Auf den Fersen von Ernest Hemingway

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10 knifflige Fragen zu Ernest Hemingway – ein Quiz zu Leben und Werk

Sind Sie Experte in Sachen Ernest Hemingway? Testen Sie Ihr Wissen über den Nobelpreisträger mit 10 leichten bis mittelschweren Fragen.

Sie haben einige Bücher und Kurzgeschichten von Ernest Hemingway gelesen. Sie kennen – nicht zuletzt durch Hemingways Welt – einige Lebensstationen dieses Jahrhundert-Schriftstellers. Dann stellen Sie Ihr Wissen auf die Probe!

Die Biografie von Ernest Hemingway wirft Fragen auf. Und sie ist reich, wie kaum eine andere. Wo ist er nicht alles gewesen? In Pamplona und Andalusien, in Venedig, hoch in den Alpen oder tief im Schwarzwald, in Paris, in der Karibik, in China, in der Türkei, in den Rocky Mountains oder auch in Ostafrika. Auch wenn die Hommage oft nur an der Oberfläche kratzt, das Wirken dieses Mannes bleibt ein Phänomen.

Ein Quiz über Ernest Hemingway schöpft also aus den Vollen. Dazu: Seine Person und sein Tun kann man von seinem Werk nicht trennen. Er lebt wie eine seiner Romanfiguren und er stirbt auch so. William Faulkner, der Nobelpreis-Kollege, meint denn auch, wohl ein wenig neidisch: „Den wenigen, die ihn gut kannten, war er als Mann fast so viel wert wie die Bücher, die er geschrieben hat.“

Dank seines turbulenten Lebens wird es wohl immer Menschen geben, die beim Lesen seiner Geschichten und Romane ins Schwärmen geraten. Ernest Hemingway, der sich von Freunden gerne Papa rufen lässt, kostet das Leben aus. Er schreibt, er lacht, er säuft und er treibt es auch sonst ziemlich bunt. Zuweilen könnte man ihn für einen narzisstischen Rüpel halten. Ach ja, und er schreibt wie ein Titan der Sprache. Viel Stoff. Ein großes Leben für ein kleines Quiz.

Sollten Sie es schaffen, alle 10 Fragen korrekt zu beantworten, dann gratuliere ich. Vielleicht schicken Sie mir eine kurze Info. Es wäre ein Anstoß, mir 10 richtig schwere Fragen auszudenken.

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Ernest Hemingway: Der Schmetterling und der Panzer

The Butterfly and the Tank. Im Monatsmagazin Esquire aus New York, Dezember 1938.

An diesem Abend ging ich zu Fuß vom Zensurbüro heim zum Hotel Florida, und es regnete. So startet Ernest Hemingway seine Erzählung Der Schmetterling und der Panzer. Diese Short Story von knapp 20 Seiten belegt ein weiteres Mal, die Korrespondenzen und Kurzgeschichten aus dem Spanischen Bürgerkrieg gehören mit zum besten, was Ernesto je geschrieben hat. In den Jahren 1936 bis 1939 befindet er sich auf dem Höhepunkt. Als Mann und als Schreiber.

Man kann die Qualität seiner spanischen Depeschen an dieser wenig bekannten Geschichte gut nachvollziehen. The Butterfly and the Tank hat Hemingway für Esquire geschrieben, in der Dezember-Ausgabe des Jahres 1938 wird sie veröffentlicht. Der Ich-Erzähler – ein Schriftsteller, wohl Ernest himself – beschließt, in der Bar Chicote noch schnell einen Drink zu sich zu nehmen. Das Lokal ist rappelvoll und der namenlose Literat setzt sich zu anderen an einen Tisch. 

Plötzlich betritt ein Zivilist in einem brauen Anzug die Bar und beginnt lachend einen Kellner mit einer Insektenspritze zu besprühen. No hay derecho, antwortet dieser, mit Würde. Das darf man nicht. Der Kerl wird aus der Bar geworfen, kommt aber blutverschmiert zurück und spritzt mit wildem Blick um sich. Eine Gruppe Uniformierter packt den Irren, einer der Soldaten setzt ihm eine Pistole auf die Brust und drückt ab. Der Spritzen-Mann liegt tot auf dem Boden. Die Ordnungshüter rücken wenig später an, doch der Mörder ist bereits über alle Berge.

