Auf den Fersen von Ernest Hemingway

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Ernest Hemingway & Martha Gellhorn

Martha Gellhorn und Ernest Hemingway im Jahr 1940 im Sun Valley, Idaho.
Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Nach dem Spanischen Bürgerkrieg reift in Ernest Hemingway der Wunsch, sich auf Kuba für immer niederzulassen. Die Insel liegt weit genug von seiner Ehefrau Pauline und den Vorhaltungen der Familie. Doch seine Geliebte Martha Gellhorn hat schnell genug von dem tristen Doppelzimmer im Hotel Ambos Mundos und entdeckt in einer kubanischen Tageszeitung die Annonce zur Anmietung eines herrschaftlichen Gutshauses außerhalb von Havanna.

Finca Vigía, ein Landgut gut 15 Kilometer südlich vom Zentrum Havannas gelegen, wird ab Mai 1939 das neue Zuhause des Liebespaares. Ein paar Monate später kauft Ernest Hemingway das entlegene 15 Hektar große Anwesen für 18.500 Dollar. Die gewandte Martha lässt das heruntergekommene Haus renovieren und behaglich einrichten. Dies hält die zielstrebige Frau allerdings nicht davon ab, weiterhin als Reporterin um die Welt zu düsen.

Sie schaut sich in Nazi-Deutschland um, die umtriebige Journalistin besucht Portugal, Prag, England, Finnland, sie reist nach Asien, nach Burma und Singapur, unermüdlich schreibt sie ihre Artikel. Der Liebhaber Ernest Hemingway kriegt seine Angebetete monatelang nicht zu Gesicht. Trotz ihrer zappeligen Liebesbeziehung, die sie nun schon vier Jahre mit Aufs und Abs erleben, beschließen Ernest Hemingway und Martha Gellhorn, zu heiraten.

Am 4. November 1940 wird die Scheidung von Pauline beurkundet, am 21. November heiraten die beiden vor einem Friedensrichter in Cheyenne, Wyoming. Beruflich bleibt Martha nach wie vor viel unterwegs, Guam, die Philippinen, überall wird die attraktive Frau von Ernest Hemingway hofiert wie eine Filmdiva. Martha ist immens fleißig, sie schreibt viel und publiziert Bücher, insgesamt 20 an der Zahl.

Die Finca Vigía auf Kuba bildet zwar den Lebensmittelpunkt des Paares, obwohl Martha Gellhorn ohne Pause

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Ernest Hemingway & Mary Welsh

Ernest und Mary Hemingway 1953 unter einem Regenbogen in Ostafrika. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Nach Ernest Hemingways Selbsttötung im Juli 1961 sprechen sich seine Witwe Mary und die erste Ehefrau Hadley Richardson am Telefon aus. Mary, die weiß, dass der Nobelpreisträger seine Hadley bis zum Schluss geliebt hat, bleibt auch über Ernests Tod hinaus die tapfere Ehefrau. „Ich will, dass er nach Hause kommt“, sagt Miss Mary, „er fehlt mir so.“

Mary Hemingway wird jene Ehefrau sein, die den Nobelpreisträger in den Jahren des körperlichen und geistigen Niedergangs begleitet. Miss Mary versucht, mit gesundem Essen und einem vernünftigen Lebensstil gegen den Verfall anzukämpfen. Ihr Ehemann betrachtet es als Schikane. „Du trinkst zuviel!“, wirft Mary ihm vor. Du nörgelst zuviel, kontert Ernest.

Der große Ernest Hemingway wird in den letzten Jahren behandelt wie ein kleines Kind. Lauter Gebote und Verbote, er wird ans Gängelband genommen wie ein alter Dackel, und mit jedem Tag wird die Leine ein Stück straffer gezogen. Alle Menschen um ihn herum, so kommt es ihm vor, wollen ihn mehr und mehr entmündigen. Doktor Herrera Sotolongo, sein Hausarzt, Miss Mary, die Angestellten. All das, was ihm noch ein wenig Vergnügen bereitet, wird verboten.

