Mary Welsh und Ernest Hemingway

Mary Welsh und Ernest Hemingway; Havanna/Kuba, 28. Oktober 1954

Cabo Blanco, im April 1956

Während Ernest Hemingway und seine Freunde jeden Morgen auf der Miss Texas hinaus fahren, weilt Mary Welsh ein wenig luxuriöser auf einem anderen Boot. Hemingways Ehefrau findet man stets an Bord der Pescadores Dos, die unter dem Kommando des einheimischen Schiffsführers Rufino Tume steht.

Die Pescadores Dos ist ein neues Boot des Cabo Blanco Fishing Clubs, die Yacht besitzt eine große Kabine mit sechs Bullaugen, einen breiten Sonnenschutz, der das ganze Heck abdeckt und einen langen Mast, auf den Besatzungsmitglieder bis auf halbe Höhe zu klettern vermögen.

Manuel Jesús Orbegozo von La Crónica darf nicht mit auf Hemingways Boot, auf die Miss Texas. Aber er will auch nicht den Scoop seines Journalistenlebens vermasseln. Deshalb schleicht sich Orbegozo am frühen Morgen an das andere Ende des Hafens, schnappt sich kurzerhand eine dort stehende Kühltasche mit Vorräten und klettert an Bord der Pescadores Dos, so als sei er Teil der Besatzung. Dort versteckt der Reporter sich dann in der kleinen Bordtoilette.

Eine halbe Stunde nach Auslaufen kommt Manuel Jesús Orbegozo dann aus dem WC und sein plötzliches Erscheinen löst eine ziemliche Unruhe aus. Doch höflich erklärt er Mary Welsh, dass er nichts Böses im Schilde führt, Hemingways Frau erkennt in ihm den Journalisten vom Flughafen, und so darf er zumindest an diesem Tag an Bord bleiben.

Der Redakteur nutzt die Gelegenheit, einige Sätze mit Mary Welsh auf Englisch zu wechseln. Wie sich das Paar kennengelernt habe, fragt Orbegozo. In London, bekommt er zur Antwort, als Ernest und ich Korrespondenten im Krieg gewesen sind. Es ist Liebe auf den ersten Blick gewesen. Aber, fügt Mary schnell an, ich habe einen Mann geheiratet, den ich liebe, und nicht einen Schriftsteller, den ich bewundere.

Der Nobelpreis? Mary wirkt bei diesem Stichwort etwas verschnupft. Ernest, meint sie spitz, ist immer so großzügig. Als er die 35.000 Dollar bekommen hat, da hat er unserem Chauffeur und den anderen Bediensteten auf der Finca Vigía zehn Monatsgehälter als Gratifikation gezahlt. Und mir hat er einen Scheck über zweitausend Dollar gegeben.

Ist denn dann noch etwas übrig, vom Nobelgeld, Señora?, fragt Orbegozo wissbegierig. Ich habe nichts mehr, lacht Mary spöttisch, ich habe nur ihn.

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