Auf zahlreichen Fotos sieht man Ernest Hemingway mit Armbanduhr. Meist ist die Uhr deutlich auszumachen und des öfteren scheint es, als wolle Hemingway sie auch demonstrativ zeigen. In manchen Fotos sieht seine Armhaltung gar ein wenig gezwungen aus, so als wolle er die Uhr partout in die Linse halten.
Solch ein Gedanke beschleicht mich zum Beispiel bei Betrachtung eines Fotos der Photographin Modeste von Unruh aus dem Mai 1956. Ernest Hemingway auf hoher See im peruanischen Cabo Blanco, wo er auf der Jagd nach dem schwarzen Marlin weilt.
Das Foto zeigt eine Uhr mit einem weißen Ziffernblatt, in goldener oder silbernen Einrahmung und mit einem schwarzen Lederarmband. Hemingway, auch das zeigen die Fotos, trägt seine Armbanduhr am linken Handgelenk.
Doch, um welche Uhr handelt es sich? Optisch ist es eine Uhr von mittlerer Grösse, nicht zu wuchtig und auch nicht zu klein, für seinen kräftigen, behaarten Arm scheint sie sogar ein wenig zu filigran. Ernest Hemingway, auch diesen Umstand inszenieren die Fotos, mag seine Uhr. Für ihn besaß der Zeitmesser Wichtigkeit.
Hemingways Uhr muss eine Uhr sein, die zu seinen Lebzeiten, in seinen besten Mannesjahren, produziert und verkauft wurde. Also in den 1940er und 1950er Jahren. Auf den Fotos vermag man, auch bei hoher Auflösung und mit starker Lupe, nur Schemenhaftes zu erkennen. Die Marke wird nicht eindeutig sichtbar, aber man kann zumindest etwas erahnen.
Denn verschwommen sieht man eine Krone unter der 12, das berühmte langgestreckte Krönchen einer Weltmarke. Ich wette eine Flasche Jack Daniels, Hemingway trägt eine Rolex. Wahrscheinlich eine Rolex Oyster Perpetual 31MM Bubbleback aus den 1950ern. Diese Rolex Perpetual, die später Rolex Oyster Perpetual hieß, bildete das Grundmodell von Rolex. Es ist im Grunde die Uhr, auf die das Unternehmen seinen Weltruf gründet.
Die Rolex Perpetual ist nicht nur wasserdicht, da ist Rolex damals Vorreiter gewesen, sondern zudem ausgestattet mit einem Automatikuhrwerk mit Selbstaufzug, das Rolex sich 1931 hat patentieren lassen. Die Perpetual galt in den 1940ern und 1950ern als das Nonplusultra im Uhrmacherhandwerk.
Rolex war in den 1950er Jahren schon eine Weltmarke. Die Schweizer Uhrenmanufaktur, deren Namen sich horlogerie exquisite ableitet, baut dauerhafte und funktionssichere Modelle und verzichtet auf komplizierte Spielereien. Eine praktische Uhr, die gerade auf Reisen durch ihre Robustheit und Unverwüstlichkeit überzeugt. Und eine Uhr, die vortrefflich Hemingways Persönlichkeit entsprach.
Ernest Hemingway gibt uns noch einen weiteren Fingerzeig auf die Rolex, diesmal einen literarischen. Mitten in seinem 1950 erschienenem Werk Über den Fluss und in die Wälder findet man eine hübsche Passage, in der er das menschliche Herz mit einem Uhrwerk vergleicht. Der Colonel Cantwell sitzt mit seiner jungen Liebe, der Contessa Renata, im Gritti Palace in Venedig und diniert. Und der Colonel erzählt vom Krieg und von der Liebe.
Sowohl der Krieg als auch die Liebe können ihm das Herz brechen. Vor allem die Liebe. Wo bleibt das Herz? „Es ist ja nur ein Muskel“, sagte der Colonel. „Nur daß es der Hauptmuskel ist. Er arbeitet so vollkommen, wie eine Rolex Oyster Perpetual. Hat nur den Fehler, daß man ihn nicht an die Repräsentanz von Rolex schicken kann, wenn er reparaturbedürftig ist. Wenn er stehenbleibt, weißt du nicht mehr, wieviel Uhr es ist. Du bist tot.“.
Nun bestehen für mich keine Zweifel mehr. Ernest Hemingway trägt eine Rolex Perpetual. Und er hat die Uhr 1950 unsterblich gemacht. Hemingway, Abenteurer und Nobelpreisträger, genießt seine Zeit. Und Rolex darf sie messen.
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