In den späten 1950er Jahren fühlt sich Ernest Hemingway ausgelaugt und verbraucht. Ist er am Ende? Kommt er an den Schlusspunkt seines Weges als Mann, als Schreiber, als Mensch? Er ist leer und ohne jede Kraft für Hoffnung. Was ist wichtig im Leben eines Mannes? Gesund bleiben. Gut zu arbeiten. Ausgehen und Trinken mit seinen Freunden. Spaß im Bett zu haben. Ich habe nichts mehr von alledem. Verstehst Du, klagt der Schriftsteller seinem Freund A. E. Hotchner, verdammt nochmal. Keines davon

Die tapfere Mary trägt die Schwächen ihres Ehemannes, den Alkohol, die Frauengeschichten, die Tobsuchtsanfälle, mit bewundernswerter Contenance, sie

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Ernest Hemingway & Pauline Pfeiffer

Ernest Hemingway und Pauline Pfeiffer auf ihrem tropischen Anwesen in Key West, Florida. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Die Scheidung von Hadley ist im Januar 1927 durch, im Mai wird Pauline Pfeiffer dann die zweite Ehefrau von Ernest Hemingway. Die Flitterwochen verbringt das verliebte Pärchen in Le Grau-du-Roi, in der Camargue. Pauline sei eine lebenslustige Frau mit viel Humor, eine hervorragende Journalistin, so wird sie von Kollegen beschrieben, sie habe für ihre Zeitschriften großartige Geschichten geschrieben. Ernest Hemingway zeigt sich von der gewandten Frau hellauf begeistert.

Die Hemingways kehren Paris bald den Rücken und beschließen nach der Übersiedlung in die USA, sich in Florida fest niederzulassen. Die Familie wird in Key West Wurzeln schlagen, ganz an der Spitze der Keys. Das Ehepaar, nun mit den Kindern Patrick und Gregory, wohnt ab April 1931 in einem edlen Kolonialhaus an der Whitehead Street, Nummer 907. Das vornehme Anwesen hat Paulines Onkel Gustavus Adolphus Pfeiffer, der Bruder ihres Vaters, für die beiden gekauft.

Zusammen mit Pauline lebt der Schriftsteller von 1931 bis 1939 in dem Haus von Key West. Meist verbringt die Familie dort die in Florida sonnigen Wintermonate, im Sommer geht es dann nach Europa oder oft in die Berge, nach Wyoming oder Montana, wo Ernest seiner Leidenschaft, dem Jagen, nachgehen kann. Der Schriftsteller ist eine Größe in der Stadt, er hat einen beachtlichen Freundeskreis aufgebaut. Ernest Hemingway schreibt vormittags, nachmittags geht er mit den Freunden fischen im Golf von Florida und abends ist er zumeist im Sloppy Joe’s anzutreffen

Alles in allem sind es vergnügte Tage, Wochen und Monate in Key West, doch ist Ernest Hemingway in jenen Jahren wirklich glücklich? Hat er seine Mitte gefunden? We have a fine house here, and the kids are all well, schreibt er in einem Brief, das Haus sei schön und die Kinder wohlauf. Als Schriftsteller hat er sich einen ordentlichen Namen gemacht, doch Freunde bemerken an ihm eine innere Getriebenheit. Und auch die Ehe mit der kränklichen Pauline köchelt nur noch lau vor sich hin.

Während des Spanischen Bürgerkrieges fängt Ernest Hemingway eine handfeste Affäre mit der Kollegin Martha Gellhorn an. Seit der Jahreswende

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Das Grab des Ernest Hemingway

Die letzte Ruhe des Ernest Hemingway unter zwei Kiefern.
Ketchum, im April 2018; Foto: W. Stock

Des Abends kühlt es im Sun Valley rasch ab und die Schatten von den Hügeln auf das Tal legen sich schwer auf den Friedhof. Der Ketchum Cemetery zwischen Knob Hill und dem Golfplatz ist ein Friedhof für alle, so wie es sein sollte, für die 100-Prozentigen, für die Protestanten, für Evangelisten, für Gottesleugner, im Tod finden sie alle zusammen. Und weil die Amerikaner auch beim Exitus überaus pragmatisch denken, kann man über den Friedhof mit dem Auto gleich bis kurz vor die Grabstelle fahren. 

Der Friedhof in den Höhen der Rocky Mountains ist flach gestaltet, es finden sich keine wuchtigen Grabsteine, sondern lediglich kniehohe Grabplatten oder solche, die ganz in den Boden gelassen sind. Die Grabstätte von Ernest Hemingway liegt im zentralen hinteren Teil unter zwei Kiefern und ist flach über der Erde mit einer hellen Steinplatte abgedeckt. Ernest Miller Hemingway, July 21, 1899 – July 2, 1961 lautet die schlichte Inschrift.

