Auf Finca Vigía, seiner kubanischen Farm bei San Francisco de Paula, lebt Ernest Hemingway das Leben, von dem er immer geträumt hat. Hier mitten in den Tropen kann er der Mensch sein, der er immer sein wollte. Ein Schriftsteller, ein Frauenheld, ein Familienvater, ein Freund des Meeres. Und vor allem ist er ein Mensch, der mit jeder Pore merkt und spürt, dass er lebt, richtig lebt.

Das Leben fühlt sich wunderbar an, dieses unbekümmerte Leben auf dieser heiteren Insel, die er so sehr braucht, um den Akku für seinen hochtourigen Motor aufzuladen. Er braucht die Tropen für den Körper und noch mehr für seine Seele, Kuba wird sein Garten Eden mit ewigem Sonnenschein. 

Üblicherweise durchlebt ein Mensch ja den jahreszeitlichen Kreislauf der Natur. Auf seiner Finca Vigía jedoch herrscht unentwegt Hochsommer, der Frühling findet an einem Dienstagnachmittag statt, der Herbst schickt ein paar wilde Stürme und heftige Unwetter. Der Winter bleibt ein gänzlich unbekanntes Phänomen.

Immerfort sucht Ernest Hemingway diese Sonnensphären, seine Lieblingsplätze befinden sich fast alle in den Tropen oder in warmen Gefilden. Der Schriftsteller braucht die sommerliche, wolkenlose Natur, die ihn erwärmt. Der eisige Winter fühlt sich für ihn an wie ein kleiner Tod.

Part of you died each year
when the leaves fell from the trees
and their branches were bare against
the wind and the cold, wintery light.
But you knew there would always
be the spring, as you knew the river
would flow again after it was frozen.

Ernest Hemingway kennt das kleine Sterben des Menschen, er erzählt davon in Paris – Ein Fest fürs Leben. Seine Sätze sind so wundervoll, dass ich sie in Versform setzen muss. Einzig in der Natur folgen dem kalten Winter stets die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings. Im richtigen Leben geht das nicht. 

Jedes Jahr starb ein Teil von dir,
wenn die Blätter von den Bäumen fielen
und ihre Zweige kahl in den Wind
und in das kalte Winterlicht ragten.
Aber du wusstest, immer würde es
wieder Frühling werden,
so wie du wusstest, dass der zugefrorene Fluss
einmal wieder fließen würde.

Der bärtige Schriftsteller ist kein großer Freund der Kälte und des Winters. Und deshalb trifft man auf Finca Vigía einen genügsamen Ernest Hemingway an, einen stinknormalen heiteren Kerl in Shorts und ohne steifen Kragen, der barfuß oder in einfachen Schlappen herum läuft und am liebsten das Hemd offen lässt. Wenn er mal eine lange Hose anzieht, dann weiß man, er fährt in die Stadt.

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