Es war, kein Zweifel, Liebe auf Gegenseitigkeit. Venetien und Ernest Hemingway. Das Veneto, das Ernest Hemingway zeitlebens tief im Herzen trug. Und dieser italienische Landstrich, der sich des Schriftstellers noch heute erinnert.

Der 2011 bei antigaedizioni verlegte Bildband Il Veneto di Hemingway trägt einen reichen Schatz an Fotos von Hemingways Aufenthalten im Veneto zusammen. Der Amerikaner ist vernarrt in die flache Deltalandschaft rund um Venedig, er mag die lieblichen Felder mit den Pinien und er mag die kleinen Dörfer zwischen Dolomiten und Mittelmeer. Aber vor allem mag er die Menschen hier – und sie mögen ihn.

Zum ersten Mal kommt Hemingway als junger Mann dorthin, im dreckigen Jahr 1918, zu den Grabenkämpfen des Ersten Weltkriegs. Dann wieder 1948, das sind unbeschwerte Tage. Venedig, Torcello, Caorle – der Amerikaner lässt sich wochenlang Zeit, sein Paradies zu erkunden. Es sind dies vielleicht die glücklichsten Tage seines Lebens. Später, im Jahr 1954 kehrt er zurück nach Venedig, zum letzten Mal, in sein Gritti, in seine Stadt, zu seiner Liebe.

Doch da ist er schon angezählt, die zwei Flugzeugunglücke in Afrika, der Alkohol, und überhaupt. Er ist irgendwie grimmig geworden, fühlt sich kraftlos und verwundbar. 1954, da ist er schon nicht mehr der Alte, sein Blick wirkt trübe, sein Gang scheint merkwürdig vorsichtig. Ihm fehlt der Elan und die Spritzigkeit von früher, obwohl nur sechs Jahre seit seinem letzten Aufenthalt vergangen sind.

Doch seine Liebe ist putzmunter. Im Veneto wissen die Leute zu leben, sagt er über den Landstrich an der Adria. Das Essen, der Vino, man feiert gerne, die flache Landschaft, das Fischen und Jagen in den Sumpfgebieten – dieses Veneto scheint wie für ihn gemacht. Und, ruft Hemingway laut, ich bin ein Fanatiker des Veneto. Am Ende des Lebens verspürt er gar den Wunsch, hier begraben zu werden.

Dieser zärtlich, bisweilen ein wenig wirr editierte Bildband mit seinem alten Fotos zeichnet Hemingways Stationen im Veneto nach. Den Kriegsschauplatz Fossalta di Piave, wo der 18-Jährige schlimm verwundet wird. Das Venedig vom Herbst 1948, das seine Stadt ist und seine Zeit. Dann kommt er 1950, diesmal kurz, wieder zurück. Und dann der Besuch von 1954, der fast wie ein Abschied wirkt.

Dieses Buch Il Veneto di Hemingway ist eine Verneigung vor Hemingway, ebenso wie eine Ode an die Stadt am Canal Grande. Man spürt Venedigs morbiden Charme, diesen Hauch von Vergänglichkeit, und doch, so schreibt Ernest Hemingway, man wird niemals alt in dieser Stadt. Ebenso wie diese Stadt nicht zu altern scheint.

Man mag sich davon überzeugen, wenn man an den Ecken und auf den Plätzen des Hemingway’schen Venedig nachschaut. Und in der Tat stellt man verblüfft fest, alles noch da, wie auf den vergilbten Fotos, nichts altert, nichts ist vergänglich.

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