Auf den Fersen von Ernest Hemingway

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Latízón TV über ‚Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru‘

Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru

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Leserstimmen zu ‚Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru‘

Eine Auswahl von Leserstimmen:

eine Recherche-Fleißarbeit.
Jo Romer über amazon.

Sehr schön zu lesen, kurzweilig, detailreich, wortgewandt.
Sebastian Schumacher über amazon.

Ich kann Ihnen versichern, dass mich das Thema sehr interessiert, denn ich bin ein alter Leser von Hemingway. Ich bin überzeugt, dass dies eine ernsthafte Abhandlung ist, die ein überaus lebhaftes Zeugnis ablegt von den Tagen Ernest Hemingways in Peru auf der Suche nach diesem mächtigen Marlin.
Mario Vargas Llosa, peruanischer Schriftsteller und Träger des Nobelpreises für Literatur 2010

Der Autor läßt den kleinen Fischerort und die Zeit wieder lebendig werden, trifft Zeitzeugen, und er begegnet im Rückblick immer wieder dem großen Schriftsteller und Weltenbummler, dem Dichter mit seiner Liebe zur Natur, seinem Wissen um die Vergänglichkeit und seiner Hingabe an seine Kunst. Ein lesenswertes Buch.
Rüdiger Preuss über amazon

Ich bin von der Gründlichkeit der Recherche beeindruckt, von der Genauigkeit mit der die Details erforscht wurden.
Juan Carlos Fahsbender, Piura

Wolfgang Stock hat eine reichhaltige und minutiöse Feldforschung in Peru getätigt, als dessen Resultat ein voluminöses Buch steht, das die letzten Jahre im Leben dieses weltbekannten Autors ausleuchtet.
Omar Zevallos, Lima

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Es stinkt gewaltig im Cabo Blanco Fishing Club

‚The Place is costly to reach‘ meckert ‚Sports Illustrated‘. Am 19. März 1956 erscheint die Ausgabe mit Alfred Glassell und seinem Fang auf dem Cover.

Anfang des Jahres 1956 schickt das auflagenstarke nordamerikanische Wochenmagazin Sports Illustrated ein Reporter-Duo nach Nordperu, es soll eine Titelgeschichte über den Cabo Blanco Fishing Club recherchieren und schreiben. Das Resultat kann man Mitte März an den Kiosken in den USA erwerben. Auf dem farbigen Cover der New Yorker Zeitschrift sieht man einen stolzen Alfred Glassell jr. auf dem Landungssteg, neben einem bulligen Schwertfisch, der als Beute vom Kran herab hängt. Im Hintergrund erkennt man die grauen Wüstenhügel vor Cabo Blanco, rötlich koloriert. Die Ankündigung der Story auf Titelseite macht neugierig. IN THIS ISSUE: THE FABULOUS CABO BLANCO CLUB IN COLOR. Was hat es mit diesem sagenhaften Cabo Blanco Fishing Club auf sich?

Sports Illustrated ist zwei Jahre zuvor von dem legendären Verleger Henry Luce als Wochenmagazin gegründet worden. Mit TIME verlegt Luce, der sich in persona als Chefredakteur von Sports Illustrated ausweisen lässt, bereits das einflussreichste Nachrichtenmagazin der Welt. Und nun widmet sich seine neue Zeitschrift dem Fishing Club in Cabo Blanco auf ganzen neun Seiten. George Weller and Cornell Capa visit it in words and pictures, ist im Inhaltsverzeichnis zu lesen, ein Besuch in Wort und Bild.

Dieser Cornell Capa gilt schon damals als Star seiner Zunft. Der Fotograf ist der jüngere Bruder des Meisterfotografen Robert Capa, weshalb er unter Kollegen le petit Capa genannt wird. Cornell Capa, ein gedrungener Enddreißiger ungarischer Abstammung, arbeitet seit 1954 als Magnum-Fotoreporter, er hat in LIFE veröffentlicht und macht sich als Reportagefotograf in Mittel- und Südamerika einen Namen. Wie klein die Welt ist! Cornells Bruder Robert Capa hat Ernest Hemingway, beide sind gute Freunde, häufig fotografiert. Vor knapp zwanzig Jahren, in Spanien, im Bürgerkrieg oder im Sun Valley, in den Bergen Idahos.

