The world breaks every one and afterward many are strong at the broken places. But those that will not break it kills. It kills the very good and the very gentle and the very brave impartially.
Die Welt zerbricht jeden, und nachher sind viele stark an den zerbrochenen Orten. Doch diejenigen, die nicht zerbrechen wollen, die werden getötet. Und es trifft immer die Besten und die Sanftmütigsten und die Tapfersten, ohne Unterschied.
Ernest Hemingway, 1929: A Farewell To Arms In einem anderen Land
Ich wusste, dass mich etwas getroffen hatte, und beugte mich vor und legte eine Hand auf mein Knie. Mein Knie war nicht da. Meine Hand tastete weiter und fand das Knie unten an meinem Schienbein. Ich wischte die Hand an meinem Hemd ab, und beim Schein eines gemächlich nieder schwebenden Leuchtgeschosses besah ich mein Bein und bekam große Angst. Oh Gott, sagte ich, hol mich hier raus.
Ernest Hemingway – ein Bellizist? Ein Anhänger und Befürworter des Krieges? Solch dicke Klischees finden sich zuhauf in den Abhandlungen über den Nobelpreisträger von 1954. Ist der Mann vom Michigan See allen Ernstes ein Kriegsjubler?
Allein sein Kriegsbuch In einem andern Land aus dem Jahr 1929 ist in Wirklichkeit ein Anti-Kriegsbuch. A Farewell To Arms heißt es im Original, in dem Hemingway seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg verarbeitet. Und genau aus diesem Grund haben die Nazis den Roman bei der Bücherverbrennung im Mai 1933 in die Flammen geworfen.
Wenn man gründlich durch das umfangreiche Werk des Ernest Hemingway stöbert, fällt dem Leser so manches Glanzstück in die Hände. So ein langer Artikel im US-Monatsmagazin Esquire aus dem September 1935. Notes on the Next War, heißt der Aufsatz. Anmerkungen zum nächsten Krieg. Es ist ein bislang wenig beachteter Essay des Schriftstellers. Und – obwohl der Text bald 90 Jahre alt wird – bleibt dies ein Werk von beklemmender Aktualität.
Kriege werden nicht mehr aus wirtschaftlichen Interessen geführt, falls überhaupt, obwohl dies eine einfache Erklärung dafür ist. Vielmehr werden heute Kriege allein von Männern, Demagogen und Diktatoren geplant oder angezettelt, die mit dem Patriotismus ihres Volkes schamlos Schindluder treiben. Mit dem Ziel, die Menschen auf den großen Irrweg des Krieges zu leiten, nachdem ihr sonstiges Regierungshandeln auf immer mehr Proteste gestoßen ist.
Ernest Hemingway, er hat zuvor sieben Jahre in Paris gelebt, kennt sich aus in Europa. Schurken gibt es genug. Francisco Franco, Benito Mussolini, Adolf Hitler. Dem Italiener Mussolini ist er persönlich begegnet, er hat ihn interviewt. Und die beiden anderen? Er wird sie über den Krieg kennenlernen. Der Mann aus Chicago wird aus der Nähe das Leid sehen, dass General Franco und Hitler über die Jahre anrichten werden. Zeit für romantische Verklärung bleibt da keine.
Früher hieß es, es sei süß und ehrenvoll, für sein Vaterland zu sterben. Aber der moderne Krieg ist weder schön noch voller Ehre, schon gar nicht, um darin zu sterben. Im Gefecht verreckst du wie ein Hund, ohne vernünftigen Grund.
Die klare und deutliche Sprache des Amerikaners lässt wenig Spielraum. Ernest Hemingway positioniert sich eindeutig gegen den Krieg. Der Krieg ist kein sportlicher Wettstreit, wie er als Jugendlicher vielleicht geglaubt hat, sondern ein
Der Schriftsteller lebt von 1931 bis 1939 mit seiner zweiten Ehefrau Pauline Pfeiffer und den beiden gemeinsamen Kindern Patrick und Gregory in dem herrschaftlichen Haus an der Whitehead Street von Key West. Eigentlich könnte Ernest Hemingway sein Leben genießen, er hat beruflich Erfolg, die Familie ist gesund und munter, er selbst befindet sich körperlich in einer guten Verfassung. Alles in allem sind es vergnügte Tage, Wochen und Monate in Südflorida.
