geworfen, sein Leben läuft in Hoch und Tiefs. Doch Gedichte kann der Mann schreiben, zum Niederknien.

Eines seiner schönsten heißt Herbsttag:

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke schreibt Herbsttag im Jahr 1902, es ist ein Gedicht über den heraufziehenden Herbst, eine Zwiesprache mit Gott, und ähnlich zu Hemingways Poemen in Sachen Natur, bleibt der Mensch das Objekt, der Getriebene, der sich den Naturgewalten fügen muss.

Am 4. Dezember 1875 wird Rilke als Sproß eines Militärbeamten in Prag geboren, das damals unter österreichischer Regentschaft steht. Nach dem Abitur studiert er Kunst und Literatur in Prag, München und Berlin. Im Jahr 1900 lässt der Österreicher sich in der norddeutschen Malerkolonie Worpswede nieder und heiratete die Bildhauerin Clara Westhoff, von der er sich 1902 wieder trennt. Im Jahr 1905 wird er für acht Monate der Privatsekretär des Bildhauers Auguste Rodin in Paris. Es folgen Reisen nach Nordafrika und Ägypten. Im Ersten Weltkrieg wird er beim österreichischen Landsturm aus Gesundheitsgründen ausgemustert. Nach Kriegsende halten ihn meist Mäzene über Wasser. Rilke stirbt am 29. Dezember 1926 mit nur 51 Jahren im Sanatorium Val-Mont bei Montreux an Leukämie.

Im Winter 1912 besucht Rainer Maria Rilke die spanischen Städte Toledo, Córdoba und Sevilla. In Andalusien ist Rilke gepackt von der maurischen Architektur und Tradition. Vom 9. Dezember 1912 bis Mitte Februar 1913 verbringt er die Winterwochen in Ronda. Der Fluß in seinem schluchtigen Abgrund spiegelt die zerrissenen Lichter des Himmels, aber auch mein Innerstes wider, schreibt der Poet nach seiner Ankunft in Ronda

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La Cónsula – das andalusische Idyll des Ernest Hemingway

Die Einfahrt zur Finca La Cónsula bei Churriana in der Nähe von Málaga.
Foto by W. Stock, 2019

Anfang Mai 1959 erreichen Mary und Ernest Hemingway, von New York kommend, mit der Constitution Algeciras in Südspanien. Von dort geht es zwei Stunden mit dem Auto Richtung Costa del Sol zur La Cónsula in den Hügeln über Málaga. Die spektakuläre Finca gehört Nathan Davis, den alle Welt Bill ruft und der vom Hemingway Negro genannt wird. Er und Negro haben sich vor langer Zeit Mexiko kennengelernt und rasch Freundschaft geschlossen.

Bill und seine Frau Anne, steinreiche US-Amerikaner, leben mit ihren Kindern Nena und Timothy Teo als überaus gastfreundliche Expatriates auf dem imposanten Anwesen südwestlich der Stadt, nur wenige Kilometer abgelegen vom Meer bei Churriana. Auch der Autor Noel Coward und die Schauspielerin Vivien Leigh gehörten schon zu den prominenten Gästen auf der zwölf Hektar großen andalusischen Hacienda, die von einer tropikalen Landschaft umzäunt wird und auf der zahlreiche Bedienstete um das Wohl der Gäste bemüht sind.

Die abgelegene La Cónsula – gemäß Ernest Hemingway ein bisschen kleiner als der Escorial – ist ein wunderbarer Ort, innezuhalten und zu sich zu kommen. Heute ein Stadtteil von Málaga, befindet sich La Cónsula in Churriana, an der Carretera nach Alhaurin de la Torre. Die andalusische Regionalregierung hat seit 1993 in der weitläufigen Finca die Verwaltung Escuela de Hostelería de Málaga untergebracht, die Hotelerie- und Kochschule, in einem neu erbauten Gebäude schwingen die Lehrlinge des ersten und zweiten Ausbildungsjahres ihre Kochlöffel.

