Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Kategorie: Spanien Seite 2 von 7

Das Wunder am Jakobsweg: Ernest Hemingway und das Piano von Burguete

Hemingway
Burguete
Im schlichten Hostal Burguete hat Ernest Hemingway auf seinem Weg zum Rio Irati mehrmals übernachtet. Und während seines Besuches in dem Pyrenäendorf Burguete trägt sich Magisches zu. Foto: W. Stock, 2024.

Im Juli 1923 machen sich Hemingways Romanfiguren Jake Barnes und Bill Gorton mit dem Bus auf ins ländliche Hinterland von Pamplona, um im Bergbach Irati viele Bachforellen zu angeln. Das Ziel der beiden Freunde: der baskische Marktflecken Burguete. In seinem Erstling Fiesta aus dem Jahr 1926 erzählt der Amerikaner ausführlich über den Ausflug seiner Protagonisten in die Pyrenäen.

Die grüne Ebene dehnte sich. Sie war von Zäunen durchschnitten, und das Weiß der Straße schimmerte zwischen den Stämmen der Doppelreihe von Bäumen, die nach Norden hin die Ebene kreuzte. Als wir ans Ende der Anhöhe kamen, sahen wir die roten Dächer und weißen Häuser von Burguete vor uns in der Ebene aufgereiht und in der Ferne an der Flanke des ersten dunklen Bergs das graue, mit Metall verkleidete Dach des Klosters von Roncesvalles.

Die beiden Freunde finden Unterschlupf im Hotel Burguete, wo Hemingway 1924, 1925 und 1931 absteigt. Es ist einfaches Landgasthaus, heute heißt es Hostal Burguete. Welches Zimmer Hemingway zugewiesen bekommt, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehen, zumal das Hotel in den 1930er Jahren aufgestockt worden ist. Es könnte die Kammer mit der Nummer 8 sein, heute ist es die Numero 23. Da Hemingway der einzige Gast gewesen ist, müsste es das beste Zimmer in der oberen Etage, mit Ausblick auf den Pyrenäenkamm gewesen sein.

Aus diesem Raum fällt der Blick auf das weiter nördlich gelegene Dorf Roncesvalles, dessen Augustinerkloster aus dem Jahr 1132 – die Real Colegiata de Santa María – den Pilgern des Camino de Santiago als Rast- und Übernachtungsstation dient. Der Marsch über die Pyrenäenpässe wird von den Jakobspilgern gerne genutzt, um die Küstenroute mit den vielen Flussüberquerungen zu vermeiden. In Roncesvalles laufen gleich drei Wanderstrecken des Jakobswegs zusammen, von hier sind es noch 700 Kilometer bis zur Grabeskirche des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela. Gerne machen die Pilger auch im Hostal Burguete Rast, das 12 Doppelzimmer zur Übernachtung anbietet. 

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Bunte Landkarten zeigen im Hostal Burguete die Pilgerstrecke von Roncesvalles nach Pamplona, für die man zwei Tage braucht. Foto: W. Stock, 2024.

Marieta, die damalige Besitzerin des Hotel Burguete, beschreibt Hemingway in seinem Roman Fiesta durchaus mit einem feinen Schuss Spott. Heute wird das Hostal in der Calle San Nicolás 71 von Marietas Urenkel Iñaki Urdiduz geleitet. In Hemingways altem Zimmer hängt ein Portrait von ihm. Im Erdgeschoss gibt es ein Klavier, an das sich Bill setzt und spielt, so beschreibt es Ernest in Fiesta.

Wir wuschen uns, zogen Pullover an und gingen nach unten in den Speiseraum. Der hatte einen Steinfußboden, eine niedrige Decke und eichenvertäfelte Wände. Die Fensterläden standen alle offen, und es war so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte. (…) In einer Ecke hinter den Holztischen stand ein Klavier, und Bill ging hin und begann zu spielen. „Ich muss mich warm halten“, sagte er.

Fiesta ist in weiten Teilen autobiografisch, wenn auch leicht verfremdet. Jedenfalls ist Ernest Hemingway wirklich in Burguete gewesen ist, allerdings mit Hadley. Wahrscheinlich ist es seine Ehefrau, die das Klavier gespielt hat, sie beherrscht das Instrument seit Jugendtagen. Das Klavier steht noch heute da, im Frühstücksraum mit der dunklen Holztäfelungen. Wenn man die Tastenklappe öffnet, kann man eine Gravur entdecken:

E. Hemingway
25 – 7 – 1923

Höchstselbst habe der Schriftsteller sich mit seinem Namen auf dem Korpus des Klaviers verewigt, sagt Iñaki. Mit einem spitzen Messer, selbst eingeritzt. Bei seinem ersten Besuch im Jahr 1923. Danach sei er nochmals drei weitere Male nach Burguete gekommen und habe im Hostal übernachtet.

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Ein wenig scheint der Radiergummi über die letzte Silbe beim Namen Hemingway am Klavier im Hostal Burguete gefahren zu sein.

Doch würde ein Amerikaner das Datum so schreiben? Wohl eher 7 – 25 – 1923. Und dann kommen weitere Zweifel. Ernest erster Besuch in Burguete ist für das Jahr 1924 belegt, mit seiner Ehefrau Hadley und zwei Freunden, dem Journalisten-Kollegen Bill Bird und dem Verleger Robert McAlmon.

Auch kommt einem das Piano aus dem Hostal Burguete wie ein richtiges Wunderding daher. Denn am 25. Juli 1923 ist Ernest Hemingway nachweislich in Paris gewesen. Irgendwie erscheint diese Gravur als ein Werk der Metaphysik. Als der US-Autor Robert F. Burgess das Hostal im Jahr 1997 besucht und die Gravur stolz gezeigt bekommt, reibt er sich verwundert die Augen.

