Im September 1935 veröffentlicht Ernest Hemingway in Esquire einen langen Artikel gegen den Krieg: Notes on the Next War.

Ernest Hemingway – ein Bellizist? Ein Anhänger und Befürworter des Krieges? Solch dicke Klischees finden sich zuhauf in den Abhandlungen über den Nobelpreisträger von 1954. Ist der Mann vom Michigan See allen Ernstes ein Kriegsjubler?

Allein sein Kriegsbuch In einem andern Land aus dem Jahr 1929 ist in Wirklichkeit ein Anti-Kriegsbuch. A Farewell To Arms heißt es im Original, in dem Hemingway seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg verarbeitet. Und genau aus diesem Grund haben die Nazis den Roman bei der Bücherverbrennung im Mai 1933 in die Flammen geworfen.

Wenn man gründlich durch das umfangreiche Werk des Ernest Hemingway stöbert, fällt dem Leser so manches Glanzstück in die Hände. So ein langer Artikel  im US-Monatsmagazin Esquire aus dem September 1935. Notes on the Next War, heißt der Aufsatz. Anmerkungen zum nächsten Krieg. Es ist ein bislang wenig beachteter Essay des Schriftstellers. Und – obwohl der Text bald 90 Jahre alt wird – bleibt dies ein Werk von beklemmender Aktualität. 

Kriege werden nicht mehr aus wirtschaftlichen Interessen geführt, falls überhaupt, obwohl dies eine einfache Erklärung dafür ist. Vielmehr werden heute Kriege allein von Männern, Demagogen und Diktatoren geplant oder angezettelt, die mit dem Patriotismus ihres Volkes schamlos Schindluder treiben. Mit dem Ziel, die Menschen auf den großen Irrweg des Krieges zu leiten, nachdem ihr sonstiges Regierungshandeln auf immer mehr Proteste gestoßen ist.

Ernest Hemingway, er hat zuvor sieben Jahre in Paris gelebt, kennt sich aus in Europa. Schurken gibt es genug. Francisco Franco, Benito Mussolini, Adolf Hitler. Dem Italiener Mussolini ist er persönlich begegnet, er hat ihn interviewt. Und die beiden anderen? Er wird sie über den Krieg kennenlernen. Der Mann aus Chicago wird aus der Nähe das Leid sehen, dass General Franco und Hitler über die Jahre anrichten werden. Zeit für romantische Verklärung bleibt da keine. 

Früher hieß es, es sei süß und ehrenvoll, für sein Vaterland zu sterben. Aber der moderne Krieg ist weder schön noch voller Ehre, schon gar nicht, um darin zu sterben. Im Gefecht verreckst du wie ein Hund, ohne vernünftigen Grund. 

Die klare und deutliche Sprache des Amerikaners lässt wenig Spielraum. Ernest Hemingway positioniert sich eindeutig gegen den Krieg. Der Krieg ist kein sportlicher Wettstreit, wie er als Jugendlicher vielleicht geglaubt hat, sondern ein großer Betrug. Weil junge Kerle in eine schlimme Schlacht geworfen werden, die alte Männer angezettelt haben.

Du wirst auf ein Dutzend Arten in die Hölle gejagt, ohne Süße oder Ehrhaftigkeit. Aber was sag‘ ich schon. Kein Schreckensszenario hat die Menschen jemals vom Krieg abgehalten. Vor dem Krieg denkt man immer, dass man selbst nicht stirbt. Trotz alledem wirst du sterben, Bruder, wenn du lange genug mitmachst.

In Notes on the Next War bezieht Ernest Hemingway eindeutig Stellung gegen den Krieg. Seine angebliche Liebe zum Waffengang entlarvt sich da als hitziges Vorurteil und als veritable Fehleinschätzung. Dennoch bleibt der bärtige Autor Realist genug. Er weiß, die Stimme der Vernunft verstummt schnell bei nationalistischem Säbelrasseln. Er wird es an der Ebro-Front des Spanischen Bürgerkriegs und im Zweiten Weltkrieg im Hürtgenwald blutig vorgeführt bekommen.

Denn Hemingway ahnt, was da kommen wird. Mit seinem politischem Spürsinn liegt er richtig. Deutschland, unter Hitler, will den Krieg, einen Krieg aus Rachsucht. Hitler will den Krieg mit Haut und Haaren, voller Patriotismus und mit fast religiösem Eifer. Der Schriftsteller wird mit seiner Einschätzung recht behalten, während viele seiner amerikanischen Landsleute die Entwicklung in Deutschland für nicht so dramatisch halten. Vier Jahre später war die Welt schlauer.  

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