Ernest Hemingway, bekanntlich ein göttlicher Prosaist und oft ein kümmerlicher Poet, versucht sich trotz allem hin und wieder an den Versen. Von ihm gibt es ein, nun ja, sagen wir, recht unkonventionelles Gedicht, vielleicht ist die Umschreibung Gedicht schon ein wenig hochgegriffen.
Advice to a Son, auf Deutsch Ratschläge an den Sohn, nennt er selbst das Werk, es scheint mehr eine Spottschrift über Gott und die Welt. Ein unkonventionelles Pamphlet, das jedoch sein Denken und seine Ideale skizziert.
Always put paper on the seat,
Don’t believe in wars,
All your friends will leave you
All your friends will die
So lead a clean and wholesome life
And join them in the sky.
Das ist viel Wahres drin, wer will das bestreiten? Es hagelt noch weitere Ratschläge in diesem Poem, doch an dieser Stelle soll es genug sein.
Leg immer Papier auf den Klositz,
glaub nicht an Kriege,
all Deine Freunde werden Dich verlassen,
all Deine Freunde werden sterben,
also führe ein sauberes und gesundes Leben,
und triff’ sie im Himmel wieder.
Ja, so kann man die Welt sehen. Jedenfalls durch die Brille des Patriarchen. Man solle ein sauberes und gesundes Leben führen. Und nicht an die Gewalt glauben. Doch dieser Ernest Hemingway ist dummerweise zwischen beiden großen Kriegen groß geworden, und er hat an beiden teilgenommen. Anschließend Franco und Spanien, Mao in China und später Fidel Castro auf Kuba.
Der Vater erschießt sich, er wird es ihm gleichtun. Die Gewalt ist allgegenwärtig im Leben dieses Mannes, wie soll da ein sauberes und gesundes Leben in Frieden möglich sein? So verläuft sein Leben dann auch entlang einer Gewaltlinie. Vorne Krieg, hinten Krieg. Dazwischen die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre, Kampf um Anerkennung. Für die Familie bleibt da wenig Platz.
Ernest Hemingway gehört zu der desillusionierten Generation, die mit der Great Depression, mit Bruderkriegen, mit Hitler und dem Hürtgenwald groß geworden ist. In einer solchen Welt können Ideale und gute Vorsätze, die man als junger Mensch gehabt hat, platzen wie die Seifenblasen.
Ernest hat sich für die Vorwärtsverteidigung entschieden, mit Männer-Ego, Macho-Glaube und mit einem Leben auf hochprozentig. Aber kann das saubere Leben so funktionieren, ist dies der Traum, der vermittelt werden soll, auch den Kindern?
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