Ein Schatten liegt schon über der Ehe: Hadley Hemingway, John Bumby Hemingway und Ernest Hemingway in Schruns, Österreich, im Jahr 1926. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Die erste Ehe schließt Ernest Hemingway im September 1921 mit Elizabeth Hadley Richardson, einer acht Jahre älteren pausbäckigen Rothaarigen aus St. Louis. Die herbe Hadley bewundert ihren Ernest, als Ehemann, als Vater und als Schreiber. Der Sohn John kommt im Oktober 1923 im kanadischen Toronto zur Welt. Mit Hadley reist der angehende Schriftsteller nach Paris, wo das Ehepaar im Quartier Latin eine spärliche Wohnung in der Rue du Cardinal Lemoine 74 bezieht.

Das Ehepaar hat nur wenig Geld, Ernest kein geregeltes Einkommen. Die Hemingways leben von einer kleinen Erbschaft, die Hadley einbringt. In Paris lernt der junge Amerikaner die Avantgarde der europäischen Künstler kennen. Picasso, Juan Gris, Jean Cocteau, Joan Miró. Der Journalist aus Chicago ist begeistert vom kulturellen Aufbruch der neuen Generation.

Doch Ernest, der mit seinem neuen puristischen Schreibstil durchaus für Aufsehen in Paris sorgt, findet keinen Verleger. Hadley tröstet ihren Mann und spricht ihm Mut zu. Seine Stories seien einzigartig, eines Tages würde sich schon ein Verleger finden, der die Geschichten druckt, und sie würden ein großartiger Erfolg werden. Und in den Buchhandlungen würde seine Portrait hängen, Ernest mit einem Lächeln und mit einer Pfeife im Mund.

In dem letzten Kapitel von Paris – Ein Fest fürs Leben hat der junge Schriftsteller die beglückenden Tage in Paris und in Schruns, auf Skiurlaub, liebevoll festgehalten. Paris hat kein Ende, nennt er das Kapitel, und wenn man sich in den Text fallen lässt, spürt man das unbefangene Glück, das Ernest Hemingway und Hadley und der kleine John, Bumby genannt, im Montafon erleben. Wenn man will, kann man in Hemingways Text ‚Paris‘ auch durch den Begriff ‚Liebe‘ ersetzen. Die Liebe hat kein Ende? Es wäre zu schön.

Es sind glückliche Tage für die Familie, doch über dem Glück des jungen Ehepaares ziehen Weihnachten 1925 bedrohliche Wolken auf. Am 24. Dezember kommt die gertenschlank Pauline Pfeiffer in den Winterurlaub nach Schruns, eine Bekannte der Hemingways, die alle Fife rufen. Die Amerikanerin Pauline hat sich in Paris zuerst mit Hadley angefreundet, doch eigentlich hat die lebenslustige Fife jemand anderes im Visier: Ernest.

Der arme Ernest kann nicht anders. Obwohl glücklich verheiratet, fühlt er sich zu Pauline körperlich hingezogen. Die mondäne Amerikanerin aus Piggott in Arkansas wickelt ihn um den kleinen Finger, Fife wird im winterlichen Schruns zu seiner Geliebten. Der Sex mit ihr sei phänomenal, Ernest ist ihr mit Haut und Haaren verfallen. Als Hadley von der Affäre ihres Ehemannes mit Pauline Pfeiffer erfährt, lässt sie sich Ende 1926 scheiden.

Doch auch mit Fife wird der Schriftsteller nicht glücklich, ebenso wie er in den zwei folgenden Ehen keine Erfüllung findet. Die große Liebe erreicht Ernest Hemingway im Leben nicht, vier gescheiterte Ehe und die unzähligen Liebschaften sind dafür Beweis genug. Möglicherweise hätte Hadley die Rose im Garten seines Lebens sein können, aber er selbst hat diese zarte Pflanze der Liebe plattgewalzt, kurz nachdem sie voll zu erblühen begann.

Hadley ihrerseits hat nach der Hochzeit schnell gemerkt, dass Ernest nicht der Mann ist, der einer Frau treu sein kann. Doch ihre Liebe zueinander ist nie ganz zum Erliegen gekommen, er ist eben nur kein Mann gewesen, mit dem eine Frau für immer zusammenleben kann.

In den letzten Lebensmonaten, in den einsamen Bergen Idahos, hat Ernest Hemingway oft an seine erste Ehefrau gedacht und er hätte sie jetzt gerne an seiner Seite gewusst. Über seiner Erzählung Paris – Ein Fest fürs Leben brütet er bis zuletzt, die schöne Zeit mit der jungen Hadley lässt der Nobelpreisträger in seinen letzten Lebenstagen als warmherzige Erinnerung an ein unbeschwertes Glück wieder aufleben.

Hadley ist die große Liebe seines Lebens gewesen. In seinen letzten Lebenswochen telefoniert er häufig mit ihr. Für seine vierte Ehefrau Mary Welsh muss diese innige Liebeserklärung an Hadley ein Schlag ins Gesicht gewesen sein, ebenso wie sein Schuss am Sonntag, ein Schuss aus ihrem Lieblingsgewehr, der auch als eine Abrechnung mit ihr verstanden werden kann.

In Hadley hat der junge Ernest wohl vieles gesehen, was er in Agnes von Kurowsky, seiner ersten großen Liebe, hat erblicken wollen. Es ist eine ehrliche Anziehung der Herzen, die diese Beziehung ausmacht, wahrscheinlich ist Hadley jene Ehefrau, die er am meisten geliebt hat. Doch die Ehe von Ernest Hemingway und Hadley Richardson hält gerade einmal fünf Jahre. Viele sagen, Hadley sei seine beste Ehefrau gewesen, doch Ernest, der Hornochse, vermasselt es gründlich. 

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