Die Finca, die Anfang des 19. Jahrhunderts im Kolonialstil mit viel Eisen, Holz und Säulen aus weißem Marmor erbaut wurde, besteht aus dem langen rechteckigen Hauptgebäude aus zwei Etagen, einer um das obere Stockwerk laufenden Außenveranda, aus einem Schwimmbassin an dessen Fußseite heute ein Stein- und Muschelmosaik mit einem Abbild Ernest Hemingways prangt. Der hinter dem Herrenhaus liegende Jardin ist riesig wie ein Klostergarten, mit Pinien, Palmen, Bananenbäumen, Zypressen.

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Im Eckzimmer auf der oberen Etage, hin zum Swimmingpool, befindet sich das Zimmer, in dem Ernest Hemingway seine Tage in ‚La Cónsula‘ verbringt. Foto by W. Stock, 2019

Wie ein Idyll aus dem Bilderbuch kommt La Cónsula daher: Der weitläufige botanische Garten lädt ein zum Lustwandeln, am Pool kann man sich vom überhitzten Sommerklima des Mittelmeeres erfrischen, im Haupthaus findet sich großartige Kunst, unter anderem einige Gemälde von Jackson Pollock und Mark Rothko, und – gerade Ernest Hemingway weiß einen solchen Vorteil nicht gering zu schätzen – in der ganzen Anlage hat es damals kein Telefon gegeben.

In Spanien will Ernest Hemingway die Erinnerung an schöne Tage auffrischen und alte Freunde treffen. Die einstmals jungen Gesichter waren jetzt alt wie meins, aber keiner hatte vergessen, wie wir einmal waren. Die Augen hatten sich nicht verändert und keiner war fett geworden. Kein Mund war verbittert, ganz gleich, was die Augen inzwischen alles gesehen hatten. In Spanien findet der Autor wie immer seine heile Welt, sein andernorts versinkendes Wohlfühl-Paradies. Vor allem die sinnenfreudige Lebensart der Südspanier mag er, den Stierkampf, das gute Essen und einen Moscatel oder einen Pedro Ximenez, der süße Málagawein fließt in Andalusien wie im Schlaraffenland.

Nach dem freudigen Aufenthalt im Jahr 1959 kommt Ernest Hemingway in den Sommermonaten des Jahres 1960 zurück, diesmal alleine. Doch alles ist anders. Die Freunde in Andalusien zeigen sich bestürzt, als sie den Schriftsteller zu Gesicht bekommen. Sein einst glanzvolles Antlitz ist aschfahl, die Haare sind schlohweiß, seine Gesichtszüge wirken wie eingefallen und die einst neugierigen Augen blicken nur noch ausdruckslos in die Welt. Seine kräftigen Arme sind dürr geworden wie junge Baumzweige, auch die Beine scheinen nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. 

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Am frühen Morgen stellt Ernest Hemingway ein Stehpult auf die Veranda vor sein Zimmer und schreibt den Vormittag über an seinem Werk ‚The Dangerous Summer‘. Foto by W. Stock, 2019

Der Nobelpreisträger kann sich in dem weitläufigen Farmhaus bei Málaga nur noch mühsam fortbewegen, seine Schritte gleichen mehr einem behäbigen Tippeln. Innerhalb weniger Monate ist der Schriftsteller um Jahre gealtert. Der Autor wohnt in seinem kleinen Zimmer im oberen Stockwerk, ohne Bad, sein sommerlicher Arbeitsplatz erinnert ihn an

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Ernest Hemingway in Ronda

Oberhalb der Schlucht zum El Tajo liegt der schmale ‚Paseo de E Hemingway‘, der am Parador vorbei führt bis zu den Klippen. Foto by W. Stock, 2019

Man weilt erst seit wenigen Minuten in Ronda und prompt läuft man zwei bekannten Amerikanern in die Arme, beide allerdings schon vor Jahrzehnten verstorben. Die weiße Stadt in den andalusischen Bergen hat den Schriftsteller Ernest Hemingway und den Regisseur Orson Welles sichtbar im Stadtbild verewigt, jeder als Namensgeber einer eigenen Promenade oder in Form von mannshohen Skulpturen. Ein Hotel, gleich das Palacio de Hemingway, vier Sterne, und ein Café sind nach dem Autor benannt, Fotos und Postkarten von beiden finden sich zuhauf in den Andenkenshops.

