Ein Zeitsprung in die späten 1920er Jahre. Wir kommen in eine unschöne Dekade für the Greatest Country on the Face of the Earth. Die Wirtschaft stottert gewaltig, an der Wall Street vernichten der Black Thursday und der Black Friday Milliarden von Dollars und Millionen von Hoffnungen.
Soziale Konflikte legen die Brüchigkeit der amerikanischen Gesellschaft und jedes Aufstiegsversprechen offen. Die Mafia übernimmt in New York und Chicago das Kommando über Nachtleben, Drogen und Gewerkschaften. Die Prohibition verbietet den Verkauf von Alkohol und drängt brave Familienväter in Speakeasies, in dunkle Flüsterkneipen und Kaschemmen, alles unter dem Radar von Justiz und Polizei.
Wie will die Literatur auf solch eine Trostlosigkeit reagieren? Ernest Hemingway tut es auf seine Weise, ebenso Dashiell Hammett: mit wortkargen Sätzen, lakonischen Dialogen, mit einem Eisberg-Stil, bei dessen Subtext die Mäuse tanzen. Die Prosa ist maskulin von der Haarspitze bis in die Zehen, die Themen ebenso. Der eine schreibt über Stierkämpfer und Soldaten, der andere über Mord und Totschlag in San Francisco.
Hardboiled, nennt man diesen Schreibstil in Amerika. Hartgesotten. Die Hauptrollen fallen zynischen und gebrochenen Charakteren zu. Männer, ohne Fortune und Illusionen. Dies ist keine nette Gegend, um es milde auszudrücken. Nicht so schlimm wie die South Bronx in New York, aber in San Francisco ist sie eine der übelsten. Das war sie schon damals: Wenn die Detektivagentur hinter einem kleinen Ganoven her war, dann suchte sie ihn im Tenderloin oder drüber am North Beach.
So wie die Welt mies ist, so einsam sind ihre Protagonisten. Ihre Träume sind entzaubert, es sind Einzelgänger, ohne Familie, alles den Lebensumständen geschuldet. Im Grunde sind Hammetts Protagonisten wie jene von Hemingway, nur werden diese aus Spanien oder Italien in das Dickicht der Großstadt verpflanzt. Nach dem Detektiven Sam Spade von Dashiell Hammett erscheint ab 1940 Philip Marlowe von Raymond Chandler. Schwarze Serie, so wird die Gattung genannt, alles düster und unerquicklich. Wir erleben die Geburtsstunde des modernen Kriminalromans.
Die Anfangsjahre von Ernest Hemingway und Dashiell Hammett ähneln sich. Der Krimi-Autor schreibt ab 1922 für das Magazin Black Mask. Der Durchbruch dann 1930: Alfred A. Knopf veröffentlicht The Maltese Falcon. Der Roman ist ein literarischer Donnerschlag, ebenso wie Ernests Erstling The Sun Also Rises. In einer Welt voller Korruption und ohne Moral verwischt der Zynismus die Grenzlinie von gut und böse. Der Privatdetektiv Sam Spade wird im Malteser Falken hin und her geschleudert zwischen bösartigen Ordnungskräften und treuherzigen Schurken. Am Ende steht Sam Spade mit leeren Händen da.
Wie bei Ernest Hemingway. Auch seine Protagonisten scheitern. Die Zeiten sind nicht gemacht für Helden. Höchstens für Anti-Helden. Männer, die kämpfen und zum Schluss doch nur in ihre Niederlagen hineinstolpern können. Hemingways und Hammetts Helden treffen den Nerv der Zeit, es sind Kämpfer ohne Sieg, wie so viele