Miss Mary liegt direkt neben ihm, Mary Welsh Hemingway, Apr. 5, 1908 – Nov. 27, 1986, steht bei ihr. Kiefernnadeln fallen auf die letzte Ruhestätte des Ernest Hemingway. Auf der Grabplatte aus klarem Quarzit liegen halbgetrunkene Whiskey-Fläschchen, kleine Geldmünzen, Schreibstifte oder andere Mitbringsel, die Bewunderer als Zeichen ihrer Ehrerbietung dagelassen haben. Die Grabstätte wird

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Eine Heimstätte für die geschundene Seele

Büste von Robert Berks auf dem ‚Hemingway Memorial‘ bei Ketchum;
Photo by W. Stock, 2018

In seinem einsamen Landhaus in den entlegenen Bergen Idahos, weit weg von den vorlaut plappernden Städten und der neumodischen Welt des Wirtschaftswunders, sucht Ernest Hemingway eine Versöhnung mit sich und der Natur. Der Umzug nach Ketchum in das Anwesen am East Canyon Run Boulevard im Jahr 1959 gleicht einem Rückzug in ein Reservat seiner überkommenen Werte- und Lebensvorstellungen.

Auf Kuba tobt die Revolution gegen das Althergebrachte und die Willkür des Gestrigen. Und auch in seinem Heimatland probt die Jugend den Aufstand. Nun hört die kulturelle Avantgarde auf die hektischen Bebop-Rhythmen eines Charlie Parker, die aufmüpfige Jugend hat sich endgültig den Rock ‚n‘ Roll zu eigen gemacht, das Publikum hat sich an den dahinbrummenden Swingmelodien eines Benny Goodman einfach satt gehört.

Die Welt da draußen fliegt ihm mit einem Mal um die Ohren, seine Rolle als forscher Dompteur der Gegenwart ist mit einem Mal abgenutzt. Es scheint als sei man dabei, die Gewissheiten und die Wahrheiten von gestern auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Seine Denkart und der Lebensstil, aber auch der Tonfall seines Schreibens scheinen auf irgendeine Art und Weise von gestern.

Beim Schreiben spürt er eine ständige Verkrampfung, die er von früher her so nicht kannte. Er merkt, dass seine Art zu schreiben irgendwie von der Wirklichkeit überholt wird. In den Jahren des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Krieg hat die eisige Lakonik seiner Prosa viel an Glanz verloren. Ernest Hemingway merkt, dass alles schwieriger wird. Er sitzt stundenlang am Schreibtisch, grübelt immer länger über den Sätzen, er streicht die Wörter, ersetzt sie durch andere, und ist immer noch nicht zufrieden.

Ernest Hemingway kann die Spannung im Text nicht erzwingen, die Handlung plätschert nur so dahin, die Dialoge empfindet er oft als unecht und fad. Im günstigsten Fall reicht es für den Aufguss seiner Prosa, manchmal klingen seine Texte wie die eigene Parodie. Das moderne Publikum verlangt in diesen beginnenden wilden 1960er Jahren nicht nur nach innovativen Erzählstilen und nach einer komplexeren Sprache, sondern vor allem auch nach zeitgemäßen Themen. Ob er da mit einem Buch über den Stierkampf die Leser mitreißen kann?

Der alt gewordene Schriftsteller, der seit einem halben Jahrzehnt kein Buch mehr veröffentlicht hat und der nicht mehr schreiben kann, zieht sich verunsichert zurück in sein Ketchumer Schneckenhaus, er kapselt sich ab und igelt sich ein, um seinem maladen Selbstwertgefühl etwas Linderung zu verschaffen. Er braucht Ruhe, um überhaupt schreiben zu können. Das Umherziehen in der weiten Welt soll abgelöst werden, indem er seine innere Mitte findet.

Ernest Hemingway hat Orte und Landstriche besucht, die durch ihn

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Ernest Hemingways letztes Haus

Das Haus der Hemingways in Ketchum, Idaho;
Photo by W. Stock, 2018.

Das abgeschiedene Landhaus ist im Nordwesten außerhalb der Stadt in einen grünen Hügel eingebettet. Die Straße besitzt keinen Namen, es ist die Verlängerung des East Canyon Run Boulevards, früher standen hier keine Gebäude, heute heißt der feine Stadtteil Warm Springs Neighborhood. Unter einem Holztorbogen, wie auf einer Ranch im ländlichen Amerika üblich, steht dann irgendwann Private Road auf einem abschreckenden Schild.

