Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Angeln

Ein Schnösel namens Ernest Hemingway im Landgasthof Rössle

Im Schwarzwald wohnen und essen, wo im August 1922 Ernest Hemingway und seine Ehefrau Hadley gewohnt und gegessen haben. Photo by W. Stock

Es dauert seine Zeit, bis die Hemingways und die vier Freunde auf Deutschland-Urlaub im Schwarzwald eine Unterkunft gefunden haben. Wir fanden eins nach sechs Kilometern heißer, staubiger Landstraße, und es sah nicht besonders gut aus. Wie die meisten Gasthäuser im Schwarzwald heißt es ‚Zum Rössle‘. Das ‚Rössle‘ ist das Lieblingssymbol der Schwarzwaldwirte, aber es gibt auch eine Menge ‚Adler‘ und ‚Sonnen‘. Alle diese Gasthäuser sind weiß getüncht und sehen von außen ordentlich und sauber aus, aber innen sind sie schmutzig, eins wie das andere, schreibt Ernest Hemingway im The Toronto Daily Star vom 5. September 1922.

Die Gasthöfe seien verdreckt und heruntergekommen, in den Zimmern knarren die Betten, die Bettlaken sind zu kurz, das Federbett fühlt sich verklumpt an und der Wein schmeckt sauer. Die Hühner scharren im Vorgarten, und der Misthaufen dampft unter den Schlafzimmerfenstern. Der junge Amerikaner treibt seinen Unmut über den Schwarzwald auf die Spitze, indem er seine Gastwirte als Hohlköpfe und Trampeltiere verunglimpft.

Das ‚Rössle‘, in dem wir einkehrten, konnte all diese Vorzüge anbieten, und noch einige mehr: Es gab hier eine ordentliche Mahlzeit aus gebratenem Fleisch, Kartoffeln, grünem Salat und Apfelkuchen, vom Wirt selber aufgetragen, der unerschütterlich wie ein Ochse aussah und mitunter mit dem Suppenteller in der Hand stehen blieb und wie abwesend aus dem Fenster starrte. Seine Frau hatte ein Kamelgesicht, genau die unverwechselbare Kopfbewegung und den Ausdruck äußerster Einfältigkeit, die man nur bei Trampeltieren und süddeutschen Bauersfrauen beobachten kann.

Der heutige Wirt des Landgasthof Rössle in Oberprechtal, Artur Vogt, sieht allerdings nicht aus wie ein Ochse und seine freundliche Frau Bettina auch nicht wie ein Trampeltier. An der Wand gegenüber der Rezeption wird des berühmten Gastes gedacht, auch wenn dieser Schnösel Ernest Hemingway die Großtante und den Großonkel mütterlicherseits grob angerempelt hat.

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Wer die Speisekarte im ‚Rössle‘ aufschlägt, trifft zuallererst auf Ernest Hemingway.  Photo by W. Stock

Alles in allem hat man dem nassforschen Jungjournalisten die Schimpfkanonade wohl verziehen, vielleicht ist das sympathische Gasthaus in Oberprechtal sogar ein wenig stolz auf diese Historie, denn der Landgasthof Rössle wirbt auf

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Die Welt mit eigenen Augen sehen

Ernest Hemingway, 1956; Photo by Modeste von Unruh

Ernest Hemingway, im Jahr 1956, in Cabo Blanco, Peru; Photo by Modeste von Unruh

Unzählige Abenteuer. Dazu ein Abenteurer. Ein Mann von Welt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich vermute, dass es auf der ganzen weiten Welt kein Autor zu finden ist, dem mehr Denkmäler, Dankplaketten, Ausstellungen, Gemälde, Büsten, Skulpturen, Inschriften und dergleichen gewidmet wurden, wie diesem Ernest Hemingway aus Oak Park, Chicago.

Und dies nicht nur an einem Ort, seinem Geburtsort meinetwegen, nein, sondern verstreut über alle Kontinente. In Pamplona und Ronda, tief in den Alpen, in der Karibik, in einem Fischernest in Nordperu, in den Rocky Mountains oder auch in Afrika wird man entsprechend fündig. Dieser Mann hat sein Wirken weit gestreut.

Ernest Hemingways Revier war nicht der Elfenbeinturm, sondern die große und bunte Welt. Er hielt sich mit Vorliebe dort auf, wo es etwas zu erleben gab: an vorderster Frontlinie im Ersten Weltkrieg, im Spanischen Bürgerkrieg, im Paris, als die deutschen Besatzer verjagt wurden, bei der Schlacht im Hürtgenwald, in den Steppen Westafrikas, bei Fidel Castros kubanischer Revolution.

Ernest Hemingway ging raus, dort hin, wo sich das Leben zutrug. Als Autor war er das schiere Gegenteil eines desk editors, eines Schreibtischschreibers, im Gegenteil, für die literarischen Bettnässer in den feinen Feuilletons hatte er nur Verachtung übrig. So ging nicht seine Sicht der Dinge. Du kannst eine Sache nicht richtig begreifen, wenn du sie nicht mit eigenen Augen gesehen hast, meinte er – und er musste die Welt mit eigenen Augen sehen.

Es gibt wohl keinen anderen Schriftsteller weltweit, der

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