Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Gregory Hemingway

Das tragische Leben des Gregory Hemingway

Ernest Hemingway mit seinen Söhnen Patrick (links) und Gregory (rechts), ca. 1940. Credit Line: Ernest Hemingway Photograph Collection, John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Pauline Pfeiffer, die zweite Mrs. Hemingway und Mutter von Gregory, findet nur schwer in die Mutterrolle. Ebenso wie Ernest kann sie mit Kindern nur wenig anfangen, vor allem mit Kleinkindern. In den wohlhabenden Kreisen, in denen Pauline aufgewachsen ist, kümmert sich eine Armada von Kindermädchen, Erzieherinnen und Haushälterinnen um die Babys. „Gig, ich glaube, ich habe keine großen Muttergefühle“, klagt sie ihrem Sohn Gregory, „ich kann diese grauenhaften kleinen Kinder nicht aushalten, jedenfalls bis sie fünf oder sechs sind.“ 

Auch Ernest findet zu Kindern erst einen Draht, wenn sie alt genug sind, um eine Angel oder ein Gewehr zu halten. Der empfindsame Gregory, den die Familie Gig oder Gigi ruft, wird seiner überforderten Mutter nichts Wohlgefälliges hinterherrufen. Paulines größte Leistung sei gewesen, so wird der Sohn zurückblicken, ein gutes Kindermädchen für ihn angestellt zu haben.

Gerade mit Gregory, er wird im November 1931 in Kansas City geboren, wird es im Laufe der Jahre schwierig, schwierig für ihn, schwierig für die Eltern. Gegenüber Freunden bezeichnet der Vater seinen Jüngsten als  schwarzes Schaf der Familie, er komme da direkt nach ihm. Der zartfühlende Sohn ist so anders als die Jungs in seinem Alter.

Mit etwa vier Jahren beginnt Gigi die Kleider der Mutter anzuziehen, dazu fällt auf, dass er auf seine Umgebung verweichlicht wie eine Prinzessin wirkt. Jahre später, mit zehn, Gregory ist in den Schulferien beim Vater auf Kuba, ertappt ihn Ernest im Schlafzimmer der Finca Vigía in den Kleidern von Martha Gellhorn. Der Vater steht da wie angewurzelt, dreht sich dann um, und verlässt den Raum, ohne ein Wort zu sagen.

Am 29. September 1951 wird der 19-jährige Gregory, vollgepumpt mit Drogen, von der Polizei auf der Damentoilette eines Kinos festgenommen, in Frauenkleidern. Ernest macht seiner ehemaligen Frau am Telefon laute Vorwürfe, sie versage in der Erziehung von Gregory, wie er meint. Pauline, bei ihrer Schwester Jinny in deren Haus in den Hollywood Hills, und mit dem Sohn in einer Arrestzelle, überfallen schlimme Bauchschmerzen. 

Gegen Mitternacht wird sie als Notfall ins St. Vincent’s Hospital eingeliefert. Ohnehin von kränklicher Natur, stößt der Tumor in jener Nacht eine solche Menge an Adrenalin aus, der zusammen mit dem hohen Blutdruck, zum fatalen Platzen von Blutgefäßen führt. Im Schockzustand verblutet Pauline innerlich auf dem Operationstisch an einer seltenen Tumorkrankheit der Nebenniere, am 1. Oktober 1951 im Alter von 56 Jahren.  