We have a fine house here, and the kids are all well, schreibt er in einem Brief, das Haus sei schön und die Kinder wohlauf. Gleichwohl brodelt es in seinem Innersten: Er verhält sich zunehmend reizbar und wirkt angespannt, denn er fühlt sich nicht am Ziel. Freunde bemerken an ihm eine innere Getriebenheit und eine emotionale Ruhelosigkeit. Und auch die Ehe mit der bedrückten Pauline köchelt nur lau vor sich hin.
Ernest Hemingway, auf seinem luxuriösen Anwesen in Key West, will zur Jagd nach Wyoming aufbrechen. Doch zwei Begebenheiten werden die tropische Behaglichkeit ins Wanken bringen. Zum einen erreicht ihn die Nachricht, dass in seinem geliebten Spanien mit dem Putsch reaktionärer Offiziere der Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Und zum anderen prallt er auf eine neue Frau, ach was, ein blonder Marschflugkörper auf zwei Beinen donnert auf ihn zu.
Eine wunderschöne 28-jährige Amerikanerin aus Missouri tritt zu Weihnachten 1936 in sein Leben. Martha Gellhorn, auf Urlaubsreise mit Mutter und dem Bruder Alfred in Miami, macht einen Abstecher mit dem Bus nach Key West. Am späten Nachmittag betritt die junge Frau das Sloppy Joe’s in einem schwarzen Kleid, das ihre langen goldblonden Haare noch mehr strahlen lässt. Martha, schlank, mit einem ebenmäßigen jugendlichen Gesicht, zieht sogleich die Blicke aller Männer in der Kneipe auf sich.
Der Schriftsteller springt aus seinem Hocker an der Theke, nähert sich dem Tisch der Gellhorns, schnappt sich ungefragt einen Stuhl und setzt sich zu der Familie. Ernest Hemingway, stellt er sich vor, Sie müssen den doppelten Daiquirí probieren. Mutter Gellhorn nickt kurz. Vier Papa Dobles, ruft der Autor dem schwarzen Barkeeper Al Skinner zu. Zwischen Martha und Ernest knistert es, von der ersten Sekunde an.
Ein ungewöhnliches Pärchen hat sich da im Sloppy Joe’s gefunden. Hier die blassgesichtige und chic gekleidete Intellektuelle, dort der groß gewachsene sonnengebräunte Hallodri, dem das ungekämmte Haar wild über die Stirn ins Gesicht fällt und der seine Fischershorts mit einem einfachen Hanfstrick gebunden hat. Auf den ersten Blick sieht der wohlhabende Schriftsteller in seiner Kluft aus wie
Für das amerikanische Wochenmagazin Collier’s hat Ernest Hemingway von der Landung in der Normandie berichtet und über die Befreiung von Paris geschrieben. Nun steht der berühmte Kriegskorrespondent an der deutschen Westfront, wo die US-Truppen vom heftigen Widerstand der Wehrmacht überrascht werden. Die Siegfried-Linie ist überwunden, doch der Hürtgenwald zwischen Aachen und Düren wird im Winter 1944/1945 eine der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs erleben.
Die Verluste auf beiden Seiten sind erschreckend, in dem unübersichtlichen Waldgebiet fallen die Soldaten zu Tausenden. Wir bekamen Ersatz, aber ich kann mich erinnern, dass ich dachte, es wäre einfacher und zweckdienlicher, sie direkt in der Gegend zu erschießen, wo man sie auslud, anstatt den Versuch zu machen, sie von dort, wo sie getötet werden würden, zurückzuschaffen und zu begraben. Die Kriegsverherrlichung des Ernest Hemingway weicht im Hürtgenwald zunächst einem kalten Zynismus.
Nach achtzehn Tagen an der Front des Hürtgenwaldes kehrt der Schriftsteller Anfang Dezember 1944 zurück nach Paris, desillusioniert und krank, eine Lungenentzündung plagt ihn, er macht sich schnell auf in die USA, von dort zu seinem Wohnort Finca Vigía. In Kuba angekommen, fällt Ernest Hemingway in eine tiefe Depression. Der Hürtgenwald ist das nackte Grauen gewesen, weit jenseits der Grenze dessen, was der Mensch dem Menschen antun darf. Wenn für die Brutalität, weil sie jede menschliche Vorstellungskraft sprengt, auch die Worte fehlen, dann braucht es einen literarischen Großmeister, um das Geschehen für die Nachwelt in Sätze zu fassen.
