Ernest Hemingway
Leseliste
Dies ist Ernest Hemingways Leseliste für seinen Schüler Arnold Samuelson.

Im April 1934 trampt Arnold Samuelson, ein junge Journalistik-Absolvent der University of Minnesota, nach Key West. In der Hoffnung, seinem Idol Ernest Hemingway zu begegnen. Auch möchte der Nachwuchsschreiber den einen oder anderen Ratschlage von dem prominenten Autor einholen. Der junge Mann vom Jahrgang 1912 sollte nicht enttäuscht werden. 

Tatsächlich gelingt es ihm, das Haus der Hemingways ausfindig zu machen. Er klopft an das Tor des herrschaftlichen Anwesens in der Whitehead Street 907. Der Schriftsteller wohnt mit seiner zweiten Frau Pauline seit 1928 im tropischen Key West an der Südspitze der USA. Vor Aufregung bringt der junge Arnold keinen geraden Satz heraus.

Beim ersten Treffen wird er barsch abgewiesen und auf den nächsten Tag vertröstet. Dann kann er das Wohlwollen des Mittdreißigers Hemingway erobern. Er freundet sich an mit dem damals bereits berühmten Buchautor, der so etwas wie ein väterlicher Mentor für den 22-jährigen Schreiber wird. Das Ziel des jungen Mannes ist, ebenfalls Schriftsteller zu werden.

Schon bei der ersten Begegnung überreicht Ernest Hemingway dem unbedarften Samuelson eine handgeschriebene Aufstellung mit den Worten: Hier ist eine Liste von Büchern, die jeder junge Schriftsteller als Teil seiner Bildung gelesen haben sollte. Wenn nicht, dann sind Sie einfach nicht gebildet. Die aufgeführten Schriftsteller repräsentieren unterschiedliche Arten des Schreibens.

Der Mann aus Key West weiß, manches wird keine leichte Kost für einen jungen Eleven sein. Es sind nicht die Zeitgenossen, die Hemingway empfiehlt, sondern eher die modernen Klassiker. Einige Stücke mögen Sie langweilen, andere könnten Sie inspirieren. Und wieder andere sind so wunderschön geschrieben, dass Sie das Gefühl überkommen wird, der Versuch so zu schreiben, sei hoffnungslos.

Nachstehend die Meisterwerke der Weltliteratur, die Ernest Hemingway dem jungen Samuelson als Liste überreicht:

1.  Stephen Crane, The Blue Hotel
2. Stephen Crane, The Open Boat
3. Gustave Flaubert, Madame Bovary
4. James Joyce, Dubliners
5. Stendhal, The Red and the Black
6. W. Somerset Maugham, Of Human Bondage
7. Leo Tolstoy, Anna Karenina
8. Leo Tolstoy, War and Peace
9. Thomas Mann, Buddenbrooks
10. George Moore, Hail and Farewell
11. Fyodor Dostoyevsky, The Brothers Karamazov
12. The Oxford Book of English Verse
13. E. E. Cummings, The Enormous Room
14. Emily Brontë, Wuthering Heights
15. W. H. Hudson, Far Away and Long Ago
16. Henry James, The American

Und der Lehrmeister unterschreibt wie bei einem offiziellen Dokument mit dem eigenen Namen Ernest Hemingway.

Vielleicht wird der Kenner, den einen oder anderen Autor vermissen. Und so manchen Romancier könnte man von der Liste wohl streichen. Doch, Ernest Hemingway hat schon recht, wenn man diesen Kanon verinnerlicht hat, dann weiß man, was gute Literatur ausmacht.

An Selbstbewusstsein hat es Ernest Hemingway nie gemangelt. Und man mag auch ahnen, in welche Regalhöhe der 34-jährige Schriftsteller seine eigenen Bücher einzuordnen gedenkt.

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