MarleneBeineErnest Hemingway ist in diese Frau mit den langen Beinen verschossen, er findet ihre Ausstrahlung umwerfend. Und Marlene Dietrich revanchiert sich. „Der interessanteste Mann, den ich kenne“, lässt die femme fatale von sich hören und es klingt ganz so, als wüsste sie, wovon sie redet.

Aus Finca Vigía schreibt Ernest Hemingway am 21. November 1951 einen langen Brief an Marlene, er erzählt, dass er seine Frau Mary wegen der großen Hitze weggeschickt habe und fügt hinzu: Es war zu heiß, um sich zu lieben, wenn Du Dir das vorstellen kannst. Huch, wer schreibt da? Ernest Hemingway, der Verführer? Ein Maulheld? Ein romantischer Träumer? Oder jemand, der sich tief innen vielleicht sogar einsam fühlt?

Hemingways Liebe gilt der Natur, der Schöpfung, er ist ein Kerl vom Land, der es liebt zu fischen und zu jagen. Und wer so behutsam die Natur beobachtet wie er, der muss einen sensiblen Charakter besitzen. Große Literatur ist ein einsames Geschäft, hat er gesagt, und vielleicht meint er nicht nur die Literatur, sondern das Leben.

Warum rutscht Hemingways Liebespoesie bei Marlene so oft in untere Regionen ab? Ich liebe dich und halte dich ganz fest und küsse dich hart. Man weiß, Ernest Hemingway ist auch ein körperlicher Mann, ein Jäger und Krieger, der nach Möglichkeit nichts auslässt im Leben. Oft und gerne lässt er sich mit nackten Oberkörper ablichten. Eine Sehnsucht spricht aus Hemingways Poesie, ja, aber Sehnsucht nach was?

Jedoch, und das mag verwundern, die körperliche Vollendung hat diese Liebe zwischen Marlene und Ernest nicht gefunden. Seinem Freund Hotchner erklärt Ernest Hemingway das komplizierte Verhältnis zur Schauspielerin. Die Lage zwischen dem Kraut und mir ist so: Wir lieben uns seit 1934, als wir uns auf der Ile de France kennen gelernt haben. Aber wir waren nie zusammen im Bett. Das ist unglaublich, aber wahr. Wir sind Opfer einer ungleichzeitigen Leidenschaft.

Ungleichzeitige Leidenschaft? Falscher Ort, falsche Zeit. Oder falscher Mensch? Eine merkwürdige Sicht der Dinge. Wie auch immer, man schreibt sich heiße Briefe, der entscheidende Schritt wird jedoch nicht vollzogen, jeder geht seines Weges.

Am 28. August 1955 schreibt Hemingway aus Finca Vigía an Dearest Kraut und dankt für den letzten langen, guten Brief. Dann fängt es gewaltig an zu knistern. Er wolle für sie ein Theaterstück schreiben, so Ernest, es solle dabei auch zu surrealem Sex auf der Bühne kommen. Wenn Du auf der Bühne betrunken und nackt landest, würde ich von hinten kommen, oder auf Deinem Rücken, ich würde Abendkleidung tragen und mich dann eilig ausziehen, und zum Vorschein kommt Burt Lancaster.

Wenn er an Marlene schreibt, blödelt er herum wie ein Kindskopf, seine wirren Phantastereien mit der Dietrich zeigen, irgendetwas bringt die Frau bei ihm durcheinander. Und seinen Brief signiert er wie immer. Papa. Vielleicht ist dieser wirre Blödsinn auch ein Schutz, der Panzer, so wie seine übertriebene Männlichkeit ein Panzer ist.

Vielleicht ist dieser Ernest Hemingway, tief im Inneren, ein von Kämpfen zerrissener Mann, der nach der reinen Liebe sucht. Und alles, was ihr hinderlich scheint, beiseite schieben möchte. Ich liebe Dich so sehr und möchte niemals mit Dir in irgendein Geschäft gezogen werden. Dafür hat keiner von uns beiden genug Hurenblut.

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