Ernest Hemingway und der Kameramann Joris Ivens 1937 im Spanischen Bürgerkrieg während der Aufnahmen zu The Spanish Earth. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Dem Spanischen Bürgerkrieg steht Ernest Hemingway anfangs zwiegespalten gegenüber. Er mag zunächst weder für die Putschisten noch für die Regierungstreuen Partei ergreifen, denn er besitzt Freunde in beiden Lagern. Doch dann vermeldet ihm sein Instinkt, wo in dem Konflikt seine politische Heimat zu finden ist: auf der Seite der einfachen Menschen, bei den liberalen und linken Bürgern und an der Seite all jener, die sich gegen den Umsturz durch das Militär stellen.

In seinen Depeschen berichtet der Kriegsreporter hautnah von den Kämpfen in Spanien. Seine Anteilnahme im Süden Europas sieht Ernest nicht nur politisch, sondern in erster Linie als Verneigung vor der spanischen Seele. Seine Zeit auf der iberischen Halbinsel bezeichnet er zärtlich als meine spanischen Jahre. Trotzig lässt Hemingway seinen Protagonisten Robert Jordan in Wem die Stunde schlägt ausrufen: Die Welt ist ein schöner Ort und wert, dass man um sie kämpft.

Selbst in seiner Heimat lässt ihn der Krieg im fernen Europa nicht los. In Key West will er den Kommentar zu dem Film The Spanish Earth fertigstellen, einem Propaganda-Streifen, den der niederländische Filmemacher Joris Ivens erstellt hat. Im Juni 1937 reist der Schriftsteller dann nach New York zum Schriftstellerkongress der League of American Writers. In der Carnegie Hall werden am 4. Juni vor 3.500 Besuchern erste Ausschnitte von The Spanish Earth gezeigt, ohne Tonspur.

Und Ernest Hemingway ersteigt das Podium und hält einen siebenminütigen flammenden Appell. Es gibt nur eine Regierungsform, die keine guten Schriftsteller hervorbringen kann, ruft er unter dem tosenden Beifall der Kollegen in den Saal, und dieses System ist der Faschismus. Dem Amerikaner ist klar: Ob Schurken wie dieser Franco durchkommen, ob es einen riesigen Knall gibt, nicht nur in Spanien, dafür wird auf der iberischen Halbinsel das Vorspiel gegeben.  

Doch der General Francisco Franco y Bahamonde wird nicht besiegt. Als Ernest Hemingway und Martha Gellhorn im November 1938 ein letztes Mal in den Bürgerkrieg zurückkehren, sind die meisten republikanischen Frontabschnitte zusammengebrochen und in die Hand der Nationalisten gefallen. Der Sieg der Putschisten ist nur eine Frage von Tagen. Die Loyalisten verlieren diesen Krieg und ein desillusionierter Schriftsteller kehrt in die USA zurück. Ende Januar 1939 fällt Barcelona, im März Madrid, und auch Ernest Hemingway persönlich hat nun diese grausame Schlacht verloren. 

Jahrelang darf Ernest Hemingway nicht einreisen nach Spanien. Er verspürt dazu auch keine Lust, viele seiner Freunde sitzen im Gefängnis. Im Jahr 1953 wird der Bann aufgehoben, der berühmte Schriftsteller versucht eine behutsame Annäherung. Diesem Ernest Hemingway, der selbst während der Franco-Diktatur von den Bürgern so umschwärmt ist wie kein anderer ausländischer Autor, sieht man von Regierungsseite die einstige Unterstützung der Linken im Bürgerkrieg gönnerhaft nach.

In einer Art Narrenfreiheit lässt ihn das franquistische Regime „als Freund Spaniens“ gewähren, ihm wird indes signalisiert, sich nicht politisch zu äußern. Dem klammen Diktator Franco ist in jenen Jahren an guten Beziehungen zu den USA sowie an kaufkräftigen Touristen aus Übersee gelegen. Hemingway mag da von Nutzen sein. Doch je länger sich die Streifzüge über die Halbinsel per Auto auf den schäbigen Straßen dahinschleppen, desto stärker überkommt den Schriftsteller die Wehmut.

Denn es entgeht ihm nicht, dass sein über alles geliebte Spanien sich in den Jahren unter der franquistischen Diktatur verändert hat. An vielen Orten wird Ernest Hemingway an die dunkle Vergangenheit des Bürgerkrieges erinnert, an die erbarmungslosen Kampfhandlungen und an die schmerzliche Kapitulation, die ja auch seine Niederlage gewesen ist. Es sind seine Gegner, die jetzt das Land regieren.

Als er Doña Carmen Polo de Franco, die Ehefrau des Diktators und Ehrengast in der Stierkampf-Arena von Bilbao, erblickt, wird ihm diese Schmach schmerzlich bewusst. Die muntere Lebensfreude, die einst auf dem Land gelegen hat, scheint dahin. Er kann sich nur langsam an seine alte Liebe gewöhnen. Über die Traditionen, über die Menschen und über die irdischen Genüsse, die ja die Gleichen geblieben sind, findet er Stück für Stück zurück zu Spanien.

Seine Wette hat der Schriftsteller dann doch noch eingehalten. Ernest Hemingway ist nie verschwunden aus Pamplona, aus Madrid, aus Ronda. Sein Gegner aus dem Bürgerkrieg, der General Franco, schon. Ernesto ist heute noch gegenwärtig in Spanien, weil die Menschen es so wollen. Der Verlierer hat gewonnen, so wie der Gewinner verloren hat. Diesen Sinneswandel der historischen Tatsachen nimmt man überall im Land wahr. Und in manch einer Erzählung von ihm geht es um nichts anderes. Um den Sieg in der Niederlage.

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