4. Martha Gellhorn - der große Irrtum
Martha Gellhorn. Die Schönste, die Klügste, die Erfolgreichste. Und die Emanzipierteste. Zwei Dampfloks, die aufeinander zurasen. Die kürzeste Ehe.
« von 4 »

Wer von den vier Frauen war die beste Gefährtin für Ernest Hemingway? Einfache Frage, schwierige Antwort. Versuchen wir es.

Ernest Hemingway begreift sich, besonders in den jungen Lebensjahren, als ein körperlicher Mann. Der Mann aus Chicago nimmt mit, was er nur kriegen kann. Vier Ehen, dazu zahlreiche Affären. Denn mit der ehelichen Treue hält er es, weshalb auch immer, zeitlebens locker bis oberlocker. Ehepartnerinnen, Zweitfrauen, Freundinnen, Gespielinnen, sein Appetit auf Liebesabenteuer kennt keine Grenzen, der Frauenverschleiß dieses Nobelpreisträgers für Literatur ist enorm, das Angebot ist für einen erfolgreichen Schriftsteller gewaltig. 

In der Enge des amerikanischen Mittelwestens ist es für einen jungen Mann schwer, eine gesunde Identität zu finden. Im Hause der Familie Hemingways in Oak Park herrschen die rigiden Vorgaben einer calvinistischen Freudlosigkeit. Strebsamkeit, Arbeitseifer, ein tiefer Gottesglaube. Liebe kommt da nicht vor, noch nicht einmal beim Nachwuchszeugen. 

Ernest ist ein hochgewachsener, attraktiver Jugendlicher, der seine Klassenkameraden um ein, zwei Kopflängen übertrifft. Er wird zum Schwarm der Mädchen seines Jahrgangs und des darüber. In der Schule verzeichnet Nesto, wie er von den Mitschülern gerufen wird, die eine oder andere unschuldige Schwärmerei, es tut sich nicht viel.

Als er mit 22 Jahren in seine erste Ehe geht, ist Ernest Hemingway ein vollständig Ahnungsloser. Seine Auserwählte, Hadley Richardson, ist fast ein Jahrzehnt älter, ein eher mütterlicher Typ. Mit ihr geht er nach Paris.

In der französischen Hauptstadt erlebte das Ehepaar das brutale Kontrastprogramm zur Enge des Mittleren Westens. Solch ein freizügiges Denken und das offene Ausprobieren neuer Lebensformen kennt er aus seiner Heimat nicht, ein neuer Horizont an Selbstverwirklichung und Lebensfreude eröffnet sich ihm. Ernest ist begeistert. 

Doch das freie Leben in Paris inspiriert den jungen Amerikaner. Mit Hadley hat er einen mütterlichen Frauentyp geheiratet. Er ist glücklich, auch weil er geliebt wird, aber es reicht ihm nicht. Mit der androgyn auftretenden Pauline lässt er sich auf ein Experiment ein. Die Modejournalistin ist klein, dünn, flachbrüstig, überhaupt nicht sein Typ, doch irgendetwas zieht ihn an. Er will etwas ausprobieren, weil er nichts verpassen will in Paris.

Seine dritte Ehefrau Martha fasziniert ihn wegen der platinblonden Haare, voll und ganz sein Beuteschema. Dass er eine selbstbewusste und emanzipierte Erfolgsautorin heiratet, merkt er erst, als es schon zu spät ist. In Mary, der vierten Mrs. Hemingway, scheint er einen Querschnitt seiner drei verflossenen Ehefrauen gefunden zu haben. 

Ernest Hemingway heiratet früh, mit 22 Jahren, mit 27 ist er bereits zum ersten Mal geschieden. Insgesamt traut er sich viermal und immer geht eine Ehe in die nächste nahtlos über. Er gönnt sich keine Karenz, keine Zeit zum Luftholen oder zum Hinterfragen, Ernest denkt nicht groß nach über Ehe und Partnerschaft, über Respekt und Vertrauen. Er trägt vielmehr dafür Sorge, dass stets eine Frau an seiner Seite weilt, das scheint ihm zu reichen. Ich verliebe mich nicht, verrät Ernest Hemingway in einem Interview offenherzig, ich verheirate mich. 

Loading