Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Mario Saavedra

Er konnte so wunderbar erzählen

Mario Saavedra in seiner Wohnung in Miraflores. Lima, im März 2016.

Mehr als 60 Jahre nach den Ereignissen in Cabo Blanco gerät Mario Saavedra derart ins Schwärmen, als habe sich alles vorgestern zugetragen. „Ernesto war ein großer Freund Spaniens und Lateinamerikas. Hemingway es bienvenido en el Perú, das habe ich deshalb in einem Artikel des El Comercio zu seiner Ankunft geschrieben.“ Hemingway ist herzlich willkommen in Peru. 

In der Hauptstadt Lima lebt Mario Saavedra-Pinón, der in seinem 88. Lebensjahr wacker und guter Dinge auf den Füssen steht, mit klarer Erinnerung an den Nobelpreisträger. „Wir haben viel an der Bar des Fishing Clubs gesprochen, wie Freunde, das waren eigentlich keine Interviews. Es war phantastisch, dass dieser großartige Mann mich wie einen Kollegen behandelt hat“, begeistert sich der peruanische Journalist. 

Ich treffe Mario Saavedra in seiner gemütlichen Wohnung in der Calle Bolognesi in Limas wohlhabendem Stadtteil Miraflores, ein andermal verabreden wir uns im famosen Café Haití an der Plaza Kennedy. Mario ist der letzte Überlebende des Reportertrios aus Cabo Blanco, seine Kollegen von La Prensa und von La Crónica sind schon vor geraumer Zeit verstorben. Die Begegnung mit Ernest Hemingway sollte aus den drei jungen Journalisten einen engen Männerbund fürs ganze Leben schmieden. 

Mario Saavedra-Pinón Castillo, Manuel Jesús Orbegozo und Jorge Donayre Belaúnde, den die Kollegen El Cumpa rufen, werden Freunde und die gemeinsame Erfahrung mit dem Nobelpreisträger begründet eine brüderliche Verbundenheit, auch über ihre aktive Zeit hinaus. Alle drei Peruaner, die einige Tage auf Ernest Hemingway in Cabo Blanco treffen, sollten in ihrem weiteren Berufsleben hochgerühmte Journalisten werden. Mario Saavedra-Pinón wird bei El Comercio und anschließend in seinen letzten 20 Berufsjahren bei dem einflussreichen Wochenmagazin Caretas eine beachtliche Karriere hinlegen. 

Ab 1963 wird er fünf Jahre lang Secretario de Prensa de la Presidencia, der Pressedirektor des legendären peruanischen Präsidenten Fernando Belaúnde Terry, der noch heute von seinen Landsleuten als honoriger Politiker der Mitte Verehrung findet. Im Oktober 1968 wird Belaúnde Terry von einer linken Militärjunta weggeputscht und Mario gleich mit.

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Mario Saavedra mit Ernest Hemingway an der Bar des ‚Cabo Blanco Fishing Clubs‘. Cabo Blanco, im April 1956.

Um zwei Uhr morgens, am 3. Oktober, donnern die Panzer der Putschisten zur Plaza de Armas in Lima. Die Generäle um Juan Velasco Alvarado holen den Präsidenten aus seiner Amtsresidenz, fahren ihn zum Flughafen, wo er in eine Maschine nach Buenos Aires gesetzt wird, ins erzwungene Exil. „Am frühen Morgen erfuhr ich von dem Putsch und hatte auf einmal weder Büro noch Job. Ich habe in aller Öffentlichkeit meinen Rücktritt als Pressedirektor bekannt gegeben und damit meine Verbundenheit zu Belaúnde und der Verfassung gezeigt“, erklärt Mario Saavedra erhobenen Hauptes.

„Und dann zwölf Jahre das Militär“, seufzt der peruanische Journalist voller Schrecken. Er trauert noch heute

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Un saludo al Peru – von Ernesto Hemingway

Un saludo al Peru. Ernesto Hemingways herzlicher Gruß an sein Gastland im El Comercio vom 17. April 1956.
Photo by W. Stock

Das Interview von Mario Saavedra mit Ernest Hemingway ist schon ein großer Wurf. Doch in der Ausgabe des El Comercio entdecke ich noch eine wundervolle Rarität. Für die Leser der peruanischen Tageszeitung verfasst Ernest Hemingway eine kurze Widmung, die an diesem 17. April 1956 unter dem Interview – fast so groß wie eine Postkarte – abgedruckt wird. A el El Commercio de Lima. Un saludo al Peru, Ernesto Hemingway.