E. Heminway
25 – 7 – 1923

steht da. Da konnte jemand Hemingways Name nicht richtig schreiben, sagt Robert zu Iñaki. Der Name Hemingway ist in der Tat

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Das ‚Gran Hotel La Perla‘ in Pamplona und Ernest Hemingway

Hotel La Perla Pamplona
In der nordöstlichen Ecke der Plaza del Castillo von Pamplona liegt das Gran Hotel La Perla. Foto: W. Stock, April 2024.

Ein Lebemann wie Ernest Hemingway ist dafür bekannt, in den besten Hotels abzusteigen. Das Ritz in Paris, das Pera Palace in Konstantinopel oder das Gritti in Venedig. In Pamplona soll seine Wahl auf das Hotel La Perla gefallen sein. Wie könnte es anders auch sein. Majestätisch thront der rechteckige Hotelkomplex auf dem zentralen Platz der Stadt, der Plaza del Castillo.

Das Gran Hotel La Perla verfügt über 44 Zimmer, alle mit kleinem Balkon zur Calle Estafeta oder zum Hauptplatz. Einige Zimmer sind historischen Persönlichkeiten gewidmet, die in ihnen gewohnt haben, wie die Suite, die nach Ernest Hemingway benannt ist. Oder Zimmer, die Orson Welles, die Matadores Manolete und Cayetano Ordóñez, den Maler Ignacio Zuloaga und das Filmgenie Charles Chaplin als Gäste gesehen haben.

Im Jahr 1881 beginnt die Geschichte des La Perla. Es ist das einzige Fünf-Sterne-Hotel in Pamplona. Die privilegierte Lage im Herzen der Stadt macht es zu einem königlichen Wohnzimmer. Elegant steht das Gran Hotel Perla da, in der nordöstlichen Ecke der Plaza del Castillo, klassisch und in zeitloser Architektur. Optisch in klarer Farbe und in der Haltung selbstbewusst.

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Das Hotel ist nicht besondern groß und imposant, doch geht der Laufweg der Bullen während der Sanfermines an einer Seite des Hotels vorbei. Foto: W. Stock, April 2024.

Bei den ersten Besuchen reicht das Geld bei den Hemingways nicht für das Luxushotel, erst in späten Jahren soll der dann berühmte Schriftsteller im La Perla das Zimmer mit der Nummer 217 bewohnt haben. Heute trägt nach Renovierungen dieser Raum die Nummer 201. Der Blick vom Balkon geht auf die Calle Estafeta, wo er während der Sanfermines jeden Morgen den Bullenauftrieb beobachten konnte.

Das Hotel La Perla steht nicht am Anfang seiner Aufenthalte in Pamplona. Beim ersten Besuch im Juli 1923 steigen Ernest und Hadley in einer billigen Pension im vierten Stock der Calle Eslava ab, Nummer 5, das Geld sitzt bei dem weitgehend unbekannten Journalisten nicht locker. Ein Jahr später kann das Ehepaar sich das Hotel Quintana leisten – eine Unterkunft der guten Mittelklasse.

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Das Gran Hotel La Perla macht nicht viel Aufsehen über seine fünf Sterne. Es ist einfach da, an dem großen Platz in Pamplona. Foto: W. Stock, April 2024.

Auch das Hotel Quintana befindet sich an der Plaza del Castillo. In Hemingways Roman Fiesta heißt die Herberge Hotel Montoya, es gehört Juanito Quintana. Der Hotelbesitzer wird zu einem guten Freund, in seiner Erzählung nennt der Schriftsteller ihn Señor Montoya. In diesem Hotel kommt er auch die nächsten Jahre unter, zu den Sanfermines von 1924, 1925, 1926, 1927, 1929 und im Jahr 1931. Die ehemaligen Hotelzimmer befinden sich über einer Bierklause, von außen sieht alles aus wie damals.

Es ist Juanito Quintana, der den Amerikaner in die Zirkel einführt. Ernest lernt Cayetano Ordóñez kennen, el Niño de la Palma, einen der besten Matadores seiner Zeit. Mit ihm und seinem Sohn Antonio Ordóñez entwickelt Hemingway eine enge Freundschaft. Der US-Autor und Quintana teilen die Begeisterung für den Stierkampf und sind beide politisch auf Linie der liberalen und linken Republik. Später, als es im Jahr 1936 zum Ausbruch des Bürgerkrieges kommt, wird

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Das Lieblingsgericht des Ernest Hemingway in Pamplona

Deftiges wie der Jamón Ibérico und Fritiertes mit den Galletas und all die variablen Croquetas kommen in Pamplona auf den Tisch. Foto: W. Stock, April 2024.

Jacob Barnes, Robert Cohn und die Freunde Bill, Mike und die verführerische Lady Brett Ashley bringen in Hemingways Debutroman Fiesta ihre Probleme und Traumata mit in das Baskenland. Gefühlschaos, Seitensprünge, Alkoholismus und Obsessionen. Man nennt sie die Verlorene Generation, wegen des Werte-Dammbruchs, verursacht durch den Ersten Weltkrieg. Alle Ideale sind im Pulverdampf der Schützengräben verglüht, neue Ideen, eine Sichtweise, neue Inspirationen werden verzweifelt herbeigesehnt.

Die Truppe wird geerdet in Pamplona. Nicht unbedingt die Protagonisten der Erzählung, jedoch ihr Verfasser. Die Zeit scheint wie angehalten in Pamplona. Man feiert, trinkt und isst, so wie man auch vor dreihundert Jahren gefeiert und gegessen hat. Da hetzt man dem Neuen und Unbekannten hinterher, und merkt dann irgendwann, es ist das Bewährte und Althergebrachte, das für den inneren Frieden sorgt. Die Stille der Natur, die alten Gebräuche, die angestammten Umgangsformen und die traditionellen Speisen.

