Fats Navarro, einer der großen Trompeter des Bebop.

Am 24. September 1923 wird Theodore Fats Navarro junior in der Thomas Street 828 von Key West geboren. Die Familie ist mittellos, der Vater Theodore Navarro senior arbeitet sporadisch als Barbier. Im Stammbaum der Navarros lassen sich kubanische, afroamerikanische und chinesische Vorfahren ausmachen.

In der Familie wird der Sohn Cody gerufen, um eine Verwechslung mit dem Vater vorzubeugen. Cody, der neben Englisch ein passables Spanisch spricht, zeigt sich besonders stolz auf seine kubanischen Wurzeln. Fats wächst in der Thomas Street von Key West auf, im Bahama Village, dem damaligen Viertel der Einwanderer.

Der Vater, der selber Piano spielt, erkennt früh das musikalische Talent seines Sohnes und fördert dessen Entwicklung an den Instrumenten. Als Kind versucht sich Fats junior ab dem sechsten Lebensjahr zunächst am Klavier, mit 13 Jahren steigt er dann um auf Trompete und Tenorsaxophon.

Die Mutter Miriam, eine geborene Fernandez, lässt sich bald von ihrem Ehemann Fats Navarro senior scheiden. Sie heiratet neu, bleibt in Key West wohnen, und heißt nun Miriam Williams. Nach ihrer Scheidung nimmt sie einen neuen Job an. Der Beruf und der Arbeitsplatz der Mutter lassen aufhorchen.

Denn Miriam Williams arbeitet als Köchin im großbürgerlichen Haushalt von Ernest und Pauline Hemingway in der Whitehead Street 907. Seit April 1931 wohnt das wohlhabende Ehepaar mit dem kleinen Sohn Patrick in diesem mondänen Kolonialhaus, im November kommt Nesthäkchen Gregory dazu. Das prachtvolle Anwesen der Hemingways liegt in der historischen Altstadt von Key West, ganz in der Nähe des Leuchtturms.

Das Haupthaus ist dem französischen Kolonialstil nachempfunden, es ist eines der ersten mit Swimmingpool in Key West. Die vierköpfige Familie wird von einem halben Dutzend Bediensteter umhegt, neben der Köchin Miriam auch von einem Diener, einem Gärtner und einem Kindermädchen. Kollegen, die die Hemingways besuchen, so der Deutsche Gustav Regler, staunen nicht schlecht über die tropikale Großbürgerlichkeit an der Whitehead Street.

Nachdem die bisherige Köchin Isobel den Haushalt verlassen hat, kann Miriam deren Aufgaben übernehmen. Obwohl sie keinerlei Berufserfahrung mitbringt. „Das erste Jahr war hart. Aber alle waren nett zu mir und geduldig. Nach einen Jahr konnte ich alle Gerichte kochen.“ Besonders gut kann Miriam die Lieblingsspeise von Ernest zubereiten: Backfisch, schwarze Bohnen, Knoblauch und Zwiebeln, dazu entweder Brokkoli oder Brechbohnen mit Sauce Hollandaise.

Die Mutter Miriam ist glücklich in der Küche bei den begüterten Hemingways. Ihr Sohn hingegen wird nicht so recht warm mit Key West, das ihm zu abseits von den quirligen Metropolen liegt. Kaum ist Fats eigenständig zieht es ihn 1941 nach Miami, nach Indianapolis, dann nach Kansas City, zuletzt nach New York. Fats will als Jazz-Musiker die Welt erobern.

Es wird ihm gelingen, so halb jedenfalls. Fats Navarro sollte rasch einer der großen Trompeter des Jazz werden. In New York kommt der Musiker mit der neuartigen Stilrichtung Bebop in Berührung, die den altbackenen Swing ablöst. Mit seinen rasanten Tempi, den komplexen Harmonien und den ausgefransten Melodien löst der Bebop eine Revolution im Jazz aus und markiert den Eintritt in die Moderne. 

Fats Navarro spielte über 150 Titel ein, viele mit den großen Solisten seiner Zeit, mit Illinois Jacquet, mit Lionel Hampton und Coleman Hawkins. Als kraftvoller Innovator macht sich der Mann aus Key West in New York einen Namen. Als Trompeter versteht er, den harten Anschlag des Bebop mit betont lyrischen Improvisationen zu untermalen.

Im Jahr 1948 belegt Fats Navarro in der Leserumfrage der Zeitschrift Metronome den ersten Platz in seiner instrumentalen Kategorie und tritt hiernach an der Trompete mit den Metronome All Stars auf. Aufgrund seiner Herkunft spielt er in den Clubs von Harlem auch gerne mit New Yorker Größen des Latin Jazz, so mit den kubanischen Perkussionisten Chino Pozo und Diego Ibarra.

Sein Leben endet tragisch. Am 7. Juli 1950, in New York, stirbt Fats Navarro junior mit nur 26 Jahren. Heroin, Alkohol, Depressionen. Gegen eine Tuberkulose besitzt sein abgemagerter Körper am Ende keine Kraft mehr. Das Geld für die Beerdigung des Sohnes von Hemingways Köchin müssen die Kollegen im Birdland einsammeln.

Zwei Frauen später lebt der ehemalige Arbeitgeber von Miriam Williams auf Kuba. Ernest Hemingway, nun auf seiner Farm in San Francisco de Paula, ist auch ein Jazzfan. Louis Armstrong, Artie Shaw und Benny Goodman findet man in seiner Plattensammlung auf der Finca Vigía. Den Sprung von der Klassik in die Moderne macht Hemingway allerdings nicht mit. Weder in der Literatur, noch im Jazz. Ernest bleibt beim Swing.

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