Teo Davis und Ernest Hemingway am Pool in La Cónsula, Málaga im Sommer 1959. Credit Line: Creative Commons.

Mary und Ernest Hemingway, von New York kommend, erreichen Anfang Mai 1959 mit dem Atlantikkreuzer Constitution die Küste Südspaniens. Von der andalusischen Hafenstadt Algeciras geht es dann zwei Stunden mit dem Auto Richtung Costa del Sol zur La Cónsula in den Hügeln über Málaga. Die beeindruckende Finca gehört seinem Freund William Nathan Davis, den alle Welt Bill ruft und der vom Hemingway Negro genannt wird, er und Negro haben sich vor langer Zeit Mexiko kennengelernt.

Auf La Cónsula fühlen sich die Hemingways pudelwohl. Die zwölf Hektar weite Grünanlage, akkurat gepflegt wie ein mittelalterlicher Klostergarten, mit ihren Pinien, den Akazienbäumen, grünen Palmen, all dies erinnert das prominente Ehepaar an die Finca Vigia, ihr eigenes Zuhause auf Kuba. Der Schriftsteller ist nach Spanien gekommen, um die Erinnerung aufzufrischen und um alte Freunde zu treffen. Die einstmals jungen Gesichter waren jetzt alt wie meins, aber keiner hatte vergessen, wie wir einmal waren. Viel Zeit wird ihm wohl nicht mehr bleiben, der grau gewordene Autor ahnt es. 

Bill Davis und seine Frau Anne sind großzügige Gastgeber. Das imposante Landgut der US-Amerikaner, südwestlich von Málaga im Stadtteil Churriana, Richtung Alhaurin de la Torre, ist immer voller Freunde und Gäste. Die Familie Davis lebt mit zahlreichen Bediensteten in dem langgestreckten Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, das früher eine diplomatische Vertretung gewesen ist. Das Ehepaar hat zwei Kinder, die Tochter Nena und den Sohn Timothy, genannt Teo.

Oft unterhält sich Hemingway sich mit dem jungen Teo, morgens am Pool, er erzählt von Kuba und von seinen Reisen. Der Nobelpreisträger hat rapide abgebaut in den letzten Monaten, seit geraumer Zeit quält ihn eine Sehnsucht nach den glücklichen Jahren. Sonst hat er es nicht so mit Kindern, aber zu dem achtjährigen Teo findet er einen guten Draht. Die eigene Vergänglichkeit im Blick, sieht er in dem Kind, wie er selbst einmal gewesen ist, vor ewiger Zeit, damals an den Seen und in den Wäldern im Norden Michigans.

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Auf der Terrasse vor diesem Pool – heute außer Betrieb – albern Teo Davis und Ernest Hemingway. La Cónsula, Málaga 2019; Foto: Wolfgang Stock

Timothy Davis wird am 18. April 1951 geboren, in Paris, er wächst in Südspanien auf. Er besucht das feine Eton College in England, geht dann mit 21 Jahren in die USA. Beim Houston Chronicle findet er einen ersten Job, zieht weiter nach Los Angeles. Er schreibt Drehbücher, versucht sich als Produzent, sein beruflicher Weg erweist sich als stolperig. Jedoch besitzt er eine seltene Gabe: Er kann Menschen einnehmen. Teo ist unterhaltsam und eloquent, er besitzt eine schöne Stimme mit britischem Akzent. Von den Freunden wird er als liebenswürdiger Mensch geschildert, ein Mann mit Humor, Intelligenz und Charme. 

Die Erinnerung an Ernest Hemingway zieht sich durch sein Leben. Wir haben ihn Papa genannt, wie alle, verrät Teo im Gespräch mit Tony Castro. Ernest war wie ein großer Teddybär. Wenn er anwesend war, hat sich alles um ihn gedreht. Die Tage und Wochen mit dem Nobelpreisträge haben ihn geprägt, sie liegen wie ein Omen über seiner Person. Ich war jung, wusste nichts über seine Bedeutung. Erst später ist mit klar geworden, wie wichtig er war.

Der berühmte Gast steht früh auf, stellt sich an sein Stehpult auf der rundlaufenden Veranda im ersten Stockwerk und schreibt. Manchmal streunen er und Teo durch das weite herrschaftliche Haus, Hemingway kann auch juxen und herumkaspern. Er mochte die Musik von Fats Waller und meine Eltern hatten Platten, die sie neben dem Pool abspielten. Hemingway Lieblingsstück war Your Feet’s Too Big. Er selber sang nicht mit, forderte aber die Anwesenden es zu tun.

Besonders die Feier zu Hemingways 60. Geburtstag auf La Cónsula wird Teo nicht vergessen. Eine riesige Sause mit Feuerwerk, einem Musikorchester, mit Flamenco-Tänzern und Jahrmarktsbuden, vor Gästen aus aller Welt. Der Champagner fließt in Strömen, im Juli 1959. Zwei Jahre später ist Ernest Hemingway tot. Von eigener Hand erschossen, mit 61 Jahren. Erst viel später habe ich erfahren, wie er umgekommen ist. Er hat ein langes, reiches Leben gelebt und offensichtlich, so hat er es wohl gesehen, es ist an sein Ende angelangt.

Schon seit langem vernachlässigt Teo seine Gesundheit. Camel ohne Filter, Kette, wilde Partys bis zum Umfallen, zu viel Alkohol, harte Drogen, Ärger mit der Justiz. Sein Alltag wird getrieben von Unruhe, Sprunghaftigkeit und von Wankelmut. Wo soll diese arme Seele halt finden? Für die Ehe ist er nicht gemacht, ein Versuch scheitert nach wenigen Monaten. Und die Hiobsbotschaften trudeln in immer kürzeren Abständen ein: Überdosis, Herzschwäche, Diabetes. 

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Teo Davis und seine Schwester Nena, im Jahr 2015. Foto: Davis.

Timothy Logan Bakewell Davis, den alle Teo nennen und der als unbeschwertes Kind mit dem gealterten Ernest Hemingway unbeschwerte Momente erlebt, kommt ebenso zu einem viel zu frühen Ende. Am 1. März 2016 hört sein kraftloses Herz auf zu schlagen. In Pasadena, Kalifornien, mit nur 64 Jahren. Seine ein Jahr jüngere Schwester Nena hat für den geliebten Bruder eine Seite eingerichtet. Ihr Gedenken nennen sie zart und einfach Teo Davis – Much Loved

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