Ernest ist von Paris verwöhnt, doch die baskische Gastronomie ist in Qualität und Vielfalt nochmals ein Stück näher der Natur. Und Ernest schwärmt von den Meeresschnecken, den Tintenfische, den Garnelen, von den Jungfisch-Aalen nach Bilbao-Art, von den Koteletts mit Paprika, von den Sardellen und dem gebratenen Lachs mit Sauce Béarnaise, vom Thunfisch und dem Steinbutt.

Kulinarisch hält Euzkadi, wie die Region heute heißt, nicht hinter dem Berg. Seine baskischen Lieblingsgerichte erwähnt er in Wem die Stunde schlägt und in Der gefährliche Sommer. Der Amerikaner mag die deftige baskische Küche. Ein estofado de toro, den cordero en chilindrón, ein paar magras de jamón con tomate, es ist kulinarisch seine Welt. Stiergulasch, Lamm in Paprikaschoten, mageren Schinken mit Tomaten. Dazu stets den guten Wein aus  Navarra.

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Das Ajoarriero Estilo Iruña mit pochiertem Ei ist für den schnellen Hunger vor einer weinseligen Fiesta. Foto: W. Stock, April 2024.

In der ehemaligen Casa Marceliano in der Calle Mercado sind heute Behördenbüros untergebracht. Das Restaurant musste im Jahr 1993 die Pforten schließen, nun arbeiten hier Beamte der Stadtverwaltung. Früher war dies eine klassische Taverne, direkt rechts neben der Kirche Iglesia de los Padres Dominicos. Der Amerikaner hat hier gerne zu Mittag gegessen.

Nachdem Hemingway während der Sanfermines von 1926 dieses Lokal entdeckt hat, wird es sein Favorit. Manchmal wird bis in die Morgenstunden gefeiert. Im Jahr 1953 schreibt er: In Pamplona hatten wir unsere geheimen Orte wie die ‚Casa Marceliano‘, wohin wir nach dem ‚encierro‘ zum Essen, Trinken und Singen gingen. Das Holz der Tische und Treppen ist so sauber und geschrubbt wie das Deck oder Teakholz einer Yacht, mit dem Unterschied, dass die Tische schrecklich mit Wein bekleckert sind.

Seit seinem ersten Besuch in der Casa Marceliano schwärmt der Amerikaner vom Bacalao al Ajoarriero, einem typischen Gericht aus Navarra. Es wird zu seinem Lieblingsgericht. Ein entsalzter, in Stücke zerkleinerter Kabeljau in einem Sud aus Tomaten, Paprika, Knoblauch, Zwiebeln, Olivenöl und Petersilie. Dazu pochierte Eier. Der Bacalao al Ajoarriero ist ein volkstümliches Eintopf-artiges Schnellgericht, ideal als kleine Mahlzeit in einer Gruppe von Freunden oder in Familie.

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Ein Himmelreich aus Vanille. Die Torrija im Café Iruña stellt so ziemlich jeden Nachtisch in den Schatten. Foto: W. Stock, April 2024.

Nun ist der herbe, fischige Geschmack nicht jedermanns Sache. Man muss danach die dominante Würze des Stockfisches gründlich löschen, mit rotem Hauswein aus Navarra beispielsweise, oder mit einer süßen Nachspeise aus der Region. Die Empfehlung kann hier lauten: Eine Torrija con helado de vainilla. Eine Tunkschnitte, ähnlich

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Im ‚Txoko‘ von Pamplona fühlt sich Ernest Hemingway wohl im Leben

Das Txoko auf der Plaza del Castillo von Pamplona. Foto: W. Stock, April 2024.

Von dieser Bar gibt es Dutzende Fotografien mit Ernest Hemingway, meist umrundet von Freunden und Bewunderern. Und man sieht einen glücklichen Schriftsteller aus Chicago, der auf der Terrasse der Bar Txoko von Pamplona sitzt und sich wohl fühlt im Leben. Diese Taverne befindet sich in der südlichen Ecke der Plaza del Castillo Nummer 20, dort wo die Calle Espoz y Mina auf den großen Platz einmündet.

Das Txoko steht unterhalb des ehemaligen Hotels Quintana, für den US-Amerikaner ist die Bar so etwas wie der vorgelagerte Speisesaal des Hotels gewesen. Auch Miss Mary verrät in ihren Memoiren How it was, dass im Txoko traditionell gefrühstückt wurde und es das Lieblingslokal von ihm gewesen sei. „Unser öffentliches Leben spielte sich in der Bar Choko ab, unter den Arkaden vor dem Hotel, das einmal Juanito Quintana gehört hatte.“

Im Spanischen heißt das Lokal Bar Choco, unter diesem Namen hat sie Ernest Hemingway in den Jahren 1953, 1956 und 1959 gekannt. Txoko auf Baskisch, die Basken sind stolz auf ihre Sprache. Zurecht, es ist ein kleines idiomatisches Juwel, von nur 700.000 Menschen im spanischen Norden gesprochen. Das Baskische ist in Europa die einzige isolierte Sprache, sie ist mit keiner anderen bekannten Sprachfamilie verbunden. Deshalb bleiben wir beim Txoko.

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Das Txoko, ein Favorit von Ernest Hemingway im baskischen Pamplona. Foto: W. Stock, April 2024.

