Der einst legendäre ‚Cabo Blanco Fishing Club‘ verfällt immer mehr zum Geisterhaus am blauen Pazifik Perus. Cabo Blanco, im März 2016.

Im Oktober 1968 ist Schluss mit lustig. Auf einen Schlag findet die Existenz des Cabo Blanco Fishing Clubs ihr Ende, das exklusive Anwesen am Pazifik muss seine Pforten für die Sportangler schließen. Im März 1954 haben die Mitglieder die Eröffnung ihres edlen Klubs voller Zuversicht gefeiert, doch mehr als 14 Jahre sind dem Fishing Club an der Nordküste Perus nicht vergönnt. Die politische Großwetterlage in dem Andenstaat lässt das extravagante Freizeitvergnügen nicht mehr zu. 

Im Morgengrauen des 3. Oktober 1968 klingeln putschende Offiziere im Präsidentenpalast an der Plaza de Armas in Lima den gewählten Präsidenten Fernando Belaúnde Terry, einen rechtschaffenen bürgerlichen Herrn, aus dem Bett. Sie nehmen den im Volk beliebten Mittfünfziger in seinem Morgenmantel in Gewahrsam und zwingen den liberalen Politiker ins Exil nach Argentinien. Mit dem Putsch der linken Generäle wird in Peru nicht nur der Demokratie, sondern zugleich dem Cabo Blanco Fishing Club der Garaus bereitet. 

Auf den Sturz des Präsidenten Belaúnde Terry folgen zwölf dunkle Jahre. Für protzige Späße wie jene, die im Fishing Club veranstaltet werden, ist in den revolutionären Phantasiegebilden der Obristen kein Platz vorgesehen. Die Militärherren des Generals Juan Velasco Alvarado verstaatlichen die US-amerikanische International Petroleum Company und die englische Lobitos Oil, die Gegend am Pazifik rund um die Bohrtürme erklärt man kurzerhand zu militärischem Sperrgebiet. Die Zufahrt nach Cabo Blanco wird von der Armee bereits hinter El Alto gesperrt, der Fishing Club ist von der Außenwelt abgeschnitten.

Im Putschmonat Oktober stellt der Cabo Blanco Fishing Club die Aktivitäten für seine Mitglieder offiziell ein. In Anbetracht der aufgewühlten Stimmung im Lande würde die Fortführung eines solch elitären Klubs, der zudem von ausländischen Gesellschaftern geprägt ist, mit der Gefahr für Leib und Leben einhergehen. Zwar versucht der Klubpräsident Enrique Pardo Heeren ein halbes Jahr später, im April 1969, andere Teilhaber, Einheimische und Peruaner mit Verbindungen, für das Unternehmen zu gewinnen. Mit dem Ziel, den Fishing Club als Tourismus-Dienstleister neu zu positionieren. Enrique Pardo kämpft um den Klub, doch gegen die revolutionär aufgeheizte Agitation im Land ist nicht anzukommen. 

Die Militärjunta in Lima verfolgt eigene Pläne. Der neue Präsident Juan Velasco Alvarado stammt aus dem nahen Piura, der Vater hat in Talara als Lehrer gearbeitet, der linksgerichtete General kennt sich in der Gegend bestens aus. Sein Obristenregime will den Cabo Blanco Fishing Club zu einem Treffpunkt für die politischen und militärischen Funktionärskader des Landes umgestalten. Doch aus dem schönen Plan wird nichts, niemand kümmert sich so richtig um das Anwesen. 

Nach den Militärs kommen die Ratten. Das Interieur des Klubhauses wird geplündert, die Boote im Hafen verlottern, die ganze Anlage verfällt. Im Jahr 1970 lässt Klubpräsident Enrique Pardo Heeren den Cabo Blanco Fishing Club schließlich aus dem öffentlichen Register streichen. Zermürbt von zahlreichen Anfeindungen, er selbst hat die im Familienbesitz befindlichen Zuckerrohrfarmen in Tumán durch Enteignung verloren, gibt der Peruaner sein Lieblingsprojekt auf. 

Enrique Pardo Heeren stirbt 1988 in Lima, mit 82 Jahren, seine Witwe Rita Tennant erinnert sich, wie sehr ihrem Ehemann die Sorgen um den Cabo Blanco Fishing Club den Schlaf geraubt haben. Monatelang hat er aus eigener Tasche die Angestellten bezahlt, ebenso wie die Abgaben und Steuern, selbst als es für die Belegschaft gar nichts mehr zu tun gibt in Cabo Blanco. Denn das Herz des Enrique Pardo Heeren schlägt zu sehr für dieses Projekt.

Der Verfall des Cabo Blanco Fishing Clubs ist nicht mehr aufzuhalten. In den 1970er Jahren wohnen Ölarbeiter und deren Familien auf dem Klubgelände, es macht das Ganze nicht besser, mehr und mehr verwahrlost das gesamte Anwesen. Im Mai 1973 verbietet die sozialistische Militärregierung dann das Privatunternehmertum im Fischereiwesen und fasst alle diesbezüglichen Aktivitäten in den neugegründeten Staatsbetrieb Pesca Perú zusammen. Die pesquería des Landes an der langgezogenen fischreichen Küste verliert nach dem Verbot des privaten Unternehmertums rasant an Wettbewerbsfähigkeit und verschludert. (Anfang von Kapitel 29 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken).

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