Man muss einen unbefestigten Weg steil hinauffahren bis man dann auf die Anhöhe zum ersten Haus auf dem Schotterweg kommt. Man kann das Auto im Vorhof parken und über den Hintereingang in das Hemingway House eintreten. Der Haustürschlüssel liegt bei Jenny, der Direktorin der Ketchum Community Library. Und die rückt ihn im Normalfall nicht heraus.

Das große Haus, von weitem sieht es wie aus Holz gebaut aus, ist aus massivem holzfarbenen Zement. Alles scheint hochwertig und doch kein Protz, das Anwesen ist zweckmässig und harmonisch in die raue Natur eingepasst. Der Baustil gleicht dem der Sun Valley Lodge, möglicherweise wurde es vom selben Architekten konzipiert mit dem gleichen Baumaterial.

Das Haus selbst besteht aus drei Ebenen, der Wohnebene von vielleicht 80 Quadratmetern, darüber das Obergeschoss in gleicher Höhe und einem Basement von etwa 60 Quadratmetern. Das Grundstück geht bis weit hinunter zum Big Wood River, insgesamt über drei Hektar Land, eine Meile Flussbreite gehört zum Grundstück, einem der größten in ganz Ketchum.

Das Untergeschoss, das innenläufig über eine schmale Treppe mit der Diele im Wohngeschoss verbunden ist, diente 

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Idaho – The Last Good Country

Das Sun Valley, umgeben von den Ausläufern der Rocky Mountains;
Photo: W. Stock, 2018

Im Spätsommer 1958 wird Ketchum Nebenwohnsitz der Hemingways, ein Jahr darauf dann der Lebensmittelpunkt des Ehepaares und schließlich auch Ernest Hemingways Todesort. Auch wenn Ernest Hemingway aus seinem kubanischen Paradies vertrieben ist, so bleibt der Umzug nach Ketchum eine versuchte Heimkehr zu den vitalen Jahren. Ähnlich wie die Finca Vigía wird auch das entlegene Ketchum für ihn zu einem Ort des inneren Rückzugs.

Die Turbulenzen der modernen Welt engen den Lebenstraum des Ernest Hemingway immer weiter ein und er ist froh, ein kleines Reservat für seine angestammte Gefühlswelt zu finden, weit weg von dem neumodischen Gewäsch der Nachkriegsjahre. The Last Good Country heißt eine Kurzgeschichte von ihm, die posthum veröffentlicht wird, am Ende seines Lebens fühlt er sich in die Enge getrieben, geographisch, literarisch, medizinisch und vor allem in Bezug auf seine Ideale und seine Lebensweise.

So ist es kein Wunder, dass Ernest Hemingway sich in die Abgeschiedenheit der Bergwelt Idahos einigelt in seinen letzten beiden Jahren. Auf dem Gipfel des Berges angekommen schauten die beiden zurück und sahen den See im Mondlicht. Die Nacht war klar genug, um den dunklen Punkt zu sehen, und dahinter die Anhöhe der fernen Küste. „Wir sollten ihm noch Lebewohl sagen“, meinte Nick Adams. „Lebewohl, See“, sagte Littless. „Auch ich liebe Dich.“

Am Ende seiner Tage merkt der Schriftsteller an sich allerdings ein

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Ava Gardner in Hemingways Swimmingpool

Ava Gardner - The Story

Ava Gardner – The Story

Der Swimmingpool im Garten von Finca Vigía auf Kuba ist Ernest Hemingway heilig. Dort sucht er Abkühlung oder auch ein wenig Leichtsinn. Nackend, alleine oder auch mal mit Ava Gardner, der Sexbombe schlechthin, nach der er verrückt ist und deren Höschen er aufhebt und versteckt, als sei es die Medaille seines Nobelpreises.

Zwei Jahre lebt Ava Gardner ab 1954 in Madrid, wo Ernest Hemingway und sie zu Freunden werden. Er nimmt die Frau vom Jahrgang 1922 mit zur Stierkampfarena. führt sie in die Rituale der Corrida ein, und Ava beginnt eine heftige Affäre mit dem berühmten Stierkämpfer Luis Miguel Dominguín.

Die Schönheit und die erotische Ausstrahlung der Ava Gardner in jenen Jahres bleibt unübertroffen. Sie wird zum Idealbild der femme fatale, sie zieht die Männer an wie das Licht die Motten. Und, wenn die sich darauf einlassen, dann kann es in der Tat schon mal fatal enden.