Seit 1920 gibt es das Txoko. Berühmt sind die Picoteos, kleine Apetithäppchen, die anderswo Pintxos genannt werden. Croquetas, Calamar, Pollo con Salsitas, den Jamón Ibérico, Migas de Pastor, Calabacín, eine Zucchini mit Käse und Honig. Die Preise sind nicht zu teuer und nicht zu billig, wie jede gute Bar zieht sie die Menschen über alle Schichten und Geschichten an. Die Geschäftsleute, den Händler, den Touristen und auch die Pilger auf dem Jakobsweg.

Unter großen weißen Sonnenschirmen sitzen die Gäste und beobachten das Treiben auf der Plaza. Über dem Eingang prangt Café Bar Txoko, zwei breite Flügeltüren geben den Eingang zur Schänke frei. Auf der Karte tummeln sich, sagen wir, solides Mittelmaß. Das Txoko scheint eher eine Bar für den schnellen Cortado und den kleinen Tinto.

Ernest Hemingway ist noch präsent, wie kann es anders sein. Auch wenn diese Bar die Erinnerung an ihn langsam verblassen lässt. Viele Besucher kommen vorbei und bestellen das gleiche wie er. Sein Lieblingsgetränk sei der Vanilla Milkshake mit Cognac gewesen, meint der Wirt. Aha!

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Bocadillos und Picoteos gehören zu den Spezialitäten der Bar Txoko in Pamplona. Foto: W. Stock, 2024.

Im Jahr 1959, bei seinem letzten Besuch bei den Sanfermines, ist es für Ernesto, als erlebe er aufs Neue die 1920er Jahre: Das Land unverdorben vorzufinden und es noch einmal mit den Personen, die mich begleiteten, genießen zu können, machte mich so glücklich wie nie zuvor, und all die Menschenmassen und modernen Neuerungen in Pamplona waren bedeutungslos dagegen. 

Diese Reise zurück in die Jugend hat Ernest Hemingway in seinem Buch The Dangerous Summer – zu Deutsch: Gefährlicher Sommer – festgehalten. Er ist wieder da in Pamplona, sitzt auf der Terrasse des Txoko und ist

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Ernest Hemingway trägt Pamplona im Herzen – und umgekehrt

Alles dreht sich um den Stier in Pamplona. Und ein US-Schriftsteller spielt dabei eine tragende Rolle. Foto: W. Stock, April 2024.

Das Herz des Hemingway’schen Baskenlandes schlägt in Pamplona. Zwischen 1923 und 1959 hat er die Stadt zehnmal besucht, mit einer langen Pause von zwei Jahrzehnten nach dem verlorenen Bürgerkrieg. Ab 1953 ist der Schriftsteller dann wieder regelmäßig in Nordspanien. Der alljährliche Bullenauflauf der Sanfermines Mitte Juli bleibt ein heiliger Termin in seinem Kalender. Rund um die Plaza del Castillo spielt sich die Welt des Ernest Hemingway ab.

Pamplona – in der baskischen Sprache: Iruña ist die Hauptstadt der autonomen Region Navarra. Vieles hat sich in den letzten hundert Jahren zum Besseren verändert, anderes aus Hemingways Zeit ist leise verschwunden. Die Bar Torino, das Café Kutz, das Café Suizo, die Casa Marceliano in der Calle Mercado. Und das Hotel Quintana oder sein Lieblingsrestaurant Las Pocholas im Paseo Sarasate.

Das Café Iruña trotzt den Widrigkeiten der Zeitläufte. Besonders das Iruña ist ein Fixstern, wenn man seinen Hemingway-Weg in Pamplona ablaufen will. Es kann einen ziehen zur Calle Eslava Nummer 5, zu einer billigen Pension, wo er gewohnt hat als er es nicht so dicke hatte. Oder gleich zur Plaza de Toros, zu der in diesen Tagen ein Paseo Hemingway führt.

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In Pamplona werden die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis zur Eröffnung des Spektakels im Juli herunter gezählt. Foto: W. Stock, April 2024.

Die Zeit scheint wie angehalten in Pamplona, auf eine merkwürdige Art und Weise retardiert. Die Basken sind ein eigenwilliges Volk, sehr auf Eigenständigkeit und Selbstbestimmung bedacht. Mit großem Stolz auf die eigene Sprache und Kultur. Als Volk, dessen Vorfahren überwiegend aus Fischern und Seefahrern entstammt, besitzen sie einen ausgeprägten Sinn für Unabhängigkeit und Störrigkeit. Charaktereigenschaften, die Ernest Hemingway nicht nur gefallen, sondern auch seinem eigenen Wertesystem entstammen.

Ernest Hemingway wirkt wie ein Magnet. Besonders die Amerikaner werden vernarrt in die Sanfermines. Berühmtheiten kommen. Orson Welles, Arthur Miller, Inge Morath, der Nobel-Kollege Derek Walcott. Und dieser New Yorker James A. Michener, der so schöne dicke Bücher schreiben kann. Tausende Besucher kommen im Juli nach Pamplona, viele aus Übersee. Manche in der Stadt jedoch sehen die Meriten des Amerikaners aus einem Vorort von Chicago kritisch.

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Paseo de Hemingway. Der Amerikaner bekommt in Pamplona seinen Flanierweg, der zur Stierkampf-Arena führt. Foto: W. Stock, April 2024.

Er sei dafür verantwortlich, aus dem Volksfest einen Bullen-Ballermann gemacht zu haben. Aus Jux hat man Ernest Hemingway im Juni 2023, zu seinem Hundertjährigen, den Prozess gemacht. Vor einem fiktiven Gericht, mit Ankläger, Verteidigung, Geschworenen und Richter. Sein Roman Fiesta sei dafür verantwortlich, dass Horden von Touristen einfallen und dem Volk das Volksfest vermiesen. Nein, nein, meint die Verteidigung, Hemingway habe Pamplona und seine Kultur in der Welt bekannt gemacht und die Wirtschaft angekurbelt. Das Votum der Jury fällt knapp aus. Ernesto wird freigesprochen.

