Mario Saavedra sieht sein Idol und dessen Zeit in Cabo Blanco nicht nur durch die rosarote Brille. „Hemingway hätte sich ruhig ein wenig mehr auf Peru einlassen sollen“, kritisiert der betagte Limeño im Gespräch, „er wollte jedoch nicht nach Lima oder sonst wo hin, nur der Cabo Blanco Fishing Club hat ihn interessiert, aber der Fishing Club ist nicht Peru. Und unser Pisco Sour hat ihm wohl auch nicht so gut geschmeckt, wie er immer behauptet hat“, erinnert sich der Mann des El Comercio mit leichten Zweifeln an den Verlautbarungen des Nobelpreisträgers.
Mario, der stolze Südamerikaner, hat in Sachen Ernest Hemingway und Peru eine widersprüchliche Persönlichkeit vor Augen: „Andererseits hat er mich mit ehrlicher Neugierde nach Machu Picchu gefragt, nach der Umgebung, oder wie hoch dieser wundersame Ort liegt. Auch wollte er Lima besuchen, das Nachtleben dort kennenlernen, weil er in der Nacht am intensivsten lebt.“ Jedoch nichts passierte außer Worte. „Zuerst wollte er nach Lima kommen, dann hat er es auf Oktober verschoben, weil da die Stierkampf-Saison auf der Plaza de Acho anfängt. Gekommen ist er dann aber gar nicht.“
Wobei auch Mario Saavedra zugeben muss, dass dieser Ernest Hemingway eigentlich wunderbar zu Peru passt. Er harmoniert ausgezeichnet mit dieser Unbekümmertheit und Unbedarftheit, mit der ein jeder Tag in diesem sonnigen Land angegangen wird. „Ernesto empfand ich als ein Lebemann, im besten Sinne des Wortes“, sagt Mario Saavedra, „keiner, der mit abstrakten Philosophien prahlte, sondern einer, der spontan zu leben wußte. Er lebte das Leben in all seinen Facetten aus, er lebte intensiv.“
Ernest Hemingways Gedanken in Peru, sagt der Limeño, gingen immer wieder zum Meer und zum Fischen, alles andere schien ihm zweitrangig. „Als ich ihn fragte, ob er etwas über mein Land veröffentlichen würde“, ruft sich Mario Saavedra ins Gedächtnis, „da antwortete er kühl, er wisse noch zu wenig über Peru. Aber das Fischen vor Cabo Blanco, das würde er mit Feuereifer angehen.“ Ernest Hemingway war neugierig auf das fremde Meer, auf den wilden Pazifik im Norden Perus.
Dieser Ernesto, obwohl man leicht mit ihm umgehen konnte, war dessen ungeachtet wohl eine schwierige Persönlichkeit, schätzt Mario den Schriftsteller ein. Er schien ihm ein Mann voller Widersprüche. Ein Matador, ein Jäger, ein Lebemann und ein berühmter Kriegsreporter. Vor allem natürlich ein einfühlsamer Romancier. Jedoch, bei aller Offenheit zum Leben, auch ein Mann im Zwiespalt.
Die sechs Wochen in Cabo Blanco genießt besonders Mrs. Hemingway sichtlich. Ihr bekommt die peruanische Küche gut, sie mag besonders den Lomo Saltado, ein typisch peruanisches Mittagsgericht. Da wird in dünne Scheiben geschnittenes Fleisch der Rinderlende, mit Zwiebeln, Kartoffelscheiben und Tomaten, nebst weißem Reis serviert. Mary mag den Lomo Saltado so sehr, dass sie das Rezept in ihrem kleinen Tagebuch festhält.
Auch das landestypische Obst und Gemüse findet das Gefallen der Amerikanerin. Jeden Abend isst sie eine frische Avocado, die man in Peru Palta nennt, weil sie so in Quechua heißt. Und Mary, ebenso wie Ernest, mundet auch der Chifa, dieser Mix aus chinesischer und peruanischer Küche, der in jeder kleineren und größeren Stadt zu finden ist.
Der Ozean vor Cabo Blanco bietet solch eine Vielfalt an Meeresgetier, dass jedem Feinschmecker das Wasser im Munde zerläuft. Dutzende Fischarten, Tintenfische, Garnelen, Krebse, Hummer, Austern oder Jakobsmuscheln schenkt der Pazifik den Menschen. Daraus zaubern peruanische Köche vorzüglich gebratene Fischgerichte oder einen erfrischenden Cebiche, einen kalten mit Limettensaft marinierten Fischsalat, dazu Zwiebeln, Ají, Koriander. Mary gefällt das peruanische Essen derart, dass sie in der kleinen Küche des Fishing Clubs ein wenig lernt, die einheimischen Gerichte zuzubereiten.
Breme
Wieder mal ganz schön fleißig gewesen in den letzten Monaten.