Gregory Hancock Hemingway studiert Medizin an der Medical School der University of Miami, später praktiziert er zeitweise als Arzt in Montana. Doch Alkohol und Depression, wie bei Vater und Mutter, werfen ihn aus der Bahn. Er verliert seine Approbation. Zudem hängt die Last des Namens wie ein Mühlstein um seinen Hals. Pulitzer, Alfred Nobel, der Schriftsteller des Jahrhunderts. „Ich bin nie über das Gefühl der Verantwortung für den Tod meines Vaters hinweggekommen. Und die Erinnerung daran ließ mich manchmal auf seltsame Weise handeln.“

Er heiratet viermal, lässt sich viermal scheiden. Gregory kleidet sich als Frau, lässt sich operieren, auf offener Straße fällt er auf, ohne dass man weiß, wer er ist. Mindestens dreimal wird er wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. „Er hatte ein schwieriges Leben. Es ist nicht einfach, der Sohn eines großen Mannes zu sein“, meint Scott Donaldson, der ehemalige Präsident der Hemingway Society.

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Das Grab des Gregory Hemingway auf dem Dorffriedhof von Ketchum, in den Bergen der Rocky Mountains. Foto: W. Stock, 2018.

„Ich weiß nicht, wie die Zerstörung zustande gekommen ist“, klagt Gregory 1987 in einem Interview mit der Washington Post. „Was ist es, das einen liebevollen, dominanten, im Grunde wohlmeinenden Vater dazu bringt, so durchzudrehen?“ Sein ganzes Leben sei ein Brandherd. Seine Beziehung zu seinem Vater und zu seiner Mutter bleibt gestört, er sucht seine Identität und sein kleines Glück, Narben überall.

Der feinsinnige Gregory sehnt sich so nach Anerkennung durch den Vater, den er bewundert. Ernest vielmehr hat sich eine Tochter gewünscht. Doch es gibt auch gute Phasen. Vater und Sohn scheinen sich einige Jahre lang nahe gestanden zu haben, und Ernest gibt

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Ernest Hemingway – ein Kundschafter Gottes

Unter dem Titel Papa – A Personal Memoir erinnert sich Gregory, der jüngste Sohn Ernest Hemingways an den Vater.

My father was a poet, one of God’s spies. He always had a marvelous ear for words. They flowed through him as through a purifying filter, the distillation seeming more true and beautiful than the world itself, words simple and complicated as autumn or spring.

Mein Vater war ein Dichter, einer der Kundschafter Gottes. Er hatte immer ein wunderbares Ohr für Worte. Sie flossen durch ihn wie durch einen reinigenden Filter, das Destillat schien wahrer und schöner als die Welt selbst. Worte, einfach und vielschichtig, wie der Herbst oder der Frühling.

Gregory H. Hemingway
Papa – A Personal Memoir

 

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Gregory Hemingway, der furiose Rebell

GregoryGregory ist der jüngste der drei Söhne des Ernest Hemingway. Der Sohn aus der Ehe mit Pauline Pfeiffer, seiner zweiten Frau. Gregory, den die Familie Gig oder Gigi gerufen hat. Im November 1931 wird er in Kansas City geboren.

Und Gregory ist derjenige, der versucht hat, sich so ganz von dem Macho-Gehabe seines berühmten Vaters abzusetzen. Zunächst wird er Arzt, verliert dann, Alkohol, Drogen, irgendwann seine Approbation, hat sich später geschlechtsumwandeln lassen und nennt sich ab da Gloria.

Im September 2001 haben ihn zwei Polizeibeamte in Key Biscayne wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. Weil er betrunken, mit Stöckelschuhen in der Hand und offenem Hemd bekleidet, nackt durch die Stadt läuft. Drei Tage später ist Gloria, 69-jährig, im Frauengefängnis von Miami an Herzversagen gestorben. Zelle 3-C2.

Erst da kommt heraus, wer Gloria eigentlich ist. Der Sohn vom berühmten Ernest Hemingway. Als mein Vater starb, so hat Gregory einmal gesagt, da war ich traurig, aber zugleich hat mich ein Gefühl der Erleichterung befallen. Vorbei die Zeit, da er sich über mich ärgern musste und vorbei die Zeit, da ich ihn enttäuschen konnte.

Allein dieser Name. Gig, Gigi. Die Koseform für Luigi. Ein schillernder Name, jedenfalls kein Name für

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