Das liest sich sehr hübsch. Un saludo al Peru, ein Gruß an Peru und an die Peruaner. Allerdings merkt man, dieser Ernest Hemingway wirkt ein wenig fahrig, vielleicht wegen des heißen Klimas oder des langen Fluges. Die Einleitung der Widmung jedenfalls geht grammatikalisch etwas schief und El Comercio schreibt der amerikanische Schriftsteller falsch als El Commercio mit Doppel-M, wie es bei diesem Begriff im Englischen üblich ist.

Un saludo al Peru bleibt ein freundlicher Gruß eines dankbaren Gastes an seinen Gastgeber. Von den kleinen Patzern abgesehen, schreibt Ernesto Hemingway ein ganz feines peruanisches Spanisch, denn die Peruaner verwenden üblicherweise mit el Peru den bestimmten Artikel vor ihrem Land, die meisten Länder kommen ja artikellos daher. Und deshalb heißt es, wie Hemingway richtigerweise schreibt, ‚un saludo al Peru‘, wo ein Nichtkenner wahrscheinlich ‚un saludo a Peru‘ formuliert hätte. Möglicherweise hat ihm der Peruaner Mario Saavedra bei dieser Formulierung ja auch ein wenig die Feder geführt.

Diese Widmung bleibt jedenfalls bemerkenswert. Alleine ihr zeitiger Abdruck stellt eine logistische Meisterleistung dar. Denn ein Interview nebst Fotos und dem Faksimile vom 16. April mittags bis zum gleichen Abend die 1.200 Kilometer nach Lima zu bringen, damit beides am nächsten Morgen in der Zeitung erscheinen kann, da muss man schon verdammt clever vorgehen.

Denn wir sprechen hier vom Jahr 1956, von Cabo Blanco, von einem verlassenen Kaff am peruanischen Pazifik, vom hinteren Hinterland eines verarmten Landes, kein Kabel, kein Ticker, keine Wirephotos. Und trotz aller Widrigkeiten schafft es der clevere Mario Saavedra mit Hilfe einer Faucett-Stewardess, diesen herzlichen Gruß an Peru und seine Bewohner vor Druckschluss bei seiner Tageszeitung abliefern zu lassen.

Interessanterweise unterschreibt Ernest Hemingway seine Widmung mit Ernesto Hemingway. Kein angelsächsisches Ernest Hemingway. Solches gefällt in

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Der Weltrekordler in Sachen Ernest Hemingway

Mario Saavedra in Lima, im März 2016;
Photo by W. Stock

Fast 60 Jahre nach den Ereignissen in Cabo Blanco gerät Mario Saavedra derart ins Schwärmen, als sei diese Begebenheit gerade vorgestern passiert. „Ernesto war ein großer Freund Spaniens und Lateinamerikas. Hemingway es bienvenido en el Perú, das habe ich in einem Artikel in El Comercio zu seiner Ankunft geschrieben.“ Hemingway ist herzlich willkommen in Peru.

In der Hauptstadt Lima lebt der Peruaner Mario Saavedra-Pinón Castillo, der in seinem 88. Lebensjahr noch wacker und gut gelaunt auf den Füssen steht, und der stets mit klarer Erinnerung ist an Ernest Hemingway. „Wir haben viel an der Bar des Fishing Clubs gesprochen, wie Freunde, das waren eigentlich keine Interviews. Es war phantastisch, dass dieser großartige Mann mich wie einen Kollegen behandelt hat“, sagt der Journalist.

Ich treffe Mario Saavedra in seiner gemütlichen Wohnung in der Calle Bolognesi in Limas schönem Stadtteil Miraflores, ein andermal verabreden wir uns im famosen Café Haití an der Plaza Kennedy. Mario Saavedra-Pinón ist ein hochrenommierter Journalist in Peru. Er hat bei El Comercio gearbeitet und dann in seinen letzten 20 Berufsjahren bei dem einflussreichen Wochenmagazin Caretas eine rasante Karriere hingelegt. Ab 1963 wird er fünf Jahre lang Secretario de Prensa de la Presidencia, der Pressechef des legendären peruanischen Präsidenten Fernando Belaúnde Terry, der noch heute von seinen Landsleuten als honoriger Politiker der Mitte Verehrung findet.

Wenn man Mario Saavedra in Lima erlebt, wie temperamentvoll er von dem Nobelpreisträger spricht, dann

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