Un saludo al Peru. Ernesto Hemingways herzlicher Gruß an sein Gastland im El Comercio vom 17. April 1956.
Photo by W. Stock

Das Interview von Mario Saavedra mit Ernest Hemingway ist schon ein großer Wurf. Doch in der Ausgabe des El Comercio entdecke ich noch eine wundervolle Rarität. Für die Leser der peruanischen Tageszeitung verfasst Ernest Hemingway eine kurze Widmung, die an diesem 17. April 1956 unter dem Interview – fast so groß wie eine Postkarte – abgedruckt wird. A el El Commercio de Lima. Un saludo al Peru, Ernesto Hemingway.

Das liest sich sehr hübsch. Un saludo al Peru, ein Gruß an Peru und an die Peruaner. Allerdings merkt man, dieser Ernest Hemingway wirkt ein wenig fahrig, vielleicht wegen des heißen Klimas oder des langen Fluges. Die Einleitung der Widmung jedenfalls geht grammatikalisch etwas schief und El Comercio schreibt der amerikanische Schriftsteller falsch als El Commercio mit Doppel-M, wie es bei diesem Begriff im Englischen üblich ist.

Un saludo al Peru bleibt ein freundlicher Gruß eines dankbaren Gastes an seinen Gastgeber. Von den kleinen Patzern abgesehen, schreibt Ernesto Hemingway ein ganz feines peruanisches Spanisch, denn die Peruaner verwenden üblicherweise mit el Peru den bestimmten Artikel vor ihrem Land, die meisten Länder kommen ja artikellos daher. Und deshalb heißt es, wie Hemingway richtigerweise schreibt, ‚un saludo al Peru‘, wo ein Nichtkenner wahrscheinlich ‚un saludo a Peru‘ formuliert hätte. Möglicherweise hat ihm der Peruaner Mario Saavedra bei dieser Formulierung ja auch ein wenig die Feder geführt.

Diese Widmung bleibt jedenfalls bemerkenswert. Alleine ihr zeitiger Abdruck stellt eine logistische Meisterleistung dar. Denn ein Interview nebst Fotos und dem Faksimile vom 16. April mittags bis zum gleichen Abend die 1.200 Kilometer nach Lima zu bringen, damit beides am nächsten Morgen in der Zeitung erscheinen kann, da muss man schon verdammt clever vorgehen.

Denn wir sprechen hier vom Jahr 1956, von Cabo Blanco, von einem verlassenen Kaff am peruanischen Pazifik, vom hinteren Hinterland eines verarmten Landes, kein Kabel, kein Ticker, keine Wirephotos. Und trotz aller Widrigkeiten schafft es der clevere Mario Saavedra mit Hilfe einer Faucett-Stewardess, diesen herzlichen Gruß an Peru und seine Bewohner vor Druckschluss bei seiner Tageszeitung abliefern zu lassen.

Interessanterweise unterschreibt Ernest Hemingway seine Widmung mit Ernesto Hemingway. Kein angelsächsisches Ernest Hemingway. Solches gefällt in diesen Breiten überaus. Immer wieder spricht der bärtige Kerl aus Chicago von sich als Ernesto. Der US-Amerikaner taucht mit seinem Ernesto ein Stück ein in die bunte Welt Lateinamerikas, dieses Ernesto ist sein Angebot an die Hispano-Amerikaner. Seht her, so die unterschwellige Botschaft des Nobelpreisträgers, ich bin auch einer von euch, und ihr seid ein Teil von mir.

„Es war seine Art, uns damit seine Anerkennung zu zeigen. Darauf können wir alle stolz sein“, meint sein peruanischer Interviewpartner Mario Saavedra. Hier ist nicht mehr der Nobelpreisträger aus den fernen USA, sondern Ernesto, Freund und Kollege. „Ernesto war ein großer Freund Spaniens und Lateinamerikas.“ Und jemand, dem Dünkel – sozial, literarisch oder ethnisch – vollkommen fremd waren.

Wo denn diese hübsche Widmung an sein Land geblieben ist?, frage ich Mario Saavedra bei unserem ersten Zusammentreffen im März 2016 in Lima. Wo ist dieses kostbare Grußwort Un saludo al Peru – Ernesto Hemingway geblieben, das der El Comercio am 17. April 1956 abgedruckt hat? 

Diese Widmung ist ein Schatz, sage ich zu Mario in dessen Wohnung in der Calle Bolognesi. Tourismusämter anderer Urlaubsländer hätten mit solch einer Perle in den Medien der Welt längst millionenschwere Werbekampagnen geschaltet oder sie in Gold gerahmt in allen Kulturinstitutionen aufgehängt. Ach, die Widmung, meint Mario Saavedra beiläufig, die ist über die Jahre in den Archiven des El Comercio verschütt gegangen.

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