Pamplona
Fiest de San Fermin
Ernest Hemingway
Der Besuch des Bullenrennens im Juli 1923 dient als Grundlage für Ernests Hemingways erste große Erzählung The Sun Also Rises.

Seit Ende 1921 lebt Ernest Hemingway mit seiner Frau Hadley in Paris. Privat reist das frisch vermählte Ehepaar viel und erkundet den Kontinent. Als junger Korrespondent in Europa entwickelt Ernest Hemingway ein genaues Sensorium für Menschen und Milieus. Der 22-jährige Amerikaner aus Chicago erweist sich als messerscharfer Beobachter von Personen und Geschehnissen.

Er hatte gesehen, wie die Welt sich veränderte; nicht nur die großen Ereignisse; obwohl er viele davon miterlebt und die Menschen beobachtet hatte, aber er hatte die feineren Veränderungen gesehen und konnte sich erinnern, wie die Menschen zu verschiedenen Zeiten gewesen waren. Er war dabei gewesen, und er hatte es beobachtet, und es war seine Pflicht, darüber zu schreiben.

Vor allem entdecken die beiden Amerikaner die iberische Halbinsel für sich. Von Gertrude Stein erhalten sie den Tip, den Encierro in Pamplona zu besuchen, die Schriftstellerin aus Pittsburgh und ihre Gefährtin Alice Toklas kennen das Spektakel seit 1915. Noch ist es ein Geheimtipp, ein lokales Ereignis im Baskenland. Erst Ernest Hemingway sollte es mit seinen Erzählungen in das Bewusstsein der Welt katapultieren.

Am 5. Juli 1923 besteigen Ernest und Hadley in Paris einen Zug nach San Sebastian. Von dort geht es weiter nach Pamplona. Am 7. Juli beginnt das Spektakel. Um acht Uhr morgens werden beim Encierro sechs kräftige Kampfstiere mit einem Gewicht von 600 Kilos frei laufend durch die abgeriegelten Straßen der Altstadt bis zur Plaza de Toros gejagt. Auf dieser Strecke von 826 Metern, für die die Stiere keine vier Minuten brauchen, laufen übermütige junge Männer vorweg.

Jeder Mozo, so werden die Läufer genannt, trägt ein weißes Hemd und eine weiße Hose sowie ein rotes Halstuch und eine rote Schärpe. Vor Beginn des Laufes bitten die Mozos an der Statue des Schutzpatrons San Fermín um Beistand „Viva San Fermín! Gora San Fermin!“ Es lebe San Fermín!, rufen die Läufer, auf Spanisch und auf Baskisch.

Im Sommer 1923 ist das Wetter fürchterlich im Baskenland, es regnet und am 10. Juli verzeichnet der iberische Nordosten ein mildes Erdbeben von 12 Sekunden. Der Encierro wird an diesem Tag ausgesetzt. Auch am nächsten Morgen, am 11. Juli, wird es nicht besser. Ein Erdbeben von drei Sekunden folgt und es schüttet unaufhörlich. Das Bullenrennen wird ein weiteres Mal aufgeschoben.

Erst am Nachmittag des 12. Juli 1923 hört es dann endlich auf zu regnen. Um 17,30 Uhr findet das verschobene Bullenrennen mit anschließender Corrida statt. Am nächsten Tag, dem 13. Juli, einem Freitag, haben die Toreros Pech. Zwei Matadores werden schwer verwundet, erst dem dritten, José García Carranza, auch bekannt als Pepe el Algabeño Hijo, gelingt es, fünf Bullen in Reihe zu erlegen.

Zum Abschluss des Festes zu Ehren des heiligen Firminus versammeln sich um Mitternacht die Bewohner in der Altstadt von Pamplona auf der Plaza Consistorial vor dem Rathaus und stimmen mit brennenden Kerzen in der Hand ihr Klagelied Pobre de mí an:

Pobre de mí,
pobre de mí,
se han acabado
las fiestas de San Fermín.

Ach ich arme Seele,
ach ich arme Seele,
vorbei ist nun
das Fest von San Fermín.

Als das Ehepaar am 14. Juli die Heimreise nach Paris antritt, ist Ernest ein Aficionado des Encierro. Die Sanfermines erweisen sich als eine Gaudi so ganz nach Hemingways Gusto. Der Bullenauftrieb im Juli wird zu einem heiligen Termin im Kalender des Schriftstellers.

Wenn es denn die Zeitläufte zulassen, zieht es auch diese arme Seele zum Encierro, in Pamplona findet er seine Welt. Diese fast sakrale Mischung aus Heiterkeit und Wehmut faszinieren den Mann aus der bigotten Vorstadt. Der Autor aus Chicago erkennt in der Stierkampfarena jene Tugenden, die ihm wichtig sind: Tapferkeit, Mut und Würde – selbst im Angesicht des Todes.

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