Als die Polizei eingetroffen war, behielt sie alle stundenlang da. Zuerst rochen sie an allen Pistolen, um jene zu finden, mit der vor kurzem geschossen worden war. Tragisch: In der Insektenspritze befindet sich lediglich Eau de Cologne. Eigentlich für eine Hochzeit bestimmt. Das Ganze ist bloß ein übermütiger Jux gewesen. An dessen Ende eine Leiche am Boden liegt. Im Krieg. Bei den Guten. Der Spritzen-Mann hat mit einer Albernheit den Krieg vergessen lassen wollen.

Daraus könne eine gute Geschichte entstehen, merkt der Schriftsteller an zu seinen Tischgenossen. Energisch widerspricht ein Mädchen, das neben ihm sitzt. Er dürfe das nicht schreiben, es würde der spanischen Sache schaden. Als der Autor am nächsten Tag ins Chicote zurückkommt, erhält er vom Besitzer der Bar die gegenteilige Anregung. Er müsse diesen Vorfall unbedingt zu Papier bringen und schlägt als Titel Der Schmetterling und der Panzer vor.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Esquire-Dec1938.jpg

Esquire. Im Dezember 1938 mit einer Story von Ernest Hemingway aus dem Spanischen Bürgerkrieg.

Der Plot ist dicht und aussagekräftig aufgebaut. Es ist die meisterliche Kunst Hemingways über den Krieg zu schreiben, ohne dass im Text Pulverdampf oder Handgranaten für sprachliche Explosionen sorgen. Vielmehr erzählt er eine ungewöhnliche Geschichte aus dem Alltag in der spanischen Hauptstadt, abseits der Kampfhandlungen. Erstaunlich, wie viel lokales Kolorit der spätere Nobelpreisträger in dieser Kurzgeschichte unterbringt. Man merkt, er ist vor Ort.

Wir vernehmen, dass es bei den Republikanern eine Zensurbehörde gibt, dass durchaus unterschiedliche Sichtweisen bei den Loyalisten existieren. Wir erfahren, dass die Bars wegen des Artilleriefeuers früh schließen, dass der Tabak knapp ist und dass in der Sierra heftig gekämpft wird. Nonchalant streut der US-Amerikaner diese Sachverhalte ein, wir bekommen einiges mit über diesen Bürgerkrieg, denn bei Lichte besehen, diese Geschichte könnte in jeder anderen Großstadt stattfinden, auch ohne Krieg.

Zudem leistet sich Hemingway die eine oder andere versteckte Frotzelei gegen den Freund und Rivalen F. Scott Fitzgerald. Ein wenig ist er der Flit Gun Man, der Kerl mit der Insektenspritze. So hat er Kellner oft schlecht behandelt. Eine bodenlose Frechheit! Für Ernesto ist dieser Berufsstand heilig. Boten im Garten Eden, wenn man so will. Ein Kellner, den ich kannte, diese Formulierung findet sich häufig bei Hemingway, so auch hier. Oder, der Kellner war ein Freund von mir.

In Paris – Ein Fest fürs Leben beschreibt er den Rivalen F. Scott Fitzgerald, wie dieser die Farbe von gebrauchtem Kerzenwachs annahm. Mit grauen Wachshänden und seinem grauen Wachsgesicht wird ebenso der Tote bei Chicote umschrieben. Dazu: Schmetterling. Auch so ein Seitenhieb auf den bisexuellen Kollegen. Und dann diese Spritze. Man sollte einen Freudianer an den Text setzen!

Wie auch immer, selbst im Krieg kann Ernest Hemingway von seinen Kindereien nicht lassen. Zugleich zieht er für sich allerdings die Grenzlinien als Reporter: Der Mann aus Chicago taugt nicht zum Propagandisten. Dazu ist er politisch zu freimütig und vom Charakter zu störrisch. Aber er kann die Atmosphäre des Krieges einfangen, jenseits von Analysen und abseits des Dogmas.

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Eine spannende Hemingway-Biografie: Cabo Blanco

Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Zu beziehen über jede Buchhandlung oder bei amazon. Kostenlose Leseprobe (hier klicken)

Seit Herbst 2020 ist mein Buch Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru im Buchhandel. Auf über 360 Seiten zeichnet das Paperback eine unbekannte Episode im Leben des Ernest Hemingway nach. Den fünfwöchigen Besuch des bärtigen Nobelpreisträgers in dem peruanischen Fischerdorf Cabo Blanco im April und Mai 1956.

