Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Hemingways Turm für das Schreiben und für die Liebe

Ein lockerer Ernest Hemingway auf der obersten Etage seines Schreib- und Liebesturms. Die Aussicht reicht bis nach Havanna. Foto: George Leavens

Hinter dem Haupthaus der Finca Vigía findet sich, neben der großen Garage für die Autos, ein kleines Gästehaus, dort kommen Gäste unter, Freunde aus Übersee oder die Söhne, wenn sie in den Schulferien den Vater auf Kuba besuchen. Blickfang des gesamten Anwesens ist schon vom weitem ein rechteckiger Turmbau, etwas versetzt vom Haus. Der Autor hat diesen im Jahr 1947 anbauen lassen, um hier in aller Abgeschiedenheit schreiben zu können.

Hoch oben im dritten Stockwerk des weißen Turms hat Ernest Hemingway sich ein Schreibstudio eingerichtet, hier sitzt er meist den Vormittag über an seinen Manuskripten. Der Ausblick ist atemberaubend, von dort oben hat er einen weiten Blick nach Havanna und bis zum Meer, das etwa zehn Kilometer im Norden liegt.

In diesem weißen Turm hat er sein Meisterwerk Der alte Mann und das Meer geschrieben. Bei seiner Arbeit setzt er sich hinter den Schreibtisch oder er steht vor einem Pult, meist barfuß auf dem abgeschabten Fell einer von ihm erlegten Kudu-Antilope. Auf dem Anwesen läuft Ernest Hemingway am liebsten mit nackten Füßen herum, mit einer kurzen Shorts und mit freiem Oberkörper.

Doch in diesem Turm wird nicht nur hohe Literatur erzeugt, der abgetrennte hohe Bau dient zudem als sein Liebesnest. Hierhin zieht Ernest Hemingway sich zurück, um, wie er den Bediensteten zu verstehen gibt, „zu arbeiten“. Dass er zu dieser Arbeit ab und an eine Frau mitnimmt, die nicht seine eigene ist, darüber schauen die Angestellten der Farm diskret hinweg.

Ernest Hemingway ist in dieser Hinsicht ein schlimmer Finger. Die Ehefrau im Haus, eine feste Geliebte in Havanna, dazu ein Techtelmechtel, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Und Verlockungen laufen einem kraftstrotzenden Mannskerl wie ihm tagtäglich über den Weg. Er braucht nur zuzugreifen. Miss Mary schaut dem bunten Treiben ihres Gatten verärgert zu, doch was will sie ausrichten?

Für die vielen Katzen räumt der Autor eine ganze Etage des Arbeitsturms frei, er selbst schreibt im Obergeschoss, die Haustiere dürfen auf der unteren Ebene des Turms machen, was sie wollen, es ist ihr Reich. Der Schriftsteller spielt gerne mit den Katzen, er mag und liebt sie. Das ist sein Schreibturm. Unten die Katzen, oben die Liebe.

Der Ehebund hält ihn nicht ab, jedem Besuch mit blonden Haaren und langen Beinen seinen „Schreibturm“ auf Finca Vigía zu zeigen. So wird nach dem Tod des Schriftstellers im Jahr 1961 sein junger Schwarm Adriana Ivancich ihre Erinnerungen an Ernest Hemingway in dem Buch La Torre Bianca niederschreiben. Auch dies eine Anspielung auf den weißen Liebesturm der Finca Vigía.

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  1. Robert Kurz

    La Torre Bianca, drei oder vier Stockwerke das ist die Frage?

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