Einig sind sich alle, eine bessere Werbefigur wie Hemingway kann es nicht geben. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts ist Spanien Terra incognita gewesen, ein weitgehend unbekanntes Land am Rande Europas hinter den hohen Pyrenäen. Da muss erst ein US-Amerikaner kommen und schreiben über diesen Landstrich. Zum Glück kann er gut beobachten und tief einsteigen in die Kultur und Gepflogenheiten seines Gastlandes.

Solch ein Hemingway-Bummel durch Pamplona endet am besten an der Plaza de Toros, die im Jahr 1920 eingeweiht wurde. Am Ende der Gasse, die heute als Paseo de Hemingway seinen Namen trägt, thront eine Liebeserklärung in Stein. Vor dieser weltweit viertgrößten Stierkampf-Arena weiht

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Mittendrin und ein Teil davon – Ernest Hemingway im ‚Café Iruña‘ von Pamplona

Das Café Iruña in Pamplona, die gute Stube der Stadt. Foto: W. Stock, April 2024.

Wir tranken im ‚Iruña‘ unseren Kaffee, saßen in den bequemen Korbstühlen und schauten aus der Frische unter den Arkaden auf den großen Platz. Die Korbstühle sind, über hundert Jahren später, neu und immer noch bequem und die Plaza del Castillo nach wie vor noch gewaltig. Das Café Iruña in Pamplona spielt die heimliche Hauptrolle in Ernest Hemingways Erstling The Sun Also Rises. Denn dieses Café Iruña dient den Besuchern aus Übersee als Stützpunkt, von dem sie ausschwärmen in diese merkwürdige Sphären Nordspaniens.

Jacob Barnes und die Freunde kommen aus Paris, wir schreiben das Jahr 1923. Die quirlige Stadt an der Seine ist für einen Amerikaner eh schon die Vorhalle zum Paradies, doch das Baskenland mit einer rustikalen Archaik kann die Pariser Schüttelglas-Drolerie locker übertrumpfen. Nach nur ein paar Zugstunden werden die jungen Leute in einen isolierten Landstrich geworfen, in eine Terra incognita, die geheimnisvoll und sonderbar daher kommt.

So sieht unbekanntes Land aus. Jenseits der Pyrenäen pflegen die Bewohner mittelalterliche Riten und hetzen Bullen durch die engen Gassen der Altstadt. Stossgebete werden in einer knorrigen Sprache gen Himmel geschickt, und ganz normale Frauen und Männer tanzen wie außer Rand und Band zum Trommelwirbel, mit Kränzen aus Knoblauch um den Hals. Über die ganze Szenerie legt sich der Anflug eines ungewöhnlichen Zaubers.

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Die Zeit scheint wie gefroren im Café Iruña von Pamplona. Foto: W. Stock, April 2024.

Nach dem Essen gingen wir hinüber ins Iruña. Es war schon ziemlich voll, und als der Beginn des Stierkampfs nahte, wurde es noch voller, und die Tische wurden dichter zusammengeschoben. Ein dichtes Summen lag in der Luft, wie jeden Tag vor einem Stierkampf. Dieses Geräusch herrschte zu keiner anderen Zeit in dem Café, ganz gleich, wie voll es war. Das Summen hielt sich, und wir waren mittendrin und ein Teil davon.

Alles ist so ganz anders als in der bigotten Heimat. Und der Amerikaner Ernest Hemingway schreibt über all die Merkwürdigkeiten ein dickes Buch. Er verfasst einen Roman, der stilistisch ähnliches anrichtet wie die Jakobiner mit dem französischen Adel. The Sun Also Rises heißt das Werk, in Europa wird es übersetzt mit Fiesta. Die eigensinnige Verneigung des Mannes aus Chicago geht an das geerdete Pamplona. Und müsste man einen Baustein aus der Erzählung herausgreifen, die Wahl würde auf das Café Iruña fallen.

Am liebsten sitzt Hemingway draußen unter den Markisen des Iruña, bei einem Cognac und dem Kaffee. Und sein Blick schweift über die monumentale Plaza del Castillo von Pamplona. Mit einer Bibelstelle aus dem Prediger Salomo, Kapitel 1, Vers 5. beginnt Hemingway The Sun Also Rises. Das überrascht bei einem Atheisten wie ihm, es muss also etwas bedeuten. Oritur sol et occidit et ad locum suum revertitur ibique renascens. Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, dass sie wieder daselbst aufgehe. Eigentlich müsste The Sun Also Rises in der Übersetzung lauten: Die Sonne aber bleibt ewiglich. Darum geht es. Das „aber“ ist der Schlüssel.

Auch das Café Iruña, von Serafín Mata kurz vor den Sanfermines im Jahr 1888 eröffnet, besitzt diesen Hauch von Ewiglichkeit. Wie in einem Mikrokosmos vereint es Historie und Tradition des Baskenlandes. Von der Belle Époque bis heute scheint die Zeit wie gefroren. Marmortische, goldfarbene Säulen, Riesenspiegel, Emailleschilder, prächtige Leuchten im Jugendstil, die lang gestreckte Theke mit den Rollitos de Queso, den Patatas Bravas oder dem Jamón Ibérico. Im Café Iruña wird alles zusammen geführt. Das Alte und das Neue, die Stadt und das Land, Eleganz und Populäres, der Einheimische und der Fremde, der Millionär und der arme Schlucker.

Die Zeiten konnten dem Iruña wenig anhaben. Das Café hat Krieg und Despotie erlebt, Bombenschlachten und Terror – und doch steht

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Ernest Hemingway: Der Schmetterling und der Panzer

The Butterfly and the Tank. Im Monatsmagazin Esquire aus New York, Dezember 1938.

