Auf den Fersen von Ernest Hemingway

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Ernest Hemingway ist Gast in der ‚Casa Cuesta‘ von Sevilla

Die Casa Cuesta, mit über 140 Jahre auf dem Buckel, ist in Sevilla bei Einheimischen wie Besuchern, ebenso bei jung und alt, beliebt. Foto: W. Stock, April 2023.

In Ufernähe des Guadalquivir, des großen Talflusses, wie das Gewässer auf Arabisch heißt, liegt in Sevilla die Casa Cuesta, ein Restaurant voller Tradition. Die gelöste Atmosphäre der andalusischen Bodega ist so ganz nach dem Gusto des bärtigen Amerikaners. Der Nobelpreisträger liebt ein ungezwungenes und bodenständiges Ambiente, gepaart mit einer herzhaften Küche und guten Prozenten. Der ideale Rückzugsort für einen lebensverliebten Weltenbummler wie Ernest Hemingway.

An einer Ecke der Calle Castilla, in einem dreigeschossigen Gebäude aus braunem Backstein und als Schutz vor der beißenden Sonne mit blauen Markisen über der Außengastronomie, trägt die Bar ihren Anteil bei zur Buntheit des Viertels. Gegenüber dieser Stätte der Ausgelassenheit erblickt man den Callejón de la Inquisición. In dieser engen Gasse hatten im Mittelalter die Richter der blutrünstigen Inquisition ihren Sitz.

Auf eine Lebensspanne von fast anderthalb Jahrhunderten kann die Casa Cuesta in der andalusischen Hauptstadt zurückblicken. Seit ihrer Gründung als Weinschänke im Jahr 1880 hat die Bar einfache Leute und später auch die Intellektuellen angezogen. Noch heute ist das Publikum alters- und klassenlos. Malocher, Studenten, Geschäftsleute – alle sitzen einträchtig nebeneinander an den Bistro-Tischen oder auf den schwarzen Holzstühlen.

Sevillas Casa Cuesta – ein stimmiger Mix aus Restaurant, Bodega und Cerveseria – befindet sich in Triana, dem Stadtteil der Seeleute, Arbeiter und Handwerker. Einfach und zweckmäßig und doch von einer lässigen Eleganz, die man eher im 6. Arrondissement von Paris vermuten würde. Man fühlt sich augenblicklich wohl in dem Lokal, das vom Modernisme, der spanischen Spielart des Jugendstils, geprägt ist.

Casa Cuesta Bar Bodega Sevilla

Wenn man mit alten Fotos vergleicht, so erkennt man, dass sich nur wenig verändert hat in der Casa Cuesta in Sevilla. Foto: W. Stock, April 2023.

Im Inneren der Casa Cuesta erstreckt sich ein schwarzer Holztresen im Art nouveau, an dem Bier getrunken wird oder kleine Gerichte verköstigt werden. Eine Wanduhr, umhüllt von Girlanden aus Blattgold und mit dem Bild einer Jungfrau, wacht über den von Reliefkacheln geschmückten Raum. In einem Kabinett, etwas abseits, findet sich ein Restaurant mit gedeckten Tischen.

Die Casa Cuesta hat die Hälfte ihres Lebens unter einem anderen Namen gelebt: Casa Ruiz. Denn José Ruiz Sánchez, der Gründer, tauft es 1936 auf diesen Namen, wenige Monate vor Ausbruch des Bürgerkriegs. Unter dieser Bezeichnung lernt Ernesto zwei Jahrzehnte später

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Ernest Hemingway tut sich schwer in Sevilla

Hotel Alfonso XIII Sevilla
Außer an den Übernachtungspreisen lässt sich wenig meckern am Alfonso XIII. Ernest Hemingway jedoch ist nicht zufrieden zu stellen in dem Luxushotel von Sevilla. Foto: W. Stock, April 2023.

Andalusien ist sein Land. Die Provinz im Süden fasziniert den Mann aus Oak Park, einem Vorort von Chicago. Málaga, Ronda, Medina-Sidonia, Conil. Mit Sevilla, der Metropole im Landesinneren, fremdelt er hingegen. In Tod am Nachmittag deutet er an, es gäbe nicht genug tapfere Matadores in Südspanien. Wie er zu diesem Urteil kommt, schleierhaft. Befinden sich doch die großen Rinderfarmen in Andalusien und die Torero-Dynastie der Familie Ordóñez aus Ronda gehörte zu seinem Freundeskreis.