Dabei ist dieses Buch mehr als eine Episoden-Beschreibung. Zusätzlich zu den Ereignissen in Cabo Blanco werden Rück- und Seitenblicke auf den turbulenten Lebensweg des US-amerikanischen Jahrhundert-Autors geworfen. So werden einzelne Mosaiksteine einer umfassenden Lebensschau zusammengefügt.

Um was geht es? Am 15. April 1956 brechen Ernest Hemingway und seine Ehefrau Mary von ihrem kubanischen Wohnsitz Finca Vigía auf zu einer mehrwöchigen Reise nach Cabo Blanco. In dem kleinen peruanischen Fischerort sollen die Außenaufnahmen der Hollywood-Verfilmung von Der alte Mann und das Meer stattfinden. 

Gut 60 Jahre nach dem Besuch des Nobelpreisträgers ist Wolfgang Stock der Expedition nachgereist. Der deutsche Journalist und Buchautor entdeckt dabei eine Vielzahl an bisher unbekannten Begebenheiten und Fakten. Neben zahlreichen Dokumenten, Fotos und Spuren findet er Zeitzeugen, die sich lebhaft an Ernesto erinnern, ganz so als sei sein Besuch gestern passiert.

Das Buch Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru ist packend und informativ geschrieben. Es rekonstruiert den Aufenthalt eines sympathischen Abenteurers mit Träumen und Hoffnungen. Es zeichnet aber auch das Bild eines gealterten Mannes, der mehr

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Die Weltanschauung des Ernest Hemingway

„Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.“ Alexander von Humboldt.

Ernest Hemingway ist bekannt dafür, die ganze Welt mit einem Medien-Tamtam zu bereisen. Er lebt über 20 Jahre auf Kuba und schwärmt aus in alle Sphären von seinem tropischen Refugium Finca Vigía bei Havanna. London, Paris, Venedig, Pamplona – hoppla hopp. Und dabei volles Scheinwerferlicht. Seine Heimat USA sieht ihn natürlich auch ab und an, von New York bis San Francisco, von Chicago nach Key West.

Dieser geerdete Mann aus Oak Park kennt die Karibik gut, hat mehrmals Mexiko besucht, in Südamerika verbringt er fünf Wochen im peruanischen Cabo Blanco. Europa – immer wieder. Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Bulgarien, die Türkei. Ostafrika kennt er von seinen mehrmonatigen Safaris. Und auch in China ist er gewesen.

Seinen Stationen nachreisen? Eine Schnapsidee! Man braucht eine gute Kondition und einen prallen Geldbeutel. Und massig Zeit. Denn nirgendwo kommt man zu einem Ende. Hat man eine Tür geschlossen, tun sich zwei neue auf.

Als pragmatischer Fremder kommt er zu Besuch. Der US-Amerikaner ist neugierig und der Blick auf seine Reiseziele wirkt undogmatisch. Seine Weltanschauung bezieht er vornehmlich daraus, dass er sich die Welt auch wirklich anschaut. Darin ist er den allermeisten seiner Kollegen und auch den anderen Menschen seiner Zeit Lichtjahre voraus. 

Der bärtige Amerikaner schleicht sich nicht als reportierender Dogmatiker heran, nicht als einer mit Vorurteilen, der sich seine Sicht auf die Dinge durch irgendeine zubetonierte Gesinnung verengen lässt. Ernest Hemingway streift vielmehr wie ein unbedarfter Kerl mit einer orgiastischen Lust aufs Erleben durch die Welt.

Das Meer und das Gebirge, dorthin zieht es ihn besonders. Ernest Hemingway liebt die erhabenen Berge, die endlosen Wälder und Wiesen, die langgestreckten Bachläufe, den schier unendlichen Ozean. Die unberührte Natur erinnert ihn an die eigene Jugend in Michigan, rund um den See, an die Jagdwochenenden mit dem Vater. 

Weit mehr als ein flüchtiges Sightseeing oder ein hastiges Abhaken von Sehenswürdigkeiten sind seine Reisen. Wochenlang kann er an einem Ort verweilen. Es verbirgt sich eine tief empfundene Sympathie hinter seinen Exkursionen. Man kann die Besuche fremder Länder und Kulturen bei einem Menschen mit solchem Tiefgang ruhig als Liebe bezeichnen. Es ist eine Zuneigung zu den Orten und Plätzen, die noch heute von den dortigen Bewohnern zurückgezahlt wird. Für alle und jeden sichtbar, der ihm nachreist.

