In der Nähe von Havannas barocker Kathedrale entdecken wir in der engen Gasse Calle Empedrado – Hausnummer 207 – die äußerlich unscheinbare Bodeguita del Medio. Hinter dem Eingang tritt der Gast in den Vorraum einer kleinen Bar, zur Linken befindet sich die dunkle Theke. Den Barraum hindurch erreicht man das Speisegewölbe, wo an überfüllten Tischen das Beste einer einfachen kubanischen Küche geboten wird.
Wir gehen zunächst zur Bar und bestellen den ersten Mojito. Mojito. Weißer Rum mit Limonensaft und einem frischen Pfefferminzstängel. La Bodeguita del Medio. Die unsterbliche La B del M. Wer in der Bodeguita seinen Mojito trinkt, der spürt den Hauch des Ewigen. Bodeguita, du bleibst, ich gehe!, hat der kubanische Autor Leandro García an die weiße Wand gekritzelt.
Du bleibst, ich gehe. Die Bodeguita del Medio dient auf Kuba als heilige Basilika für den Rum. Ernest Hemingway, der eine halbe Stunde entfernt auf Finca Vigía im Vorort San Francisco de Paula wohnt, ist nicht gläubig im strengen Sinne, allzu oft macht er sich lustig über die Religion. Eher ist er ein Zweifler, der nach einer höheren Kraft sucht. Seine Kirchen sind die Kneipen. Und die schönsten Sätze von ihm sind seine Gebete an Gott.
Wer von der Revolution träumen will, für den ist Havanna wie gemacht. In dieser Kapitale der Träumer und Traumtänzer ist die Bodeguita ein feiner Ort. Für alle findet sich hier ein Plätzchen. Es treffen sich Künstler und Malocher, Feingeist und Stoffel, Eierkopf und Saufbruder. So unterschiedlich ihre Biografien auch ausfallen, vor dem Rumglas sind sie alle gleich.
Unter dünnem braunen Glasrahmen, direkt über dem Schanktisch, umgeben von Dutzenden Martini– und Cinzano-Flaschen, hängt ein Spruch, den man andächtig rezitieren muss, weil er so brillant formuliert ist. My mojito in La Bodeguita, My daiquirí in El Floridita. Darunter dann, schwungvoll die Unterschrift: Ernest Hemingway. Mehr Ideologie braucht es auf Kuba eigentlich nicht.
My mojito in La Bodeguita, My daiquirí in El Floridita. Aber, so ist der Fachmann geneigt zu fragen, hätte der von hohen Prozenten angetriebene Autor auf Kuba nicht wie sonst üblich mit