In einem Brief an F. Scott Fitzgerald aus dem Jahr 1926 schildert er einen Matador aus Sevilla, der sich wie ein hinterlistiger Metzger aufführe. Doch in Wirklichkeit ist dieser Stierkämpfer – Diego Mazquiarán, alias Fortuna –  ein Baske gewesen. Der bärtige Mann aus Chicago hegt indes seine Vorurteile. Die andalusischen Stiere, nicht so hochgezüchtet wie jene im Norden, seien für den Kampf weniger geeignet.

Eine Abneigung steckt dahinter. Ernest Hemingway kann der Stadt nichts abgewinnen. Die Aufmerksamkeit, die Sevilla dem jungen Journalisten zukommen lässt, mag eine Ursache für seine Antipathie sein. Im Jahr 1923, auf seiner ersten Spanien-Reise, mit seinem Freund und Verleger Robert McAlmon, kommt er auch in Sevilla vorbei. Große Beachtung lässt er der Hauptstadt Andalusiens schon damals nicht teilwerden.

Leider Gottes hat Sevilla den Nobelpreisträger in einer schwachen Stunde erwischt. Er, der doch so ein genialer Beobachter ist, findet keinen Blick für die Schönheiten der Stadt. Die lebensfrohe Metropole, die vor allem von einer christlichen und maurischen Tradition beeinflusst ist, bietet mit ihren engen Gassen und den alten Bauwerken in der Altstadt, zugleich Tausende Winkel und Ecken zum Genuss und zur Entzückung.

Doch die Stadt, in der es schon im Frühling höllisch heiß werden kann, gefällt dem Schriftsteller einfach nicht. In späteren Jahren wird es nicht besser. Er kommt 1954 zurück auf die iberische Halbinsel, nachdem der Bann nach dem Bürgerkrieg gegen ihn aufgehoben ist. Ernest Hemingway, erneut in Spanien, besucht auch Andalusien.

Spanischer Bürgerkrieg

Das Trauma des Bürgerkrieges ist selbst nach fast 90 Jahren noch sichtbar in Sevilla. Foto: W. Stock, April 2023.

Sein Freund José Luis Castillo-Puche schildert eine skurrile Episode von Hemingways Reise. Die Wunden des Bürgerkrieges sind nicht verheilt, die Spanier wissen, dass der Schriftsteller sich sehr für die republikanische Sache eingesetzt hat. “Viva la República”, flüstert auf der Straße in Sevilla ein unbekannter Passant Hemingway zu. Und der Amerikaner antwortet leise mit dem Schlachtruf der Loyalisten: “No pasarán”.

Fünf Jahre später, am 28. Mai 1959, fährt Ernest Hemingway von Málaga nach Sevilla und quartiert sich im Luxushotel Alfonso XIII ein. Er will in der andalusischen Metropole während der Feria einer Corrida von Antonio Ordóñez beiwohnen. Das Alfonso XIII., in Wirklichkeit ein

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Der gefährliche Sommer

Im Sommer 1959 schickt das Magazin LIFE Ernest Hemingway nach Spanien, auf eine lange Reise. Eine große Reportage über 10.000 Wörter ist ausgemacht. Der Nobelpreisträger soll über Spanien, den Stierkampf und vor allem die Rivalität der beiden großen Stierkämpfer Antonio Ordóñez und Luis Miguel Dominguín berichten.

„In dieser Woche sind wir alle glücklich“, schreibt die hochformatige Zeitschrift im Editorial, „einen alten Freund und Mitarbeiter auf den Seiten von LIFE wieder begrüßen zu dürfen. Es ist acht Jahre her, dass Ernest Hemingway ein großes Werk veröffentlicht hat. Und nun veröffentlichen wir die erste Folge seines neuen großartigen Buches The Dangerous Summer.“

Am 13. Mai 1959 macht sich Ernest Hemingway auf nach Madrid, in der Hauptstadt beginnt er seine Stierkampf-Tour, die den Schriftsteller kreuz und quer durch Spanien führen wird. Er fährt nach Sevilla, nach Córdoba und Ronda, nach Aranjuez, nach Alicante, dann Algeciras am 21. Juni, nach Saragossa, natürlich nach Barcelona, dann nach Burgos, am 7. Juli sodann nach Pamplona, auch nach Valencia, wo er gleich zweimal einer Corrida beiwohnt, am 25. und am 27. Juli 1959. Seine Reise führt ihn

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