Heinrich Böll, auf der Buchmesse, aus Pappe. Photo by W. Stock

Ernest Hemingway war der Autor meiner Jugend. Wir Jungs, mit vielen Fragen im Kopf und wenig Antworten im Leben, haben seine Werke verschlungen. Und da gab es dann noch andere Schriftsteller, die wir verehrten. J. D. Salinger beispielsweise, diesen skurrilen Kumpan der Jugend, oder Heinrich Böll, den rheinischen Moralist.

Letzterer, auch Nobelpreis-Kollege, ist heute literarisch fast vergessen. Zu sehr hat er für seine Zeit geschrieben und innerhalb seiner rheinischen Scholle gewirkt.

Hemingway ist da aus ganz anderem Holz geschnitzt: Die Jahre haben ihm literarisch wenig anhaben können, die große Welt war sein Revier. Im Gegensatz zu Böll, der durch den linkschristlichen Glauben geprägt war, hat Ernest Hemingway seine Weltanschauung daraus bezogen, dass er sich die Welt angeschaut hat. Er ist hinaus ins Getümmel, hat miterlebt und mitgefiebert. Der Amerikaner, kein Ideologe, stand mit beiden Füssen im Leben.

Merkwürdigerweise – diese Fussnote muss bei Hemingway, Salinger und Böll erzählt werden – schnitten sich die Lebenslinien der drei Autoren. J.D. Salinger war 1942 in die US-Armee eingetreten, er nahm an der Normandie-Invasion teil und war auch bei der Schlacht im Hürtgenwald dabei. In den Schützengräben bei Aachen soll er die ersten Kapitel seiner Novelle Fänger im Roggen geschrieben haben.

Die Grausamkeiten, die Salinger in der Schneeeifel erlebte, führten zu einem front shock. Nach dem Krieg war er reif für die Klapsmühle, er blieb bis zu seinem Lebensende ein ziemlicher Kauz. Auch Hemingway war als Kriegsreporter im Hürtgenwald. Bis Februar 1945 wurde in der Nordeifel gekämpft. Es war deutscher Winter und es war bitterkalt. In Hürtgen gefroren die Toten alle einfach, und es war so kalt, dass sie mit roten Gesichtern gefroren, schrieb Hemingway in Über den Fluss und in die Wälder.

Heinrich Böll wohnte nach dem Krieg bis zu seinem Tod im Jahr 1985 in Langenbroich, keine zehn Kilometer von Hürtgen und dem Hürtgenwald entfernt. Und, nächster Zufall, es sollte junge Heinrich Böll sein, der Salingers einfühlsame Jugendgeschichte des Holden Caulfield 1962 ins Deutsche übersetzte.

Ich hätte mir Böll, durch seine Zeit in Irland gut im Englischen, auch als Übersetzer von Hemingway gewünscht. Es wäre ein hochinteressantes Experiment geworden. Denn auch Böll ist jene kurze und knappe Prosa zu eigen, die Hemingway zur Meisterschaft gebracht hat. Allerdings mündet die Lakonie beim Rheinländer meist in moralinsaure Sülze und dogmatische Überspitzung. Doch davor hätte ihn Hemingways Lebenslust bewahrt.

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