Und so erwartet nun alle Welt von Ernest Hemingway den großen Anti-Kriegsroman, einen Roman, in dem er abrechnet mit all dem Terror und Völkermord. Doch von Ernest Hemingway kommt nichts. Im Jahr 1950 erscheint eine nette Erzählung, Across the River and into the Trees, in dessen Mittelpunkt der amerikanische Kriegsveteran Richard Cantwell steht. Colonel Cantwell, der beide Weltkriege mitgemacht hat, trifft im Gritti seine junge Geliebte, die wunderschöne Venezianerin Contessa Renata. Der Colonel ist krank, verbittert und kriegsmüde.
Als Über den Fluss und in die Wälder erscheint, da halten nur wenige Literaturkritiker das Werk für gelungen. John Dos Passos, der Freund, schreibt ernüchtert über das Werk: „Wie kann ein einfühlsamer Mann wie er nur solch einen Scheißdreck zu Papier bringen?“ Dos ist nicht der einzige, der mit dem Roman über Venedig und die Lagune wenig anfangen kann. Der Geschichte um den Oberst Cantwell und die Contessa Renata wird bei Kritik und Lesern als zu geschwätzig und zu gekünstelt abgetan. Seine Leser nehmen die Erzählung als Enttäuschung wahr, Ernest zeigt sich gekränkt.
My dear Ernst, schreibt der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway im Jahr 1946 einem Brief an seinen deutschen Verleger Ernst Rowohlt, Du hattest sicher die Hölle von einem Krieg, und ich freue mich, dass Du nicht einer der vielen Krauts warst, die wir in der Schnee-Eifel oder im Hürtgenwald umgelegt haben. So zynisch textet Ernest Hemingway: Krauts, die wir umgelegt haben.
Oft hat sich Ernest Hemingway aufgeplustert und behauptet, im Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten getötet zu haben. Seinem New Yorker Verleger Charles Scribner schildert er, wie er beim Einmarsch in Paris einen SS-Kraut gekillt habe. Der entwaffnete Soldat habe noch versucht, dem Tode zu entkommen und auf die Genfer Konvention hingewiesen. Du irrst Dich Bruder, sagte ich zu ihm und schoß ihm dreimal schnell in den Bauch, und dann, als er in die Knie ging, schoß ich ihm in den Schädel, so dass ihm das Gehirn aus dem Mund kam, oder aus der Nase, glaube ich.
Ernest Hemingway kann sich hineinsteigern in seine kriegerischen Gewaltphantasien. Der nächste SS-Mann, den ich verhörte, redete wie ein Wasserfall. Klar und mit intelligenter militärischer Darstellung der Lage. Er nannte mich Herr Hauptmann, entschied dann, das wäre wohl nicht genug, und nannte mich Herr Oberst (ich trug keine Abzeichen). Ich hätte ihn noch bis zum General hochtreiben können.
Einem deutschen Kindersoldaten, einem Jungen, etwa so alt wie mein Sohn Patrick zu der Zeit, so tut Ernest Hemingway es mehrmals kund, soll er in den Rücken geschossen haben, als der Bursche versucht habe, auf einem Fahrrad zu fliehen. Erst sind es nur wenige Soldaten, die der Autor erschossen haben will, später dann 26 und irgendwann steigt die Zahl auf 122 an.
Wer sich ein wenig im Militärischen auskennt, der weiß, dass die Zahl 122
Das Denkmal des Ernest Hemingway in Fossalta di Piave, im September 2009: Photo by W. Stock
Dann kommt die schlimmste Nacht seines Lebens. Vom 7. auf den 8. Juli 1918 ist Ernest Hemingway auf Versorgungsfahrt in Fossalta an der Piave bei einer Stelle, die die Einheimischen als Buso de Burato, als Loch des Burato, bezeichnen.
Per Fahrrad soll er den in den Schützengräben liegenden Soldaten Lebensmittel überbringen. Und ein paar kleine Annehmlichkeiten, die die Last des Krieges mildern sollen: Zigaretten, Schokolade, Kaffee, Postkarten. Weil er nahe an der feindlichen Linie sein will, mag Hemingway diese Verpflegungsfahrten des Rolling Canteen Service.
Hemingway erreicht den nahen Damm, hinter dem italienische Soldaten in Stellung liegen. Auf der anderen Seite der Piave, in den östlichen Uferauen, liegen die österreichischen Truppen, die die Italiener unter Beschuss halten. Als Hemingway gegen ein Uhr nachts den Damm am Westufer der Piave erreicht, explodiert zwei Meter von ihm entfernt eine Mörsergranate. Plötzlich und mit einem riesigen Knall.
Die Granate, von einem Minenwerfer der Österreicher abgefeuert, ist
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