Der Schreiber George Weller ist ebenfalls nicht irgendwer. Als Journalist für die Chicago Daily News hat er aus dem Zweiten Weltkrieg in Europa berichtet, später aus Afrika und Asien reportiert, im Jahr 1943 erhält er für seine Arbeit den Pulitzer-Preis. Weller ist der erste amerikanische Reporter, der das japanische Nagasaki nach dem Atombomben-Abwurf besucht hat, sein Artikel darüber wird indes vom US-Militär zensiert und nicht zur Veröffentlichung freigegeben.

Enrique Pardo Heeren, Kip Farrington und Cloyce Tippett, der damalige Geschäftsführer des Fishing Clubs, schwant bei der Visite der beiden Journalisten nichts Böses. Zumal Sports Illustrated weltweit als hoch renommierte Zeitschrift gilt und Kip Farrington höchstselbst ab und an für das Wochenblatt schreibt. Mit offenen Armen werden die Reporter empfangen, bestens gelaunt zeigt man ihnen den Cabo Blanco Fishing Club in voller Schönheit. Umso größer ist bei allen Klubverantwortlichen der Schreck, als sie einige Wochen später den gedruckten Artikel in Händen halten.

Denn sie und die Hunderttausenden Käufer der Sports Illustrated lesen ein befremdliches Portrait des Fishing Clubs. Zeilen voller dunkler Andeutungen wechseln sich ab mit scharfzüngigen Attacken. Neben allerlei Fachsimpelei setzt die Reportage einige schmerzhafte Tiefschläge in die Magengrube. Reporter George Weller lässt kaum ein gutes Haar an dem Klub und macht sich besonders über dessen Exklusivitätsanspruch lustig. The Place is costly to reach and still costlier to fish. Hier könne man eine Menge Geld versenken, so die spöttelnde Botschaft, wenn man denn nur dämlich genug sei.

Zunächst lobt Reporter Weller die einheimischen Angestellten, für die US-amerikanischen Mitglieder hingegen findet er ausschließlich sarkastische Umschreibungen. Dieser ganze Fishing Club sei artifical, künstlich, ein Plastikprodukt. Dass man die toten Marline nach Miami fliegen lasse, zum Ausstopfen, das sage schon alles über diese Herrschaften. In Cabo Blanco seien jedenfalls keine geradlinigen Sportfischer am Werk. (Anfang von Kapitel 9 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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An einer Bar trinken und auf die Welt schauen

Ernest Hemingway in Shorts an der Bar des ‚Fishing Clubs‘. Hinter dem Tresen: Barkeeper Pablo Córdova. Cabo Blanco, im April 1956.

An seinem ersten Abend im Cabo Blanco Fishing Club geht Ernest Hemingway an die Bar der Hotelanlage. Der Bar-Bereich befindet sich in Parterre, in dem weitläufigen Gemeinschaftsraum, in dem auch gegessen und am Morgen das Frühstück eingenommen wird. In einer dem Meer zugewandten Nische haben die Betreiber des Klubs eine kleine Ecktheke aus Holz einbauen lassen. Der mit Bambusrohr geschmückte, in Rotbraun gehaltene kurze Tresen bietet Platz für vier oder fünf Personen.

Links neben dem Bartresen hängt unter Glas die Stecktafel mit den Rekordhaltern des Fishing Clubs. Daneben sieht man über dem Kamin in Kopfhöhe eine Siegestrophäe, die verkleinerte Holz-Replik des 1.560 Pound schweren schwarzen Marlins, jenes Rekordfangs, der von Alfred C. Glassell jr. im August 1953 aufgestellt wurde. Der offene Kamin unter dem Holzfisch taucht an kühlen Abenden den Raum in eine angenehme Wärme. Denn im Juli oder August, dem meteorologischen Winter in Peru, kann in Cabo Blanco das Klima verrückt spielen. Tagsüber beißt die Sonne wie in der Sahara und mit der Dunkelheit wird es dann Knall auf Fall so bitterkalt, als befinde man sich inmitten der sibirischen Steppe.

Ernest Hemingway setzt sich auf einen der schlichten, mit braunem Leder gepolsterten Barhocker und fragt als erstes den Barkeeper, wie er heiße. Pablo Córdova Ramírez, entgegnet der überraschte 22-jährige Peruaner förmlich. Pablo stammt aus dem Hochland von Alto Piura im Osten, aus dem Landstrich, wo der Rio Piura den Ausläufern der Anden entspringt. Vor kurzem ist er an die Küste nach Cabo Blanco gezogen, weil hier bessere Arbeitsmöglichkeiten bestehen. Pablo Córdova ist es nicht gewohnt, sich mit den Gästen zu unterhalten, denn meist wollen die Besucher des Klubs unter sich bleiben.