Manchmal kann man sie leicht verwechseln, US-Amerikaner, ähnliche Physiognomie, stämmiger Körperbau, dichter Bart, selbstbewusstes Auftreten. Und beide eint die Liebe zu dieser einzigartigen Stadt von 30.000 Bewohnern. Zwei Stunden von der Küste entfernt liegt Ronda im Gebirge, auf einem Fels, eingebettet von blühender Vegetation, soweit das Auge reicht, ein Ort wie gemalt für ein pittoreskes Großgemälde.

In der Tat ist dieser Ort ein seltenes Juwel. Umgeben von einem Teppich grüner Olivenhaine, riesigen Farmen mit freilaufenden Rindern und eindrucksvollen Weingütern bleibt die Natur in diesem abgelegenen Landstrich allgewaltig. Ronda liegt abseitig, noch heute etwas abgeschieden von der Welt, die sich so gern modern nennen lässt. Oben in den Bergen stört nicht das Brummen der Laster oder quält der Gestank der Fabrikschlote, man hört vielmehr das Rauschen der Pinien im Wind und das ausgelassene Zwitschern der Vögel – und sonst hört man nichts. Man wird kaum etwas Besseres für den Seelenfrieden finden als Ronda, Ernest Hemingway hat darauf aufmerksam gemacht.

Der bärtige Schriftsteller hat Ronda über alles geliebt. Besuchen Sie Ronda, wenn Sie wieder mal nach Spanien kommen sollten. Für eine Hochzeitsreise oder mit Ihrer Freundin. Die ganze Stadt und ihre Umgebung gleichen einem romantischen Bühnenbild. Die Stadt liegt 720 Meter über El Tajo, einer steilen Schlucht, Ronda wird architektonisch geprägt von der westgotischen, der maurischen und von der christlichen Tradition. Weiße Häuser stehen direkt an der Klippe, die halbe Stadt balanciert am Abgrund.

Im Mai 1923 besucht Ernest  mit seinen Freunden William Bird und seinem Pariser Verleger Robert McAlmon zu ersten Mal Spanien, es geht auch in den Süden, nach Sevilla, Granada, nach Toledo, Aranjuez und eben auch Ronda. Der Stierkämpfe wegen. Ende der 1950er Jahre kommt er zurück nach Andalusien, zum Abschied, zwei Jahre vor seinem Tod in den Rocky Mountains.

In Ronda, in dieser eindrucksvollen Stierkampfarena, einer der ältesten Spaniens, wohnt er oft

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Ernest und Orson

Der Beginn dieser Freundschaft gestaltet sich ein wenig holprig.  Im März 1937 sind Ernest Hemingway und Orson Welles in Spanien und arbeiten mit dem holländischen Regisseur Joris Ivens an dem Filmprojekt The Spanish Earth. Sowohl Ernest Hemingway als auch Orson Welles haben in den Jahren vor diesem Propagandafilm über den Spanischen Bürgerkrieg schon beachtliche Erfolge vorzuweisen.

Ernest Hemingway, Jahrgang 1899, hat mit A Farewell to Arms und The Sun also Rises bereits Weltgeltung errungen. Orson Welles, Jahrgang 1915, ist erfolgreich als Schauspieler am Theater und besonders als Sprecher im Radio unterwegs. Ein Trumpf des 16 Jahre jüngeren Orson Welles ist dessen sonorer Bariton und deshalb soll der Mann aus Wisconsin die Sprecherrolle in The Spanish Earth übernehmen.

Doch die beiden Alphatiere geraten schon beim Schreiben des Drehbuches aneinander. Orson Welles mäkelt an dem Drehbuch herum, Ernest Hemingway zeigt sich daraufhin schnell eingeschnappt. Draußen tobt ein blutiger Bürgerkrieg und drinnen streiten zwei dicke Amerikaner um Wörter und Kommata.

