Ernest Hemingway mit einem Massai in Ostafrika, im Jahr 1953. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Der amerikanische Schriftsteller braucht die Zurückgezogenheit auf seiner Finca Vigía in San Francisco de Paula. Von seinem kubanischen Refugium aus bereist Ernest Hemingway die Welt. Es war lange Zeit ein schönes Leben, und es ist immer noch eine schöne Zeit, wenn man uns in Ruhe lässt. Wir werden immer hierher zurückkehren, wohin wir auch gehen mögen. Das hier ist unser Zuhause. Und du lässt dein Zuhause niemals im Stich, du kämpfst darum. Spanien und Afrika sind gute Länder, aber sie sind von Touristen überlaufen.

Der Autor aus Chicago fürchtet, dass auch sein Afrika von der Moderne überrollt wird. In Afrika findet er seine Welt wieder, ursprünglich, unverfälscht, fokussiert. Die Jagd nach den Antilopen und den Büffeltieren während der wochenlangen Safaris elektrisiert ihn. Warum habe ich so viele Tiere getötet, fragt der passionierte Jäger Hemingway selbstkritisch seinen Schwarm Ava Gardner, die Hollywood-Schönheit. Vielleicht war es nicht richtig, die Tiere zu töten. Aber wenn ich sie nicht getötet hätte, hätte ich mich wahrscheinlich selber getötet.

Im Jahr 1933 nehmen Hemingway und seine Ehefrau Pauline Pfeiffer an einer zehnwöchigen Safari in Ostafrika teil. Uncle Gus, der reiche Bruder von Paulines Vater, zückt sein Portemonnaie. Der US-Autor mit Wohnsitz Südflorida lässt sich von der afrikanischen Steppe inspirieren für seine neuen Buchprojekte, für Die grünen Hügel Afrikas, ebenso wie für seine beiden Kurzgeschichten Schnee auf dem Kilimandscharo und Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber.

Das Ehepaar besucht die Städte Mombasa, Nairobi und Machakos in Kenia, danach brechen Ernest und Pauline in der Serengeti und in den Tarangire-Nationalpark von Tansania auf, zur Jagd auf die Wildtiere. Ihr Guide in der endlosen Steppe wird der berühmte englische Wildschütz Philip Percival, der legendäre weiße Jäger, der schon den amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt auf dessen Safari, im Jahr 1909, begleitet hat.

Die aufregende Zeit in Ostafrika wird von einer ernsthaften Erkrankung getrübt: Ernest Hemingway zieht sich auf der Jagdreise einen schlimmen Darminfekt zu und muss nach Nairobi geflogen werden, wo er im Krankenhaus gegen die Amöbenruhr behandelt wird. Trotz all der gesundheitlichen Tiefschläge wird der Ausflug auf den schwarzen Kontinent literarisch zu einem Erfolg.

Bei seinen aus Afrika inspirierten Werken ragt eine Short Story von etwa 40 Seiten heraus: The Snows of Kilimanjaro. In der Kurzgeschichte Schnee auf dem Kilimandscharo verarbeitet Ernest Hemingway einige seiner Safari-Erlebnisse in Kenia und Tansania, streut zusätzlich auch eindrucksvolle Rückblenden auf seine glücklichen Jahre in Europa ein.

Zudem fängt diese Short Story mit der wohl besten Hemingway-Ouvertüre überhaupt an: Der Kilimandscharo ist ein schneebedeckter Berg von 6.007 Metern Höhe und soll der höchste Berg Afrikas sein. Sein westlicher Gipfel heißt in der Sprache der Massai ‚Ngàje Ngài‘, das Haus Gottes. Nahe am westlichen Gipfel liegt der ausgedorrte und gefrorene Kadaver eines Leoparden. Niemand kann sagen, was der Leopard in dieser Höhe gesucht hat.

Die zahlreichen Auslandsreisen beflügeln den Schriftsteller mental wie thematisch, sie weiten den Horizont des US-Autors, regen ihn zu neuen Erzählungen an und bereichern den Fundus seiner Themen. Er wird, nicht zuletzt durch die Exotik Afrikas geprägt, zum Weltbürger und Weltenbummler. Er merkt, dass es ihn von den USA wegzieht. Ende der 1930er Jahre siedelt er – mit einer neuen Liebe – von Key West nach Kuba über.

Und noch eines fasziniert ihn an Afrika: Der Überlebenskampf ist hart und der Gedanke an den Tod ist dort stets präsent. In den einsamen Steppen Ostafrikas, bei den Massai, kann er das Umherschleichen vervollkommnen, es gibt keinen besseren Jäger als einen Massai mit seinem Speer. Die Massai trinken saroi, das Blut ihrer Rinder, das sie mit Milch verdünnen, weil es in der baumlosen Graslandschaft zu wenig Wasserstellen gibt.

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