Martha Gellhorn, die dritte Mrs. Hemingway, arbeitet nach Hochzeit mit Ernest im November 1940 weiterhin mit voller Energie an ihrer Karriere. Beruflich ist die renommierte Journalistin ständig auf Achse. Guam, die Philippinen, überall wird die neue Mrs. Hemingway hofiert wie eine Filmdiva aus Hollywood.
In der Branche und auch bei den Lesern festigt sie ihre Reputation als unerschrockene Berichterstatterin, es gibt nicht wenige Kenner, die in Martha Gellhorn die beste Kriegsreporterin aller Zeiten sehen. Die ehrgeizige Journalistin schreibt unentwegt, veröffentlicht ihre Artikel und publiziert Bücher, bis an ihr Karriereende sollten es insgesamt 20 an der Zahl werden.
„I followed the war wherever I could reach it“, verrät die couragierte Autorin ihr Motto, ein wenig mutet sie an wie die Variation eines Ernest Hemingway im Rock. Ich bin hin zu dem Krieg, wo immer es möglich war. Martha erweist sich als Reporterin jedoch hartnäckiger als Ernest, kenntnisreicher, sie bohrt sich in ihre Themen, geht dorthin, wo es wehtut. Hemingstein als Journalist hingegen schnüffelt und schnuppert zu oft nur an der Oberfläche, Marty indes beißt tief hinein.
Die tropische Finca Vigía in San Francisco de Paula auf Kuba bildet den Lebensmittelpunkt des Paares, ein durchweg kümmerlicher Punkt allerdings, denn Martha Gellhorn turnt ohne Unterlass in der Weltgeschichte herum, meist alleine. Die zielstrebige Journalistin nimmt ihre Akkreditierungen ernst und bleibt oft monatelang weg aus dem gemeinsamen Domizil im Süden von Havanna.
Die blonde Amerikanerin aus St. Louis ist eine Draufgängerin, eine Reporterin mit Haut und Haaren. Im Zweiten Weltkrieg versteckt Martha Gellhorn sich im Badezimmer eines zivilen Krankenhaus-Schiffes, um zu recherchieren, ein andermal verkleidet sie sich als Krankenpflegerin, schnappt sich eine Tragbahre und geht auf Erkundungstour.
Ernest Hemingway bleiben die journalistischen Erfolge seiner Ehefrau natürlich nicht verborgen, der Schriftsteller fühlt sich zurückgesetzt. Er reagiert zunehmend nörgelig und fängt auf Finca Vigía an, Martha zu schikanieren. Als die Journalistin im März 1944 erneut als Kriegskorrespondentin nach Europa reisen will, versucht ihr Ehemann, sie davon abzuhalten. Vergeblich. Daraufhin lässt Ernest sich zu einem perfiden Winkelzug hinreißen.
Auch Hemingway beschießt, nach Europa zu gehen. Und heuert im April 1944 als Kriegskorrespondent bei Collier’s an, als Starschreiber kann er sich seinen Auftraggeber selber aussuchen. Collier’s allerdings ist genau jene Wochenzeitschrift, bei der Martha Gellhorn seit 1937 unter Vertrag steht. Die Akkreditierungs-Richtlinien der US Army erlauben jedoch nur einem Reporter pro Magazin, mit an die Front zu kommen.
„Ich war total blockiert“, meint eine frustrierte Martha, „indem er Collier’s gewählt hatte, ruinierte er automatisch meine Chancen, über das Kampfgeschehen zu berichten.“ Mit Ellenbogen hat sich Ernest auf Kosten seiner Ehefrau rücksichtslos nach vorne gedrückt. Man kann es auch so sehen, dass Hemingway seiner Partnerin den Job geklaut hat. Doch Martha ist kein Mensch, der sich entmutigen lässt.
Auf eigene Faust fährt sie am 13. Mai 1944 als einziger ziviler Passagier auf einem Frachtschiff, das Dynamit geladen hat, von New York aus Richtung Europa. Ernest Hemingway nimmt vier Tage später den PanAm-Linienflug und kommt so noch vor seiner Ehefrau in London an.
Doch Martha Gellhorn schafft es auf ein Marineschiff. Sie wird die einzige Kriegsreporterin sein, die mit den amerikanischen Truppen am D-Day, dem 6. Juni 1944, in der Normandie an Land gehen wird. Im Schutze der Dunkelheit erreicht die Journalistin in der Nacht zum 7. Juni mit einem Sanitätskommando die französische Küste.
Derweil hält sich Ernest Hemingway nicht weit davon auf, an Bord der Empire Anvil, eines Kriegsbootes, das ebenfalls bei der Omaha Beach, dem alliierten Ladungsabschnitt, anlegt. Doch dem berühmten Autor wird die Erlaubnis verweigert, mit den Soldaten auszurücken. Aus Vorsorge, zumal Hemingway zehn Tage zuvor bei einem Auffahrunfall in London mit dem Kopf in die Windschutzscheibe seines Autos geschleudert und beträchtlich verletzt worden ist.
Martha hingegen, schon lange auf dem Festland, setzt hinter den Einheiten ihre Berichterstattung fort. Hemingway trippelt unterdessen als Nachhut hinterher. Die Pleite am D-Day wurmt Ernest noch jahrelang. Im November 1944 schreibt Mrs. Hemingway ihrem Gatten aus den Niederlanden, es sei wohl besser, die Ehe zu beenden. Ernest, an der Bar im Pariser Ritz und hinter der Frontlinie im Hürtgenwald bei Aachen, kümmert es nicht groß. Er hat längst die nächste Flamme im Blick.
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