An diesem Abend ging ich zu Fuß vom Zensurbüro heim zum Hotel Florida, und es regnete. So startet Ernest Hemingway seine Erzählung Der Schmetterling und der Panzer. Diese Short Story von knapp 20 Seiten belegt ein weiteres Mal, die Korrespondenzen und Kurzgeschichten aus dem Spanischen Bürgerkrieg gehören mit zum besten, was Ernesto je geschrieben hat. In den Jahren 1936 bis 1939 befindet er sich auf dem Höhepunkt. Als Mann und als Schreiber.

Man kann die Qualität seiner spanischen Depeschen an dieser wenig bekannten Geschichte gut nachvollziehen. The Butterfly and the Tank hat Hemingway für Esquire geschrieben, in der Dezember-Ausgabe des Jahres 1938 wird sie veröffentlicht. Der Ich-Erzähler – ein Schriftsteller, wohl Ernest himself – beschließt, in der Bar Chicote noch schnell einen Drink zu sich zu nehmen. Das Lokal ist rappelvoll und der namenlose Literat setzt sich zu anderen an einen Tisch. 

Plötzlich betritt ein Zivilist in einem brauen Anzug die Bar und beginnt lachend einen Kellner mit einer Insektenspritze zu besprühen. No hay derecho, antwortet dieser, mit Würde. Das darf man nicht. Der Kerl wird aus der Bar geworfen, kommt aber blutverschmiert zurück und spritzt mit wildem Blick um sich. Eine Gruppe Uniformierter packt den Irren, einer der Soldaten setzt ihm eine Pistole auf die Brust und drückt ab. Der Spritzen-Mann liegt tot auf dem Boden. Die Ordnungshüter rücken wenig später an, doch der Mörder ist bereits über alle Berge.

Als die Polizei eingetroffen war, behielt sie alle stundenlang da. Zuerst rochen sie an allen Pistolen, um jene zu finden, mit der vor kurzem geschossen worden war. Tragisch: In der Insektenspritze befindet sich lediglich Eau de Cologne. Eigentlich für eine Hochzeit bestimmt. Das Ganze ist bloß ein übermütiger Jux gewesen. An dessen Ende eine Leiche am Boden liegt. Im Krieg. Bei den Guten. Der Spritzen-Mann hat mit einer Albernheit den Krieg vergessen lassen wollen.

Daraus könne eine gute Geschichte entstehen, merkt der Schriftsteller an zu seinen Tischgenossen. Energisch widerspricht ein Mädchen, das neben ihm sitzt. Er dürfe das nicht schreiben, es würde der spanischen Sache schaden. Als der Autor am nächsten Tag ins Chicote zurückkommt, erhält er vom Besitzer der Bar die gegenteilige Anregung. Er müsse diesen Vorfall unbedingt zu Papier bringen und schlägt als Titel Der Schmetterling und der Panzer vor.

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Esquire. Im Dezember 1938 mit einer Story von Ernest Hemingway aus dem Spanischen Bürgerkrieg.

Der Plot ist dicht und aussagekräftig aufgebaut. Es ist die meisterliche Kunst Hemingways über den Krieg zu schreiben, ohne dass im Text Pulverdampf oder Handgranaten für sprachliche Explosionen sorgen. Vielmehr erzählt er eine ungewöhnliche Geschichte aus dem Alltag in der spanischen Hauptstadt, abseits der Kampfhandlungen. Erstaunlich, wie viel lokales Kolorit der spätere Nobelpreisträger in dieser Kurzgeschichte unterbringt. Man merkt, er ist vor Ort.

Wir vernehmen, dass es bei den Republikanern eine Zensurbehörde gibt, dass durchaus unterschiedliche Sichtweisen bei den Loyalisten existieren. Wir erfahren, dass die Bars wegen des Artilleriefeuers früh schließen, dass der Tabak knapp ist und dass in der Sierra heftig gekämpft wird. Nonchalant streut der US-Amerikaner diese Sachverhalte ein, wir bekommen einiges mit über diesen Bürgerkrieg, denn bei Lichte besehen, diese Geschichte könnte in jeder anderen Großstadt stattfinden, auch ohne Krieg.

Zudem leistet sich Hemingway die eine oder andere versteckte Frotzelei gegen den Freund und Rivalen F. Scott Fitzgerald. Ein wenig ist er der Flit Gun Man, der Kerl mit der Insektenspritze. So hat er Kellner oft schlecht behandelt. Eine bodenlose Frechheit! Für Ernesto ist dieser Berufsstand heilig. Boten im Garten Eden, wenn man so will. Ein Kellner, den ich kannte, diese Formulierung findet sich häufig bei Hemingway, so auch hier. Oder, der Kellner war ein Freund von mir.

In Paris – Ein Fest fürs Leben beschreibt er den Rivalen F. Scott Fitzgerald, wie dieser die Farbe von gebrauchtem Kerzenwachs annahm. Mit grauen Wachshänden und seinem grauen Wachsgesicht wird ebenso der Tote bei Chicote umschrieben. Dazu: Schmetterling. Auch so ein Seitenhieb auf den bisexuellen Kollegen. Und dann diese Spritze. Man sollte einen Freudianer an den Text setzen!

Wie auch immer, selbst im Krieg kann Ernest Hemingway von seinen Kindereien nicht lassen. Zugleich zieht er für sich allerdings die Grenzlinien als Reporter: Der Mann aus Chicago taugt nicht zum Propagandisten. Dazu ist er politisch zu freimütig und vom Charakter zu störrisch. Aber er kann die Atmosphäre des Krieges einfangen, jenseits von Analysen und abseits des Dogmas.