Seine Reisen zeigen Wirkung auf sein Schreiben. Hemingways Erzählungen sind durch Recherche vor Ort verbrieft. Er ist kein Autor, der vom Pferd erzählt. Natürlich, ein wenig Aufplustern und Aufblasen. Große Reden schwingen und auf den Putz hauen, auch dies entspricht seinem Naturell. Allerdings mehr im wirklichen Leben als in seinem Werk. Den dicken Maxe macht er an der Theke, nicht zwischen den Buchdeckeln.

Für einen Schriftsteller ist der Amerikaner ein

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Ernest Hemingway und das Baskenland

Ernest Hemingway in Spanien, im Sommer 1953 oder Mai 1954. Der Autor sitzt neben einem Bergbach und macht sich Notizen. Photo Credits: Ernest Hemingway Collection at the John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Zum ersten Mal betritt Ernest Hemingway den Boden des Baskenlandes am 5. Juli 1923, mit seiner Frau Hadley Richardson. Seine Pariser Mentorin Gertrude Stein macht den jungen Journalisten auf den Landstrich im Norden Spaniens aufmerksam. Der Besuch sollte ein grundlegender Wendepunkt im Leben des angehenden Literaten werden. Denn auf dieser Zugreise nach Pamplona wird er angeregt zu seinem ersten großen Roman The Sun Also Rises. In San Sebastián, das heute Donostia heißt, stellt er die Erzählung fertig.

Das Buch, das im Oktober 1926 erscheint, markiert einen Wendepunkt in der angelsächsischen Literatur. Die Moderne hat eine kräftige Stimme gefunden, langersehnt. Die Erzählung um amerikanische Expats in Paris und in Pamplona wird zu Hemingways Durchbruch als Schriftsteller. So wie das Baskenland in literarischer Hinsicht ein Anfang gewesen ist, so steht das Land auch an seinem Ende. In Bilbao, im Sommer 1959, schreibt ein gealterter Ernesto die letzten Zeilen zu seinem Stierkampf-Drama The Dangerous Summer für die Zeitschrift LIFE. Es wird das letzte literarische Aufbäumen des Nobelpreisträgers.

Wichtig für sein Werk und sein Leben wird das Baskenland, er hat es des öfteren kundgetan. El Basque Country. Bastante más que San Fermín y toros. Der Amerikaner möchte die Vielfalt des Landes kennenlernen und seine Bewohner. The Basques are great people. Very noble, but also very lively, schreibt er 1945 im mexikanischen Magazin Cancha. Er sagt es nicht so dahin, er kennt sich gut aus in den Provinzen von Araba bis Bidasoa. Die Städte Bilbao, San Sebastián, Pamplona und Logroño hat er mehrmals bereist.

Vor allem die Landschaft des Baskenlandes überwältigt ihn. Es ist wie immer bei Hemingway, er schwärmt von der Kraft und Schönheit der Natur. Nach einer Weile kamen wir aus den Bergen heraus, und es gab Bäume auf beiden Seiten der Straße und einen Bach und reife Getreidefelder, und die Straße lief ganz weiß und schnurgerade weiter und dann über eine kleine Anhöhe, und zur Linken war ein Hügel mit einem alten Schloss, um das sich Häuser scharten, und ein Kornfeld ging ihm bis an die Mauern und bewegte sich im Wind.

Das raue Land im Norden Spaniens wird ihn sein Leben lang fesseln. Am Fusse der Pyrenäen findet der Amerikaner seine Welt en miniature: das Meer, die Berge, die Wälder und Flüsse, die großen und die kleinen Städte. Die Kultur liegt ihm, das Essen, der Wein, das Pelota-Ballspiel, die Malerei. Der Reichtum entwickelt sich aus der Natur, die Basken sind ein Volk von Fischern und Bauern. Genau diese Bodenständigkeit braucht Ernest Hemingway und nicht das fade Geplapper der Metropolen. 

Ernest fährt häufig durch das Baskenland, im engeren Sinne die Provinzen Guipúzcoa, Vizcaya und Álava. Der Mann aus Oak Park liebt es, die Region mit dem Auto auf den Nebenstraßen zu erkunden. Vorbei zu fahren an den kleinen Orten wie Lekunberri und Mundaka, die Comarca Lea-Artibai zu durchqueren, die Halbinsel am Matxitxako zu bewundern und zur winzigen Kapelle aus dem 10. Jahrhundert an der Felseninsel von Gaztelugatxe hinabzusteigen. Begeistert angelt der US-Amerikaner am Stausee Embalse de Yesa bei Pamplona, der Fotograf Julio Ubiña hält die Szenen fest.

