Roberto Herrera Sotolongo ist der Mensch, Gregorio Fuentes vielleicht ausgenommen, der Ernest und Mary Welsh auf Kuba am nähesten steht. Seit Anfang der 40er Jahre arbeitet Roberto Herrera für das amerikanische Ehepaar, zunächst als Ernests Privatsekretär, schließlich auch als Verwalter der Finca Vigía.
Im Grunde genommen aber ist Roberto Herrera Sotolongo Mädchen für alles, insbesondere, wenn es darum geht, den Kontakt zu kubanischen Autoritäten zu halten. So absolviert Roberto die Behördengänge, erledigt den Papierkram, kümmert sich um Ernests Korrespondenz, besorgt Bescheinigungen und erstellt Hemingways Steuererklärung. Roberto wirkt als Papas verlängerter Arm auf Kuba.
Ernest Hemingway nennt seinen Freund Don Monstruo, was nun ziemlich ironisch gemeint ist, denn der dürre Mann mit den großen Ohren ist alles andere als monstruös. Merry Christmas, Don Monstruo, schreibt der Schriftsteller ihm zu Weihnachten. Frohe Weihnacht, mein Monstermann. Der berühmte Autor unterschreibt einfach mit Mister Papa. Und vergisst auch einen kleinen Scheck der First Boston nicht.
Roberto kommt aus Spanien, nach der Niederlage der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg hat es ihn nach Kuba verschlagen. Wegen des Spanischen Bürgerkrieges hat Roberto Herrera Sotolongo sein Medizinstudium abbrechen müssen. Später, im Kuba des Fidel Castro, wird er das Studium fortsetzen und 1966 die Approbation erhalten und bis zu seinem Tod 1970 als Arzt im Calixto García Hospital von Havanna praktizieren. Der kleine, schlanke Mann mit der Glatze ist jedenfalls einer der wenigen Menschen, denen die Hemingways ohne zu Zögern vertrauen.
Roberto Herrera ist zudem begeisterter Photograph. Mit seiner 35mm-Leica und einer 120 Rolleiflex mit starkem Blitzgerät knipst er Photos, die er zu Hause in vier gelben Kodak-Kartons auf dem Schlafzimmerschrank wahllos sammelt. Die meist kleinformatigen Schnappschüsse zeigen den privaten Hemingway, ganz nah, auf Finca Vigía, auf der Pilar, im El Floridita. Mit Mary, den Freunden. Kurz, Robertos Photos zeigen den echten kubanischen Hemingway.
Robertos Photos legen Zeugnis ab von einer 22-jährigen großen Liebe, Hemingway und Kuba. Und Robertos Schnappschüsse sind nicht gestellte Momentaufnahmen wie jene von den großen Photographen, die nach Havanna einschweben und ein paar Tage später wieder entschwinden.
In den 40er und 50er Jahren zählt Roberto Herrera Sotolongo zu dem ganz engen Freundeskreis der Hemingways auf Kuba. Denn Roberto ist ein Kumpel ganz nach Hemingways Gusto. Ein Spanier, Anti-Franco, fleißig, zuverlässig, loyal – und er kann die Daiquirís runterkippen als seien sie Heilwasser.
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