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Ernest Hemingway und das Baskenland

Ernest Hemingway in Spanien, im Sommer 1953 oder Mai 1954. Der Autor sitzt neben einem Bergbach und macht sich Notizen. Photo Credits: Ernest Hemingway Collection at the John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Zum ersten Mal betritt Ernest Hemingway den Boden des Baskenlandes am 5. Juli 1923, mit seiner Frau Hadley Richardson. Seine Pariser Mentorin Gertrude Stein macht den jungen Journalisten auf den Landstrich im Norden Spaniens aufmerksam. Der Besuch sollte ein grundlegender Wendepunkt im Leben des angehenden Literaten werden. Denn auf dieser Zugreise nach Pamplona wird er angeregt zu seinem ersten großen Roman The Sun Also Rises. In San Sebastián, das heute Donostia heißt, stellt er die Erzählung fertig.

Das Buch, das im Oktober 1926 erscheint, markiert einen Wendepunkt in der angelsächsischen Literatur. Die Moderne hat eine kräftige Stimme gefunden, langersehnt. Die Erzählung um amerikanische Expats in Paris und in Pamplona wird zu Hemingways Durchbruch als Schriftsteller. So wie das Baskenland in literarischer Hinsicht ein Anfang gewesen ist, so steht das Land auch an seinem Ende. In Bilbao, im Sommer 1959, schreibt ein gealterter Ernesto die letzten Zeilen zu seinem Stierkampf-Drama The Dangerous Summer für die Zeitschrift LIFE. Es wird das letzte literarische Aufbäumen des Nobelpreisträgers.

Wichtig für sein Werk und sein Leben wird das Baskenland, er hat es des öfteren kundgetan. El Basque Country. Bastante más que San Fermín y toros. Der Amerikaner möchte die Vielfalt des Landes kennenlernen und seine Bewohner. The Basques are great people. Very noble, but also very lively, schreibt er 1945 im mexikanischen Magazin Cancha. Er sagt es nicht so dahin, er kennt sich gut aus in den Provinzen von Araba bis Bidasoa. Die Städte Bilbao, San Sebastián, Pamplona und Logroño hat er mehrmals bereist.

Vor allem die Landschaft des Baskenlandes überwältigt ihn. Es ist wie immer bei Hemingway, er schwärmt von der Kraft und Schönheit der Natur. Nach einer Weile kamen wir aus den Bergen heraus, und es gab Bäume auf beiden Seiten der Straße und einen Bach und reife Getreidefelder, und die Straße lief ganz weiß und schnurgerade weiter und dann über eine kleine Anhöhe, und zur Linken war ein Hügel mit einem alten Schloss, um das sich Häuser scharten, und ein Kornfeld ging ihm bis an die Mauern und bewegte sich im Wind.

Das raue Land im Norden Spaniens wird ihn sein Leben lang fesseln. Am Fusse der Pyrenäen findet der Amerikaner seine Welt en miniature: das Meer, die Berge, die Wälder und Flüsse, die großen und die kleinen Städte. Die Kultur liegt ihm, das Essen, der Wein, das Pelota-Ballspiel, die Malerei. Der Reichtum entwickelt sich aus der Natur, die Basken sind ein Volk von Fischern und Bauern. Genau diese Bodenständigkeit braucht Ernest Hemingway und nicht das fade Geplapper der Metropolen. 

Ernest fährt häufig durch das Baskenland, im engeren Sinne die Provinzen Guipúzcoa, Vizcaya und Álava. Der Mann aus Oak Park liebt es, die Region mit dem Auto auf den Nebenstraßen zu erkunden. Vorbei zu fahren an den kleinen Orten wie Lekunberri und Mundaka, die Comarca Lea-Artibai zu durchqueren, die Halbinsel am Matxitxako zu bewundern und zur winzigen Kapelle aus dem 10. Jahrhundert an der Felseninsel von Gaztelugatxe hinabzusteigen. Begeistert angelt der US-Amerikaner am Stausee Embalse de Yesa bei Pamplona, der Fotograf Julio Ubiña hält die Szenen fest.

Alles Landstriche mit naturbelassenen Stränden und urwüchsigen Felsen und Klippen. Im rustikalen Norden kann er das Salz des Meeres einatmen, die Wälder und Hügel erwandern, in den Bergbächen die Forellen fangen. Der Amerikaner trollt sich viel durch das Baskenland. Roncesvalles am Fuß der Pyrenäen, die Wälder des Irati, Angeln am gleichnamigen Fluss. Der Rio Irati und die ihn umgebende Landschaft sind ideale Orte um innezuhalten, nicht ohne Grund verlaufen hier zwei Pilgerwege nach Santiago de Compostela.

Die einsamen Wälder sind ideal, um dem Trubel der Sanfermines entkommen. Um dem Radau zu entfliehen, die Lust an der Einsamkeit zu genießen. Meist legt der Amerikaner die Ausflüge ins baskische Hinterland direkt vor oder unmittelbar nach der Fiesta. Hier befindet er sich in seiner Welt. Es gibt nichts Schöneres, als stundenlang darauf zu warten, dass eine Forelle im Pyrenäenbach anbeißt.

All die Natur erinnert den Burschen aus der Chicagoer Vorstadt an die Sommerurlaube mit der Familie am ländlichen Walloon Lake in Michigan. The food is excellent, as usual, schreibt er in The Dangerous Summer. I have discovered that there is romanticism in food when romanticism has disappeared from everywhere else, schreibt Ernest Hemingway im Jahr 1924. Das Baskenland mit seiner guten Küche und den Getränken sei ein Schlaraffenland. 

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Ernest Hemingway und sein Freund Juan Duñabeitia auf Kuba

Ein heiterer Ernest Hemingway mit einer unbekannten Frau und Juan Sinsky Duñabeitia in einer kubanischen Kneipe, um 1953/1954. Foto: Archiv Dr. Stock.