Alles Landstriche mit naturbelassenen Stränden und urwüchsigen Felsen und Klippen. Im rustikalen Norden kann er das Salz des Meeres einatmen, die Wälder und Hügel erwandern, in den Bergbächen die Forellen fangen. Der Amerikaner trollt sich viel durch das Baskenland. Roncesvalles am Fuß der Pyrenäen, die Wälder des Irati, Angeln am gleichnamigen Fluss. Der Rio Irati und die ihn umgebende Landschaft sind ideale Orte um innezuhalten, nicht ohne Grund verlaufen hier zwei Pilgerwege nach Santiago de Compostela.

Die einsamen Wälder sind ideal, um dem Trubel der Sanfermines entkommen. Um dem Radau zu entfliehen, die Lust an der Einsamkeit zu genießen. Meist legt der Amerikaner die Ausflüge ins baskische Hinterland direkt vor oder unmittelbar nach der Fiesta. Hier befindet er sich in seiner Welt. Es gibt nichts Schöneres, als stundenlang darauf zu warten, dass eine Forelle im Pyrenäenbach anbeißt.

All die Natur erinnert den Burschen aus der Chicagoer Vorstadt an die Sommerurlaube mit der Familie am ländlichen Walloon Lake in Michigan. The food is excellent, as usual, schreibt er in The Dangerous Summer. I have discovered that there is romanticism in food when romanticism has disappeared from everywhere else, schreibt Ernest Hemingway im Jahr 1924. Das Baskenland mit seiner guten Küche und den Getränken sei ein Schlaraffenland. 

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Paris prägt Ernest Hemingway wie keine andere Stadt

Die Künstler und Paris – ein Himmelreich auf Erden. Foto: W. Stock, Paris im Oktober 2022.

Im Dezember 1921 erreichen der Amerikaner Ernest Hemingway und seine Frau Hadley Richardson nach zwei Wochen auf dem französischen Atlantikdampfer Leopoldina, aus Hoboken bei New York kommend, die europäische Küste. In Cherbourg nimmt das frisch vermählte Ehepaar dann den Nachtzug nach Paris. Das junge Paar plant, sich dort für längere Zeit niederzulassen, es sollten sieben Jahre werden.

Vom ersten Tag an empfindet Ernest eine intensive Verbundenheit mit seiner neuen Wahlheimat. Als freier Korrespondent der kanadischen Tageszeitung Toronto Star kommt der junge Ernest Hemingway nach Übersee, mit dem Auftrag, sich in Europa umzuschauen. Die Alte Welt ist in jenen Jahren ein Kontinent in Aufruhr, mit Ländern, die einen Weltkrieg hinter sich haben und durchgerüttelt werden von politischen Konflikten, wirtschaftlichen Krisen und sozialen Erschütterungen.

Der junge Journalist wird hineingeworfen in diese brodelnde Region, er ist unbedarft und hungrig nach dem Leben. Der attraktive Journalist aus Oak Park, einem Vorort von Chicago, ist jener Typus, der wunderbar zu dieser Stadt passt: bullig von Figur, breitschultrig, ein kantiges Gesicht, im Kontrast dazu mit sanften braunen Augen und mit einer einfühlsamen Stimme. 

Frisch verliebt und voller Träume leben Ernest und Hadley von wenig Geld in der Hauptstadt Frankreichs. Als Korrespondent verdient er nicht gerade üppig, die Erträge einer kleinen Erbschaft von ihr hält beide über Wasser. Das Liebespaar verbringt unbeschwerte Monate in der so quirligen Metropole an der Seine, sie sind arm, aber glücklich. Es gibt nur zwei Orte auf der Welt, wo der Mensch glücklich sein kann. Die Heimat und Paris.

Der Amerikaner wirkt, als lebe er im siebten Himmel. Für einen jungen Mann, der seiner bigotten Erziehung und der nüchternen Strenge des Mittelwestens der USA entflohen ist, gleicht das Paris der 1920er Jahre einem Himmelreich auf Erden. In der Stadt des Lichtes finden amerikanische Intellektuelle den Glanz und Glamour, jenen joie de vivre, den sie in der heimatlichen Tristesse aus Wirtschaftsdepression und Prohibition so schrecklich vermissen.

