Zum Jagen und Fischen durch die gewaltigen Berge und entlang den klaren Bächen der Rocky Mountains. Das ‚Hemingway Memorial‘ oberhalb von Ketchum;
Photo by W. Stock, 2018

Das erste Mal besucht der Schriftsteller das Sun Valley Ende der 1930er Jahre, auf Einladung von Averell Harriman, einem Politiker und Präsidenten der Union Pacific Railroad. Harrimans schlauer PR-Manager erfindet den Begriff Sun Valley als Klammer für die kleinen Orte im Tal, die bis dahin mehr recht als schlecht von der Ausbeutung der Silberminen gelebt haben. Sun Valley, diese Charakterisierung ist nicht unzutreffend, denn die Sonne scheint intensiv in Ketchum und in den Nachbarorten, kräftiger Sonnenschein in einer frischen Bergluft ohne Schwüle, ein feiner Platz für angenehmen Touristen, sommers wie winters.

Damals werden zahlreiche illustre Persönlichkeiten in die entlegene Region eingeladen, in der Absicht, sich über Prominenz wie Lucille Ball, Jane Russell oder Clark Gable landesweit ins Gespräch zu bringen. Über die Jahre entwickelt sich das Sun Valley zu einem Anziehungspunkt für kaufkräftige amerikanische Touristen. Das Wood River Valley, so heißt das Tal außerhalb der PR-Sprache, hat es auch Ernest Hemingway rasch angetan.

Das Sonnental ist sein Revier. Der Autor mag in Idaho auf die Jagd nach Wildvögeln gehen, nach Enten, Tauben oder Fasanen, im Sun Valley Gun Club kann er Tontauben schießen, er spielt mit seinem Freund Gary Cooper Tennis, in den klaren Bächen um Ketchum kann er ausgiebig Angeln und Fischen.

Als Ernest Hemingway nach dem Spanischen Bürgerkrieg das erste Mal ins Sun Valley kommt, im September 1939 mit seiner neuen Liebe, der attraktiven Journalistin Martha Gellhorn, da ist Ketchum noch ein schläfriges Bergarbeiternest von gerade einmal 100 Bewohnern, die überwiegend in den Silberminen arbeiten.

In der oberhalb des Dorfes gelegenen Sun Valley Lodge wohnt das junge Liebespärchen, heute heißt das feudale Anwesen Sun Valley Resort. In Room 206 im oberen Stockwerk residiert der Schriftsteller, in einer plüschigen Suite mit zwei Schlafzimmern und eigenen Bädern, mit einem breiten Schreibtisch im Living Room und einer zimmergroßen Eckterrasse mit Blick auf die Berge.

Abends streift der Schriftsteller durch die Dorflokalitäten, zur Sawtooth Bar, in den Pioneer Saloon, zur Casino Bar oder zum Alpine Club, der heute Whiskey Jacques heißt, und schließt dort schnell Freundschaft mit Einheimischen. Mit den sperrigen, aber grundehrlichen Bewohnern Ketchums kommt Ernest Hemingway wunderbar klar – und sie mit ihm. Beide Seiten machen kein Aufhebens um die Berühmtheit des Gastes und Ernest Hemingway selbst lässt bei keiner Gelegenheit seinen literarischen Nimbus, auch nicht nach dem Nobelpreis, raushängen.

Im Herbst 1940 kehren der prominente Autor und seine Gefährtin Martha Gellhorn, die Hochzeit ist für Mitte November 1940 in Wyoming angesetzt, abermals zurück ins Sun Valley, im Schlepptau diesmal Ernests drei Söhnen aus den ersten beiden Ehen. Im Herbst 1941 dann das dritte Besuchsjahr in Folge, wiederum die ganze Familie und abermals für einige Monate.

Nach dem Zweiten Weltkrieg taucht der Schriftsteller dann erst wieder im Sommer 1946 in den Bergen Idahos auf, diesmal mit seiner neuen Ehefrau Mary Welsh an der Seite und abermals mit den drei Söhnen. Auch wenn er einige Jahre ausgesetzt hat, so bleibt das Sun Valley eine Traumdestination für den Schriftsteller. Wenn im Herbst auf Kuba die Stürme wüten, dann zieht der Autor samt aktueller Ehefrau sich oft zurück in die Berge Idahos. Und auch im Herbst seines Lebens wird Ketchum sein Zufluchtsort werden.

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