Ava Gardner, die Liste ihrer gebrochenen Herzen ist lang. Mickey Rooney, Artie Shaw, Howard Hughes, Frank Sinatra, auch er, der alte Hem. Er ist verknallt in diese Frau, am liebsten hätte er sie auf Finca Vigía für immer und ewig behalten.

Er kann mit ihr lachen, sie mag den Stierkampf, sie will beschützt werden, was will man als Mann mehr, ach ja, und sie kann saufen wie ein Bauarbeiter. Ava, das ist Feuer und Flamme, alles auf einmal, ein Tropenbrand, und der Feuerwehr geht das Löschwasser aus. Vielleicht ist Ava zu viel für einen Mann oder auch zu viel für sie selbst.

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Mary Welsh, der Glücksfall

Mary Welsh, Mai 1956; Photo by Modeste von Unruh

Mary Welsh, Mai 1956; Photo by Modeste von Unruh

Mary Welsh ist eine kleine aparte Frau mit kurzer Blondhaar-Frisur, eine Grande Dame, elegant zu jeder Tageszeit und mit betont guten Manieren. Diese hübsche Frau in dem kurzärmeligen, karierten Hemd, die ihren Schmuck nur dezent trägt, wirkt bisweilen wie das Gegenbild zu ihrem eher großkotzig auftretenden Ehemann.

Wenn Mary ihre Wayfarer-Sonnenbrille aufsetzt, ergibt die Ausstrahlung dieser feinen Frau einen merkwürdigen Kontrast zu diesen sonnenverbrannten und harschen Gegenden, wo sich Ernest Hemingway meist herumzutreiben pflegt. Irgendwie passt sie nicht so recht in die Tropen, zu Kuba, nach Afrika, aber andererseits merkt man, sie kommt hervorragend zurecht.

Mary Welsh ist Ernest Hemingways vierte Ehefrau. Man darf sie als Glücksfall für den Schriftsteller bezeichnen. Obwohl manche, gerade einige der kubanischen Angestellten der Finca Vigía, sie als kalt, herrisch und berechnend schildern. Zu vielen aus Hemingways Freundeskreis pflegt sie ein eher distanziertes Verhältnis.

Aber andererseits, wie will man es mit einem Kerl wie Hemingway aushalten, wenn man nicht andauernd auf Hab-Acht ist? Wäre es wirklich sinnvoll, an der Seite des quirligen Bauchmenschen Ernest einen weiteren Wirbelwind zu haben?

Im März 1946 heiratet Ernest Hemingway seine Mary Welsh auf Kuba. Mary nimmt sich in der Ehe mit Ernest sehr zurück, es macht ihr nichts aus, sich im Hintergrund zu halten. Gegen den gewaltigen Schatten dieses Ernest Hemingway gibt es kein Anleuchten, die schlaue Mary weiß das. Dafür waltet und schaltet sie zu Hause, kommandiert

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Hemingway kicks a can

Mein Lieblingsphoto mit Ernest Hemingway? Nun, leichte Frage, Hemingway kicks a can. He kicks eine Dose Bier, um genau zu sein. Aufgenommen von John Bryson, am 1. Februar 1959. In Ketchum. Fabelhaftes Photo!

Das Photo wird zum ersten Mal in LIFE veröffentlicht, am 14. Juli 1961. Unter dieses Photo schreibt das Magazin: At 60 and still full of the Old Nick, Papa Hemingway booted a beer can high in the air along a Idaho road. This was, he said, “the best picture I ever had taken.”

Am 2. Juli 1961 schießt sich Ernest Hemingway in Ketchum eine Ladung Schrot ins schwermütige Hirn. Und LIFE bringt zu seinem Nachruf genau dieses Photo. Mit Brysons Schnappschuss, zwei Jahre vor seinem Tod aufgenommen, will Ernest Hemingway wohl noch einmal ein kraftvolles Lebenszeichen von sich geben. Das dynamische Wegkicken der Dose, dieser elastische Ausfallschritt, soll uns die Botschaft übermitteln, hier seht ihr keinen fast 60-Jährigen, sondern noch immer einen jungen Kerl.

John Brysons Photo wirkt auf mich auch deshalb so betörend, weil es Hemingway letzte Heimat, die Winterberge Idahos, nicht

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