Ernest Hemingway und Paris – es passt wunderbar. Ein Bauch- und Augen-Mensch wie Ernest wird hier zum Flaneur, der in den Buchhandlungen stöbert, durch die engen Gassen des Quartier Latin bummelt oder als Müßiggänger im La Closerie des Lilas vor einem Café au Lait sitzt, das bunte Treiben beobachtet und schreibt. Vor allem die Gegend um den Boulevard du Montparnasse wird zu seinem Revier, hier warten Lebenslust und Frivolität an jeder Ecke.

In Paris begegnet Ernest Hemingway anregenden Frauen und Männern, er steht direkt an der Wiege neuartiger Ideen und kühner Anschauungen. Künstlerische Pioniere wie James Joyce und Pablo Picasso gehören zu seinem Freundeskreis. Der junge Ernest merkt, wie dieses kreative Flair ihn als Schreiber ermutigt. Die Harmonie mit seiner Ehefrau wirkt als Ruhepol, die umgängliche Hadley fängt den stürmischen Ehemann mehr als einmal auf. 

Er ist angekommen in seiner Traumwelt. Schöner vermag der 22-Jährige sich das Paradies nicht auszumalen. Wenn Du das Glück hattest, als junger Mensch in Paris zu leben, dann bleibt die Stadt bei Dir, einerlei wohin Du in Deinen Leben noch gehen wirst, denn Paris ist ein Fest fürs Leben.

Diese Metropole der Lebenslust überfällt den Amerikaner wie

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Der schönste Hemingway-Satz: Es trifft immer die Besten

The world breaks every one and afterward many are strong at the broken places. But those that will not break it kills. It kills the very good and the very gentle and the very brave impartially.

 Die Welt zerbricht jeden, und nachher sind viele stark an den zerbrochenen Orten. Doch diejenigen, die nicht zerbrechen wollen, die werden getötet. Und es trifft immer die Besten und die Sanftmütigsten und die Tapfersten, ohne Unterschied.

Ernest Hemingway, 1929:
A Farewell To Arms
In einem anderen Land

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Ernest Hemingway und sein Freund Juan Duñabeitia auf Kuba

Ein heiterer Ernest Hemingway mit einer unbekannten Frau und Juan Sinsky Duñabeitia in einer kubanischen Kneipe, um 1953/1954. Foto: Archiv Dr. Stock.

Im Havanna der 1940er Jahre findet sich unter den Exil-Spaniern eine bunte Mischung: Funktionäre der Kommunistischen Partei, Carlisten, Anarchisten, Falangisten, Franco-Getreue und baskische Nationalisten. Ernest Hemingway, der seit 1939 auf der Insel lebt, baut sich schnell einen ansehnlichen Freundeskreis auf. Eine Opposition zum Franco-Regime bringt Pluspunkte. Besondere Sympathie hegt der bärtige Amerikaner für die in Havanna lebenden Basken.

Zu seinen baskischen Freundeskreis gehören Juan Duñabeitia aus Bilbao, Paco Garay aus Vitoria-Gasteiz, der Priester Andrés Untzaín, die Pelota-Spieler Francisco Patxi and Julián Ibarluzea, zwei Brüder aus Markina und Félix Areitio aus Ermua bei Eibar. Oft kommt der Freundeskreis auf Finca Vigía zusammen und Ernesto genießt die Stunden mit den Basken. An den Basken bewundert Hemingway vor allem die unverbrüchliche Loyalität zur Republik, den Humor und die Lebensfreude.

Wenn Ernest Hemingway Spanien besucht, dann darf ein Abstecher in den Norden nicht fehlen. Mit Leidenschaft taucht der US-Amerikaner ein in die Kultur des Baskenlandes, der Mann aus Chicago mag ihre Feste, den Sport, das Essen und Trinken. Auch die Geschichte, die Gebräuche und den Alltag der Basken faszinieren den Schriftsteller. 

Einer seiner besten Freunde ist Juan Duñabeitia, den alle Welt Simbad, el marino nennen. Weil er so ein athletischer Typ ist mit einer fast magische Sprungkraft und mühelos über Autos und Zäune zu springen vermag. Simbad ist ein drahtiger Mann, ein Meter achtzig groß, achtzig Kilo von Gewicht. Hemingway ruft den Freund leicht abgewandelt Sinsky. 

Juan Duñabeitia wird im April 1898 in Bilbao geboren. Dort studiert er Meereskunde und fährt später zur See. Er besitzt eine musikalische Ader, vor dem Bürgerkrieg hat er mit seiner wohlklingenden Stimme in den Musikbars von Bilbao gesungen, immer mit einem Tanz verbunden. Der aparte Mann hat einen Schlag bei den Frauen. Ein Junggeselle, aber ein Don Juan, wie er im Buche steht.

