Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Schnee auf dem Kilimandscharo

Fantastisch: Schnee auf dem Kilimandscharo

Die beste Kurzgeschichte von allen. Ernest Hemingway: Schnee auf dem Kilimandscharo.

Literarisch fängt Ernest Hemingways Kurzgeschichte Schnee auf dem Kilimandscharo mit einem Erdbeben an – und steigert sich. Der Kilimandscharo ist ein schneebedeckter Berg von 6.007 Metern Höhe und soll der höchste Berg Afrikas sein. Sein westlicher Gipfel heißt in der Sprache der Massai ‚Ngàje Ngài‘, das Haus Gottes. Dicht unter dem westlichen Gipfel liegt der ausgedorrte und gefrorene Kadaver eines Leoparden. Niemand kann sagen, was der Leopard in dieser Höhe gesucht hat.

So lautet das rätselhafte Vorzitat von Schnee auf dem Kilimandscharo, das auch im Originaltext kursiv gesetzt wird. Ernest Hemingway deutet schon in dieser Einleitung eine tiefe Sehnsucht an. Den hohen Gipfel des Kilimandscharo erreichen. Hin zu Gott. Offen lässt der Autor, ob er philosophisch zu Gott strebt, weil er den Sinn in seinem Leben sucht. Oder ob er gottesgleich von oben herrschen will. Unsterblich sein, auch diesen Wunsch mag er in sich tragen.

Die Handlung ist schnell erzählt: Der Schriftsteller Harry, mit Ehefrau Helen, befindet sich auf Fotosafari in Ostafrika. Dort erkrankt er schwer, ein kleiner Dorn hat sich ins rechte Knie geritzt, der Wundbrand befällt schließlich das ganze Bein. An medizinische Hilfe ist in der einsamen Steppe nicht zu denken. Die Natur, sonst lieblich und trostreich, wirkt bei Hemingway mit einem Mal bedrohlich. Hyänen und Aasgeier tauchen auf – der Geruch des Sterbenden zieht sie an.

Auch als Lebensbeichte des Ernest Hemingway kann man diese Kurzgeschichte lesen. Harry ist seiner Ehe mit Helen, einer reichen Frau überdrüssig, seine Seele hat Fett angesetzt. Trägheit, Snobismus und Hochmut haben sich in sein Leben geschlichen. Der stolze Schriftsteller Harry ist es leid, sich aushalten zu lassen. Im richtigen Leben ist es ähnlich. Die Kurzgeschichte, im Jahr 1936 erstmals veröffentlicht, ist ein Tiefschlag für Ernests Ehe mit Pauline Pfeiffer.

Ernest Hemingway ist – wie immer – leicht zu entschlüsseln, weil er sich allen Kummer von der Seele schreibt. So auch in Schnee auf dem Kilimandscharo: Überdeutlich wird die zweite Mrs. Hemingway in der Figur der Helen nachgezeichnet. Auch Paulines Familie ist steinreich, ihr Uncle Gus zahlt dem jungen Ehepaar so ziemlich alles. Er schenkt der vierköpfigen Familie das herrschaftliche Haus in Key West, er finanziert die mehrmonatige Safari nach Afrika.

Die Streitereien zwischen Harry und Helen wirken zunächst wie die Aufforderung an ihn selbst, sein Leben nicht durch Komfort und Bequemlichkeit zu vergeuden. Wo andere dem Ehepartner die Scheidungspapiere schicken, schickt Ernest Hemingway eine Kurzgeschichte. Der kernige Abenteurer hat die Schnauze voll von der erzkatholischen Pauline und dem wohlfeilen Gepränge. Sein Blick richtet sich auf Wichtigeres – den Bürgerkrieg in Spanien – und auf eine neue Frau. Martha Gellhorn.

Diese wunderbare short story, eine der besten aller Zeiten, verdichtet Hemingways Themen: Leben, Liebe und Tod. Unverblümt findet in Schnee auf dem Kilimandscharo unter den Augen der gesamten Leserschaft ein persönliches Tabula rasa statt. Ein – trotz aller Erfolge – an sich zweifelnder, unzufriedener Ernest Hemingway unterzieht sein Denken, sein Verhalten und seine Werte einer schonungslosen Prüfung, so als habe seine letzte Stunde geschlagen. Und er scheut nicht, eigene Fehler einzugestehen.

Insofern verwundert es nicht, dass der im Sterben liegende Harry zahlreiche Rückblenden auf seinen – ergo Hemingways – Lebensweg einbaut. Der Schriftsteller Harry erinnert sich in poetischen Rückschauen an seine Anfangsjahre in Paris mit der ersten Ehefrau, an die Schneeurlaube im österreichischen Winter, an Triberg im Schwarzwald und an seine erotischen Eskapaden in Konstantinopel. 

Der bärtige Autor aus Chicago, jener Leopard unter den Schriftstellern, will das

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Ernest Hemingway liebt Afrika

Ernest Hemingway mit einem Massai in Ostafrika, im Jahr 1953. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Der amerikanische Schriftsteller braucht die Zurückgezogenheit auf seiner Finca Vigía in San Francisco de Paula. Von seinem kubanischen Refugium aus bereist Ernest Hemingway die Welt. Es war lange Zeit ein schönes Leben, und es ist immer noch eine schöne Zeit, wenn man uns in Ruhe lässt. Wir werden immer hierher zurückkehren, wohin wir auch gehen mögen. Das hier ist unser Zuhause. Und du lässt dein Zuhause niemals im Stich, du kämpfst darum. Spanien und Afrika sind gute Länder, aber sie sind von Touristen überlaufen.

Der Autor aus Chicago fürchtet, dass auch sein Afrika von der Moderne überrollt wird. In Afrika findet er seine Welt wieder, ursprünglich, unverfälscht, fokussiert. Die Jagd nach den Antilopen und den Büffeltieren während der wochenlangen Safaris elektrisiert ihn. Warum habe ich so viele Tiere getötet, fragt der passionierte Jäger Hemingway selbstkritisch seinen Schwarm Ava Gardner, die Hollywood-Schönheit. Vielleicht war es nicht richtig, die Tiere zu töten. Aber wenn ich sie nicht getötet hätte, hätte ich mich wahrscheinlich selber getötet.

Im Jahr 1933 nehmen Hemingway und seine Ehefrau Pauline Pfeiffer an einer zehnwöchigen Safari in Ostafrika teil. Uncle Gus, der reiche Bruder von Paulines Vater, zückt sein Portemonnaie. Der US-Autor mit Wohnsitz Südflorida lässt sich von der afrikanischen Steppe inspirieren für seine neuen Buchprojekte, für Die grünen Hügel Afrikas, ebenso wie für seine beiden Kurzgeschichten Schnee auf dem Kilimandscharo und Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber.

Das Ehepaar besucht die Städte Mombasa, Nairobi und Machakos in Kenia, danach brechen Ernest und Pauline in der Serengeti und in den Tarangire-Nationalpark von Tansania auf, zur Jagd auf die Wildtiere. Ihr Guide in der endlosen Steppe wird der berühmte englische Wildschütz Philip Percival, der legendäre weiße Jäger, der schon den amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt auf dessen Safari, im Jahr 1909, begleitet hat.

Die aufregende Zeit in Ostafrika wird von einer ernsthaften Erkrankung getrübt: Ernest Hemingway zieht sich

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