Anfang Oktober 1956 will Ernest Hemingway in Spanien den todkranken Pío Baroja in seinem Haus in der Calle Ruiz de Alarcón 12 besuchen, sein Freund José Luis Castillo-Puche hat den Besuch in Madrid arrangiert. Hemingway bewundert diesen baskischen Autor, der so vornehm und gewissenhaft mit der Sprache umzugehen pflegt.
Obwohl die beiden Männer so grundverschieden erscheinen, möchte der Amerikaner dem sterbenden Kollegen Trost und Kraft spenden. Denn Ernest Hemingway ahnt, wie schwer das Sterben ist. Besonders für einen Schriftsteller, der doch jeden Satz für die Ewigkeit denkt und für den jedes Buch als trotzige Auflehnung gegen die Vergänglichkeit angelegt ist.
Für Ernest Hemingway ist es in Madrid fast so, als ob ein Vater stirbt. To You, Don Pío, schreibt der Amerikaner dem Spanier eine Widmung, who taught us so much when we were young and wished to be writers. Für Dich, Don Pío, der uns so viel beigebracht hat, als wir jung waren und Schriftsteller werden wollten.
Und der Amerikaner will Pío Baroja sagen, dass nicht er, Ernest Hemingway, den Nobelpreis verdient habe, denn er sei ja nur ein einfacher Abenteurer. Und was wird der sterbende Pío Baroja auf Hemingways Tiefstapelei antworten? „Caramba!“, wird der greise Mann rufen, einfach nur „caramba!“. Man kann diesen schillernden Ausruf schwer fassen, denn im Spanischen passt er eigentlich immer. Er kann Donnerwetter! meinen, aber auch Zum Teufel damit!
Der Mann aus Chicago wird dem im Sterben liegenden Pío Baroja einen Cashmere-Pullover, ein paar flauschige Hausschuhe und vor allem eine Flasche guten Scotch schenken. Dazu ein Exemplar von A Farewell to Arms. Und Ernest Hemingway schreibt in das Buch für Pío Baroja eine kurze wunderbare Widmung: To Don Pío Baroja, from a respectful disciple. Für Don Pío Baroja, in Verehrung von einem Schüler.
Ernest Hemingway sieht das Schicksal seinen Lauf nehmen. Es bleibt ihm nichts weiter, als am 30. Oktober an der Beerdigung des Kollegen Pío Baroja teilzunehmen. Der Schüler aus Übersee wird den Sarg des spanischen Lehrmeisters tragen.
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