Während des Bürgerkriegs, Juan Duñabeitia ist Attaché der republikanischen Marine im Baskenland, erhält er den Auftrag,

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Ernest Hemingway: Liebe – schnörkellos

Ernest Hemingway, 1929: In einem anderen Land.

Wie kein anderer Autor beherrscht Ernest Hemingway die Kunst des einfachen und knappen Satzes. Eine Prosa, die sich kurz und flott liest, die jedoch hinter jeder Zeile mehr meint, als im bloßen Text gesagt wird. Diese zugeknöpfte Kühle der Sprache passt nicht nur zu seinen einsamen Helden, sondern drückt zugleich die Empfindungen vieler Menschen im tagtäglichen Gefühlschaos aus.

– „Und du wirst mich immer lieben?“
– „Ja.“
– „Und der Regen ändert nichts daran?“
– „Nein.“

Für viele Autoren der Lost Generation werden diese Aneinanderreihung kurzer Aussagen und die kargen Dialoge typisch. Sie bauen Sätze, die von der Redefaulheit ihrer Protagonisten geprägt ist, weil die von der Welt und wohl auch von sich selbst enttäuschten Romanhelden ihre Befindlichkeit und Gefühle nur ungern ausbreiten.

Der Leser jedoch weiß Bescheid. Denn aus seiner Lebenserfahrung heraus versteht er, unter die Wasseroberfläche dieses Eisberges – so bezeichnet man Hemingways Stilistik – zu blicken. Ernest Hemingway kultiviert in all seinen Romanen diese nüchterne Linie. Er glaubt an einen literarischen Purismus, der sich von allem Überflüssigen zu befreien hat.  

Von Anfang an bringt der bärtige Amerikaner aus dem Mittleren Westen diesen literarischen Lakonismus zur Entfaltung. Kein Satz-Dompteur beherrscht die klare Prosa so wie Ernest Hemingway, keiner kann die Dialoge so kühl und lapidar halten. Ernest Hemingways trockener Stil huldigt einem literarischen Schweigen bei dem gerade jenes interessant wird, was nicht ausgesprochen wird.

Ernest Hemingway versteht sich als Handwerker, dessen Vorgabe es ist, knapp und nüchtern zu skizzieren. Wenn ich anfing, kompliziert zu schreiben oder wie einer, der etwas bekanntmachen oder vorführen will, erkannte ich, dass ich die Schnörkel oder Ornamente ausmerzen und wegwerfen und mit dem ersten wahren einfachen Aussagesatz anfangen konnte, den ich geschrieben hatte. 

Diese Beschränkung Hemingways auf das Wesentliche bietet dem Leser eine einmalige Chance: mit eigener Imagination seinen Platz in der Handlung zu finden. Show the readers everything, tell them nothing, sag dem Leser nichts, aber zeige ihm alles auf, nach diesem Prinzip funktioniert Hemingways Prosa. Es ist die große Kunstfertigkeit, bloß zarte Striche zu ziehen.

Man soll eben nicht alles

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Ernest Hemingway und seine Mutter: Hass und viele Narben

Die Familie Hemingway im Jahr 1903: Schwester Ursula, Vater Clarence, Ernest, Mutter Grace und Schwester Marcelline. Credit Line: Ernest Hemingway Photograph Collection, John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Ernest Hemingway wird im Juli 1899 hineingeboren in die Gutbürgerlichkeit von Oak Park, einem wohlhabenden Vorort von Chicago. Der Vater Clarence ist praktizierender Mediziner, die Mutter Grace Ernestine Hall studiert Klavier und nimmt Gesangsstunden. Ihre Interessen liegen vornehmlich im Hochgeistigen. Die hübsche, etwas mollige Frau entstammt einer begüterten Händlerfamilie, am liebsten beschäftigt sie sich mit Opernarien oder steht vor der Staffelei.

Hausfrau und Mutter – es ist nicht ihr Ding. Die Gestaltung des Familienalltags überlässt Grace der Hausgehilfin, um den Nachwuchs kümmern sich meist die Kindermädchen. Auch kocht sie höchst ungern, oft gibt sie solche Tätigkeiten an die Hausangestellten ab oder an ihren Ehemann, der mit Freude das Essen zubereitet. Zuweilen kümmert Clarence sich auch um die Wäsche und hilft beim Einmachen von Konserven. 

