The ‚Papa Pack‘ in Peru: Kip Farrington, Elicio Argüelles II, Mary Welsh Hemingway, Ellis O. Briggs, ein Marlin von 900 Pfund, Ernest Hemingway, Louis Jennings, Cloyce J. Tippett. Cabo Blanco, im Mai 1956.

Eine schöne Truppe hat der Nobelpreisträger in Cabo Blanco um sich versammelt. Nicht dass er alle eingeladen hätte, gute Freunde erscheinen einfach, sie sind plötzlich da. Wie ein Magnet zieht der Schriftsteller abenteuerliche Menschen mit spannenden Biographien an. Menschen, die etwas erreicht haben außer nur dahin zu leben, Personen, die aus dem Rahmen fallen, die unabhängig sind, nicht auf den Geldbeutel bezogen, unabhängig vor allem in der Birne.

Ernest Hemingway umgibt sich gerne mit Freunden. Um in den inneren Zirkel seines Freundeskreises vorzudringen, sind mindestens drei Voraussetzungen zu erfüllen: Zunächst muss der Kandidat verdammt gut saufen können. Dann sollte er der Jagd auf lebende Tiere etwas abgewinnen können. Und drittens, einen vollbärtigen Schriftsteller aus Chicago ein klein wenig anzuhimmeln, auch dies mag nicht ganz verkehrt sein. Einen Menschen anhimmeln, ein schönes Bild, das ausgezeichnet passt.

Manchmal, wenn die Depression ihn in Ruhe lässt, fühlt er sich wie ein kleiner Gott. Er möchte bewundert werden, gleichwohl braucht er keine Lakaien oder Stiefellecker. Leute, die anderen in den Hintern kriechen oder Menschen, die es jedermann immer und überall recht machen wollen, all das verabscheut er. Ernest Hemingway mag Mannskerle mit Mumm und auf Augenhöhe, vom Interesse, von den Vorlieben, vom Temperament. Kurz gesagt: Er will richtige Freunde.

Viejo, weißt Du, was ein richtig guter Freund ist?, fragt der Nobelpreisträger am Morgen seinen Kapitän Gregorio Fuentes. „Sie und ich, wir sind Freunde“, antwortet der einfache kubanische Fischer dem Autor. Ernest Hemingway entgegnet ihm darauf: Viejo, ein Freund ist mehr als ein Vater und mehr als ein Bruder. Eine Freundschaft gründet auf gemeinschaftliches Erleben. Du und ich sind nun zwanzig Jahre gemeinsam an Bord der ‚Pilar‘. Woher kamen wir beide denn? Scheißegal, Viejo, eines Tages haben wir zusammen gefunden, Du mit deinem Leben, und ich mit meinem. Zwei Freunde, das ist wie zwei Leben, die zusammen finden.

In Cabo Blanco findet sich Kip Farrington an seiner Seite, ein ehemaliger New Yorker Börsenmakler. Der Mann hat von heute auf morgen seinen Beruf an den Nagel gehängt und eine Menge Geld in den Wind geblasen. Jetzt ist er glücklich, weil er an Küsten wie jener vor Nordperu große Fische fangen darf. Und ein Buch nach dem anderen über das Sportangeln schreiben kann, anstatt an der Wall Street reichen Idioten und billigen Aktien nachzulaufen.

Oder Elicio Argüelles y García-Menocal, oberflächlich gesehen ein Lebemann, aber dann doch eine Person von bemerkenswerter Strebsamkeit. Ein Rechtsanwalt, jemand mit Hang zur Politik, er will irgendwann einmal Senator werden in seiner Heimatstadt Havanna. Wie sein Vater, selbst einen Staatspräsidenten kann die Familie vorweisen, seinen Onkel Mario García Menocal. Trotzdem ein Mann mit Prinzipien und ein Kamerad, der immer für den anderen da ist.

Der Schriftsteller hört in Cabo Blanco auf den Rat seines Freundes Louis Jennings. Lou, wie ihn alle nennen, ist ein Teufelskerl. Er hat sich vom Fahrer eines Filmrequisite-Trucks bis zum Kameramann bei Warner Brothers hochgearbeitet. Gerade hat der agile Mann aus Ashland in Oregon den Film The Lone Ranger abgedreht und er kommt mittlerweile auf fast 30 Streifen hinter der Kamera.

Der 53-Jährige und Ernest Hemingway kennen sich schon lange, weil Lou ein erfolgreicher Sportangler ist und beide auf Kuba einige Male zusammen hinausgefahren sind. Louis Jennings, der drei Jahre jünger ist als er, gehört zur Sorte Mensch, der das Geschäftliche einerlei ist. Lou will mit seiner mächtigen Cunningham-Kamera vor allem schöne Bilder einfangen und mit der Angelrute ab und an einen großen Fisch. Und beide eint eine weitere irdische Freude: ein guter Whiskey. (Anfang von Kapitel 19 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken).

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