Eigentlich könnte Hemingway, Bernhard Sinkels vierteilige TV-Serie aus dem Jahr 1987, so richtig mit den Superlativen prahlen. In sieben Ländern gedreht, mit einem hohen zweistelligen Millionen-Budget, alles in 21 Drehwochen rund um den Globus, dazu über 3.000 Kostüme, das Ganze geschmückt mit einer Riege international bekannter Schauspieler. Obendrein ragt aus all den Berühmtheiten ein Akteur gewaltig hervor. Stacy Keach, der den Ernest Hemingway spielt. Der Mann befällt das Publikum in seiner Rolle wie ein Naturereignis.
Stacy Keach, 1941 in Savannah, Georgia geboren, gehört zu den profiliertesten Schauspielern der neuen Generation. Er studiert in Berkeley und Yale, ebenso wie an der London Academy of Music and Dramatic Art. Nach akademischen Weihen geht Keach zum Theater. Im Kino spielt er dann Hauptrollen in Fat City unter John Huston, The Life and Times of Judge Roy Bean, ebenfalls unter der Regie des grandiosen John Huston oder in Long Riders von Walter Hill. Einem breiten Publikum wird er bekannt, als er von 1984 bis 1987 den hartgesottenen Privatdetektiv Mike Hammer in einer CBS-Fernsehserie darstellt.
Als es an die Besetzung der verschiedenen Rollen geht, hat der amerikanische Ko-Produzenten Daniel Wilson als Hauptdarsteller einen prominenten Namen auf dem Zettel. Stacy Keach. Die Überraschung ist groß. Doch ohne Zögern willigt der deutsche Regisseur diesem Vorschlag direkt zu. Ein famoser Schachzug, wie sich herausstellt, denn dieser Akteur entpuppt sich für das Projekt als Geschenk des Himmels.
Abonniert ist dieser Schauspieler auf die Verkörperung von kernigen und ungehobelten Charakteren, also die ideale Besetzung für die Rolle des Ernest Hemingway. Der damals 46-Jährige ist zudem jung genug, um als Mittzwanziger in Paris aufzutreten und alt genug um – mit Hilfe der Maske – den hinfälligen Autor in Ketchum darzustellen. Und dieser Stacy Keach spielt den Hemingway mit einer bärenstarken Urgewalt. Klar: Wer auf der Bühne als Hamlet besteht, der kann auch Ernest Hemingway.
Der Amerikaner kommt mit seiner jungen Frau zu den wochenlangen Dreharbeiten, er nimmt sein Engagement ernst. Mehr noch, er spielt den Hemingway, als gehe es um Leben und Tod. Und das stimmt bei diesem Autor ja auch. In jeder Szene merkt man Stacy Keach die Spielfreude an, der Hemingway wird zur Rolle seines Lebens. Es sind nicht nur Habitus und Ähnlichkeit, in zahlreichen Sequenzen bemerkt man das Funkeln in seinen Augen.
Für Keach ist die Figur des Nobelpreisträgers von 1954 ein Comeback aus den Schlagzeilen zurück auf die große Leinwand. Noch heute schwärmt Regisseur Bernhard Sinkel von dem Schauspieler. „Er hat ein fotografisches Gedächtnis und ist immer textsicher gewesen. Obwohl zwischen uns eine Distanz blieb, verstanden wir uns gut. Er arbeitet diszipliniert, ohne Allüren und hat alles an Ideen angenommen.“ Er habe viel gelernt bei dem Hemingway-Dreh verrät der US-Darsteller in einer stillen Stunde seinem deutschen Regisseur.
International hat Stacy Keach diesen TV-Vierteiler nach vorne gebracht. In zahlreichen Ländern rund um den Globus wird er ausgestrahlt, seine Qualität überall gerühmt. Die gewissenhafte Regie, die akkurate Kameraführung von Wolfgang Treu oder die wunderbaren Kostüme von Barbara Baum finden hohe Anerkennung. Doch gegen die geniale Strahlkraft des Stacy Keach gab es kein Anleuchten, von wem auch immer. Wir alle waren bessere Dienstleister, wie Bernhard Sinkel im Gespräch schmunzelnd zurückblickt.
Nicht weiter schlimm, lacht der deutsche Filmer, denn es sei nicht die Aufgabe eines Regisseurs, den Despoten zu spielen. Sondern – fast wie in der Funktion eines Psychologen – dafür zu sorgen, dass alle gerne miteinander arbeiten und ein Höchstmaß aus sich herausholen. Und genau dies gelingt Stacy Keach, er spielt nicht eine Rolle, er ist Ernest Hemingway. Als Belohnung wartet ein vielumjubelter Golden Globe als bester Hauptdarsteller.
Schade, er habe den Kontakt zu Stacy Keach nicht halten können, bedauert Bernhard Sinkel. Dabei gibt es doch Erfolge zu feiern. Aber so sei das Filmbusiness, schnell, hart und manchmal auch