Im Havanna der 1940er Jahre findet sich unter den Exil-Spaniern eine bunte Mischung: Funktionäre der Kommunistischen Partei, Carlisten, Anarchisten, Falangisten, Franco-Getreue und baskische Nationalisten. Ernest Hemingway, der seit 1939 auf der Insel lebt, baut sich schnell einen ansehnlichen Freundeskreis auf. Eine Opposition zum Franco-Regime bringt Pluspunkte. Besondere Sympathie hegt der bärtige Amerikaner für die in Havanna lebenden Basken.

Zu seinen baskischen Freundeskreis gehören Juan Duñabeitia aus Bilbao, Paco Garay aus Vitoria-Gasteiz, der Priester Andrés Untzaín, die Pelota-Spieler Francisco Patxi and Julián Ibarluzea, zwei Brüder aus Markina und Félix Areitio aus Ermua bei Eibar. Oft kommt der Freundeskreis auf Finca Vigía zusammen und Ernesto genießt die Stunden mit den Basken. An den Basken bewundert Hemingway vor allem die unverbrüchliche Loyalität zur Republik, den Humor und die Lebensfreude.

Wenn Ernest Hemingway Spanien besucht, dann darf ein Abstecher in den Norden nicht fehlen. Mit Leidenschaft taucht der US-Amerikaner ein in die Kultur des Baskenlandes, der Mann aus Chicago mag ihre Feste, den Sport, das Essen und Trinken. Auch die Geschichte, die Gebräuche und den Alltag der Basken faszinieren den Schriftsteller. 

Einer seiner besten Freunde ist Juan Duñabeitia, den alle Welt Simbad, el marino nennen. Weil er so ein athletischer Typ ist mit einer fast magische Sprungkraft und mühelos über Autos und Zäune zu springen vermag. Simbad ist ein drahtiger Mann, ein Meter achtzig groß, achtzig Kilo von Gewicht. Hemingway ruft den Freund leicht abgewandelt Sinsky. 

Juan Duñabeitia wird im April 1898 in Bilbao geboren. Dort studiert er Meereskunde und fährt später zur See. Er besitzt eine musikalische Ader, vor dem Bürgerkrieg hat er mit seiner wohlklingenden Stimme in den Musikbars von Bilbao gesungen, immer mit einem Tanz verbunden. Der aparte Mann hat einen Schlag bei den Frauen. Ein Junggeselle, aber ein Don Juan, wie er im Buche steht.

Während des Bürgerkriegs, Juan Duñabeitia ist Attaché der republikanischen Marine im Baskenland, erhält er den Auftrag,

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Tänzeln um den Tod – Ernest Hemingway begreift den Stierkampf

Mit Fiesta – im Original heißt der Titel The Sun Also Rises – dringt der Amerikaner Ernest Hemingway 1926 tief in die spanische Tradition ein.

Der Stierkampf ist ein blutiges Schauspiel auf Leben und Tod. Der schwarze Riesenbulle gegen den kleinen bunten Torero. Im antiken Drama kommt der Tod im dunklen Gewand, im Stierkampf preschen 600 Kilo auf vier Beinen auf den Menschen zu. Ein ungleicher Kampf. Doch der Matador wehrt sich, er spielt mit dem Stier, was bleibt ihm übrig, denn er will den Kopf aus der Schlinge ziehen.

Sie sah, wie Romero jede schroffe Bewegung vermied und die Stiere für den letzten Augenblick schonte, wo er sie nicht erschöpft und gereizt haben wollte, sondern auf sanfte Weise ermüdet. Nun bleibt die Frage, wer auf sanfte Weise ermüdet wird. Doch der Stierkampf lebt eh von der Verkehrung des Sachverhaltes.

In seinem Erstling Fiesta – als scharfer und kluger Beobachter der Sanfermines – beschreibt der US-Amerikaner Ernest Hemingway das Spektakel in Pamplona. Zum ersten Mal hat der junge Autor im Jahr 1923 den Encierro und die anschließenden Stierkämpfe besucht. Und er wird insgesamt zehn Mal kommen, im Juli nach Pamplona. Der Mann aus Chicago begreift dieses Großereignis, das seit dem 16. Jahrhundert alljährlich aufgeführt wird, gleichermaßen in seiner weltlichen wie religiösen Tragweite.

Von Anfang an dringt Hemingway tiefgründig in die spanische Seele ein. Gerade über die Corrida de Toros. In Spanien wundern sich viele, wie profund ein Ausländer sich einfühlen kann in ihre Tradition. Zudem ein Amerikaner! Gerade Ernests Schilderungen von den Plazas de Toros und aus der Welt des Stierkampfes tragen gründlich zur Popularität des Amerikaners in Spanien bei.

Am Rande merkt Ernest Hemingway in Fiesta an, dass es für den Begriff Stierkampf oder Bullfight keine direkte Entsprechung in der spanischen Sprache gibt. Eine Corrida de Toros – der Auflauf der Stiere – zielt in eine andere Richtung, ebenso wie der Terminus Tauromaquia, der eher das fachliche Regelwerk umschreibt. Beiden spanischen Begriffen fehlt jedenfalls die Facette der Kampfhandlungen.

Dies ist kein Zufall, denn beim Stierkampf geht es nicht um ein blutiges Abschlachten. Der Mut und die Eleganz des Toreros sollen bewundert werden, ebenso wie das Temperament und die Energie des Bullen. Auch darauf hat Ernest Hemingway mehrmals hingewiesen. Der Tod des Stieres ist nicht vergnüglich, kein Tod ist dies. Das blutige Ende gilt nicht

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