Oft hört man die Mutter klagen, sie habe den Starruhm einer Opernsängerin für die Familie und die Mutterrolle geopfert. Sie hat in New York bei der österreichischen Operndozentin Luisa Kapp-Young studiert, Grace besitzt eine schöne Altstimme und hat ihren ersten Auftritt im Madison Square Garden Theatre. Die talentierte Mittzwanzigerin erhält später gar ein Angebot des Metropolitan Opera House. Doch in der Tat bricht sie ihre Karriere ab, der Liebe wegen, und zieht zurück nach Oak Park, um Doctor Clarence Hemingway zu heiraten.

Wer in der Ehe der Hemingways die Hosen anhat, ist klar. Dem Willen von Grace haben sich alle unterzuordnen. Den Kindern verordnet sie strikte Regeln und legt ihnen genaue Pflichten auf, sie bestimmt das Freizeitverhalten und die Kulturaktivitäten. Der heranwachsende Ernest mit seinen eher sportlichen Hobbys beginnt sich mehr und mehr zu widersetzten, und nimmt die Konflikte zwischen Sohn und Mutter in Kauf.

Die Mutter Grace achtet auf eine kulturelle Bildung in der Familie. Ihren Kindern erklärt sie geduldig Gemälde, sie trägt Gedichte vor, lehrt sie, Lieder zu singen. Es sind Hunderte von Büchern, die sie ihren Kleinkindern vorliest. Vor allem ist es Grace zu verdanken, dass der Sohn außerordentlich belesen und mit den schönen Künsten aufwächst. Obwohl Ernest nie eine Universität besuchen wird, erhält er durch die reichhaltige Lektüre im Elternhaus eine umfassende literarische Prägung. 

Auch gelingt es der Mutter, Ernests Interesse für klassische Musik zu wecken. Johann Sebastian Bach wird er zeitlebens verehren, doch seine Liebe zur Tonkunst umspannt alle Genres, von der Oper bis zum Jazz. Wahrscheinlich hätte er als Autor nicht so ein feines Gespür für die Melodie und den Rhythmus seiner Prosa ausbilden können, wenn die Mutter nicht die musikalische Vorbildung dafür gelegt hätte. 

In der Familie erlebt der heranwachsende Ernest erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Die Familie ist materiell bestens versorgt, im emotionalen Miteinander bleibt jedoch vieles auf der Strecke. Grace vermitteln ihren Kindern den klassischen Bildungskanon, man besucht Opernaufführungen und Theatervorstellungen oder geht in Museen. Mit der bemühten Tugendhaftigkeit verdeckt die Mutter jedoch eine ausgeprägte emotionale Kälte. 

Den Vater verehrt der heranwachsende Ernest sehr, Clarence bringt dem Jungen bei zu Schwimmen, zu Zelten, er zeigt ihm das Klettern und Bergsteigen, der Vater lehrt ihn zu Jagen, die Beute auszuschlachten und eine Feuerstelle anzulegen. Dennoch kann das Elternhaus mit seiner Gemütsarmut und der emsigen Strebsamkeit kein Vorbild für den energiegeladenen Ernest sein. Direkt nach der Schule, mit gerade einmal 18 Jahren, macht der abenteuerlustige Jugendliche sich schnell aus dem Staub und verlässt Oak Park auf immer.

Im Dezember 1928 erlebt Ernest Hemingway innerhalb der Familie ein schlimmes Trauma: Clarence, der geliebte Vater, erschießt sich im elterlichen Schlafzimmer. Dr. Clarence Edmonds Hemingway hat sich umgebracht, als sein Sohn Ernest 29 Jahre alt ist. Der Sohn macht Grace noch viele Jahre den Vorwurf, den Vater in den Tod getrieben zu haben. „Von den frühesten Tagen meiner Freundschaft mit Ernest“, schreibt General Charles Lanham, „sprach er von seiner Mutter immer nur als ‚diese Schlampe‘. Er hat mir sicherlich tausendfach erzählt, wie sehr und auf wie viele verschiedene Arten er sie gehasst hat.“

Das Frauenbild des Ernest Hemingway steht von Kindesbeinen an unter keinem guten Stern, das Verhältnis zur Mutter sollte ein Leben lang angespannt bleiben. Die Narben sitzen tief bei ihm, dieser Mensch schleppt vielerlei Verletzungen mit sich. Ernests Frauen dürfen

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