Hemingway beleidigt Welles mit der Unterstellung, dieser sei wohl schwul und daher nicht männlich genug, um einen Film über den Krieg zu erzählen. Orson Welles wiederum lehnt sich zurück und ironisiert, „Herr Hemingway, wie stark Sie sind und wie groß Sie sind!“

Wütend nimmt der Schriftsteller ein Möbelstück in die Hand, und zwei stämmige amerikanische Mannskerle bedrohen sich für einen Moment als ginge es um Leben und Tod. Darum geht es da draußen und rasch merken die beiden Spanien-Liebhaber wie lächerlich ihr Macho-Gehabe ist und wälzen sich am Boden und lachen und teilen sich schließlich eine Flasche Whiskey. 

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Martha Gellhorn – Ehe Numero 3

Martha Gellhorn

Mit Martha Gellhorn erfolgt die Vermählung Ende 1940. Die Amerikanerin aus St. Louis hat sich da bereits einen Namen gemacht als Journalistin und Autorin. Sie hat für United Press in Paris gearbeitet, sie schreibt für das Wochenmagazin Collier’s über den Spanischen Bürgerkrieg und sie ist der einzige weibliche Kriegsberichterstatter, der mit den Amerikanern am D-Day, dem 6. Juni 1944, in der Normandie landet.

Im Spanischen Bürgerkrieg finden die beiden dann endgültig zueinander. In den Wirren der Schlacht um Madrid erleben die Kollegen auch den privaten Ernest Hemingway, er macht kein Geheimnis daraus. Die Ehe des Autors mit Pauline Pfeiffer befindet sich in einer Sackgasse und da kommt die platinblonde Martha Gellhorn gerade recht daher.

Der Schriftsteller hat die attraktive Korrespondentin des Wochenmagazins Collier’s an Weihnachten 1936 in Key West kennengelernt, sie kommt mit Mutter und Bruder ins Sloppy Joe’s in einem schwarzen Kleid, das ihre blonden Haare noch blonder aussehen lässt. Ernest Hemingway, der mit dem Auge denkt, ist nicht mehr zu retten.

Bald teilt die amerikanische Journalistin in Madrid mit Ernest das Hotelzimmer, Martha wird seine Geliebte. Zunächst erweist sich Martha Gellhorn als eine Frau ganz nach seinen Bedürfnissen, weil die Vorlieben sich so wunderbar überschneiden. „I followed the war wherever I could reach it“, sagt die blonde Frau, sie mutet an wie die Variation eines Ernest Hemingway im Rock. Ich bin zu dem Krieg hin, wo immer ich ihn auch packen konnte. Es dauert jedoch nicht lange und Ernest und Martha haben den Krieg im heimischen Wohnzimmer.

Martha Gellhorn erweist sich zwar als Frau zum Pferdestehlen, wie man so schön sagt. Und Pferdestehlen kommt

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Der gefährliche Sommer

Im Sommer 1959 schickt das Magazin LIFE Ernest Hemingway nach Spanien, auf eine lange Reise. Eine große Reportage über 10.000 Wörter ist ausgemacht. Der Nobelpreisträger soll über Spanien, den Stierkampf und vor allem die Rivalität der beiden großen Stierkämpfer Antonio Ordóñez und Luis Miguel Dominguín berichten.

„In dieser Woche sind wir alle glücklich“, schreibt die hochformatige Zeitschrift im Editorial, „einen alten Freund und Mitarbeiter auf den Seiten von LIFE wieder begrüßen zu dürfen. Es ist acht Jahre her, dass Ernest Hemingway ein großes Werk veröffentlicht hat. Und nun veröffentlichen wir die erste Folge seines neuen großartigen Buches The Dangerous Summer.“

Am 13. Mai 1959 macht sich Ernest Hemingway auf nach Madrid, in der Hauptstadt beginnt er seine Stierkampf-Tour, die den Schriftsteller kreuz und quer durch Spanien führen wird. Er fährt nach Sevilla, nach Córdoba und Ronda, nach Aranjuez, nach Alicante, dann Algeciras am 21. Juni, nach Saragossa, natürlich nach Barcelona, dann nach Burgos, am 7. Juli sodann nach Pamplona, auch nach Valencia, wo er gleich zweimal einer Corrida beiwohnt, am 25. und am 27. Juli 1959. Seine Reise führt ihn

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