Das Cover der US-amerikanischen Originalausgabe von The Sun Also Rises.

Am 17. Februar 1926 unterzeichnet Ernest Hemingway in New York seinen ersten Vertrag mit Scribner’s and Sons für sein Werk The Sun Also Rises. Im österreichischen Schruns, im Winterurlaub, legt der Amerikaner letzte Hand an sein Erstlingswerk, er hat mit dem Roman über einen Aufenthalt in Spanien Ende Juli 1925 in Valencia begonnen und ihn im September in Paris fertiggestellt. Im April 1926 endlich lässt er das Manuskript seinem Lektor Max Perkins in Manhattan zukommen.

Das Werk erscheint in den USA bei Scribner’s im Oktober 1926 unter dem Titel The Sun Also Rises, ein Jahr später wird der Londoner Verlag Jonathan Cape das Werk unter dem Titel Fiesta publizieren. Es ist das erste richtige Buch Hemingways, wenn man von ersten Versuchen in kleineren Verlagen absieht. Der Roman schlägt – bei Lesern wie bei Kritikern – ein wie eine Bombe. Ein neuer Stil wird geboren, sachlich, lakonisch, nah am Leben. Mit The Sun Also Rises tritt ein Revolutionär auf, der mit dem Pathos der Klassiker bricht.

The Sun Also Rises erzählt von den Erlebnissen des Schriftstellers im Paris der 1920er Jahre und von einer Reise ins baskische Pamplona. In der Stadt an der Seine verkehrt der junge US-Amerikaner in den avantgardistischen Zirkeln der Metropole, in Pamplona nimmt er am Encierro der San Fermines teil, den Festtagen rund um das Bullenrennen. Die moderne Metropole und die traditionsbehaftete Provinz, zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Hemingways Aufmerksamkeit.

Die Generation der Intellektuellen nach dem schrecklichen Ersten Weltkrieg und zwischen den Weltwirtschaftskrisen wird oft als lost generation bezeichnet, weil sie so desillusioniert und so ruhelos durchs Leben wankt. Ernest Hemingway gibt mit diesem großen Roman einer verunsicherten Generation eine neue Wertschätzung und vor allem eine neue Sprache. Von den ratlosen Lesern wird der Mann aus Chicago als Lichtgestalt empfangen, weil endlich einer aufhört mit dem scheinheiligen Geschwurbel der Altbekannten.

Merkwürdigerweise bricht der junge Autor nicht rigoros mit dem Althergebrachten. Dem Buch stellt er Zitate voran, die eigentlich nicht zum kritischen Zeitgeist passen. The Sun Also Rises hat Hemingway sein Werk genannt, auf eine Bibelstelle anspielend. Oritur sol et occidit et ad locum suum revertitur ibique renascens. Im Alten Testament wird Kohelet – in der Lutherbibel unter Der Prediger Salomo – als Buch der Weisheit betrachtet. Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, dass sie wieder daselbst aufgehe, so Prediger Salomo, Kapitel 1, Vers 5.

Etwas weiter spricht Prediger 2,11 sodann die göttliche Kraft und die menschliche Begrenztheit an. Als ich mich aber umsah nach all meinen Werken, die meine Hände gemacht hatten, und nach der Mühe, die ich mir gegeben hatte, um sie zu vollbringen, siehe, da war alles nichtig und ein Haschen nach Wind, und nichts Bleibendes unter der Sonne!

Nichts Bleibendes unter der Sonne. Nur die Sonne wird bleiben, und – so muss man als kundiger Hemingway-Leser schnell anfügen – auch das Meer, die Berge und die Wälder. In all seinen zukünftigen Werken wird Ernest Hemingway unaufhörlich das Hohelied auf die Natur singen, in all seinen Buchtiteln wimmelt es nur so von Meer, Wäldern, Bergen, von Flüssen und Hügeln. Was immer mit diesen Naturbildern auch gemeint sein mag.

In allen Variationen taucht bei Ernest Hemingway die Verehrung für die Natur auf. Die Natur tritt auf in der Rolle der Allgewalt, wo andere Gott sagen, da sagt Ernest Hemingway die Natur oder das Meer oder der Kilimandscharo. Damit bleibt dieser Revolutionär zwar immer noch ein religiöser Dissident, der jedoch dem spirituellen Schöpfungskern des Glaubens näher kommt als so manch Gottesfürchtige.

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