Der junge Barkeeper hat in der kurzen Zeit schon einige Berühmtheiten aus dem Ausland im Fishing Club erlebt. Er entsinnt sich an James Stewart, das war so ein schlaksiger Langer. Anglerglück allerdings hat der Schauspieler keines gehabt, erinnert sich Pablo, keinen einzigen Fisch hat er gefangen. Mit dem Mann aus Hollywood hat er damals kein Wort gewechselt. Aber dieser Señor Hemingway verhält sich so ganz anders als die gringos, die sich sonst in Cabo Blanco blicken lassen.

Ein müder Ernest Hemingway starrt hinaus in die Dunkelheit. Rechts von der Bar geben sechs fast bis zum Boden reichende Fensterflügel den direkten Blick auf die Terrasse und auf das dahinter liegende Meer frei. Zu dieser späten Stunde sieht man nur das Schwarz der Nacht, die in den Tropen früh beginnt und den Tag von einem Moment auf den anderen beendet. Der Einbruch der Dunkelheit vollzieht sich am Pazifik so rasch, als ob jemand einen Lichtschalter umlegen würde.

Der vollbärtige Amerikaner liebt es, auf einem Barschemel zu hocken, seinen Whiskey zu trinken und zu reden. In der Bar des Ritz in Paris oder in Harry’s Bar an der Piazza San Marco von Venedig, in der Cortina dort um die Ecke fühlt er sich zuhause. Oder im Sloppy Joe’s von Key West, in der feinen El Floridita von Havanna, in der lasterhaften Bar Marsella im Barrio Chino von Barcelona oder die Ramblas weiter aufwärts in der gepflegten Boadas.

Der Nobelpreisträger mag das einfache Leben, und er mag die einfachen Menschen. Am liebsten trinkt er mit Fischern, Boxern, Wirten, mit ganz normalen Leuten, Literaten und Intellektuelle sieht man in seinem Dunstkreis eher selten. Am Tresen einer Bar erschafft sich Ernest Hemingway seine private Theaterkulisse, eine Aufführung vor Publikum, und er gibt den Autor und Hauptdarsteller in einer Person. Es sind Ein-Mann-Stücke, die aufgeführt werden, kein Thema einer aufregenden Lebensreise wird ausgespart.

Die Bars muten an wie Oasen des Innehaltens, in zwei, drei Stunden, schaut Ernest Hemingway zurück auf sein Leben und versucht, die Zeit ein wenig zum Stillstand zu bringen. Am Tresen sitzt er oft mit Freunden, häufig auch mit wildfremden Menschen, vor sich ein Glas Amarone oder Veronese-Wein, wenn er in Italien weilt. Anderswo eher ein Gin oder Scotch, auf Kuba meist den Daiquirí. (Anfang von Kapitel 8 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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Der große Fisch, der das kleine Cabo Blanco berühmt macht

Das Fischerdorf Cabo Blanco am peruanischen Pazifik, genügsam und arg verschlafen, ein vergessenes Kaff so ziemlich am Arsch der Welt. Ein kleines Paradies also.

Wenn man dieses abgeschiedene Fleckchen zu Ende der Serpentinenstraße zum ersten Mal erblickt, so kommt Cabo Blanco dem Betrachter ein wenig verloren und vergessen vor. Das ärmliche Dorf erweckt den Eindruck, als sei jede Betriebsamkeit an ihm vorbei gezogen. Die Modernität fängt, mit etwas Wohlwollen, sechs Kilometer weiter oben an, auf dem Plateau bei El Alto, wo auf der Panamericana die Busse und Lastwagen in Richtung Ecuador vorbeidonnern.

Hinter dem blauen Ortsschild Playa Cabo Blanco hat sich der Alltag über die Jahrzehnte hinweg auf eine gemächliche Taktung eingestellt, mit kleinem Handel, kleinen Dienstleistungen und mit dem Fang kleiner Fische. Die Möglichkeiten scheinen begrenzt, die costeños sind gewohnt in bescheidener Größenordnung zu denken. Die meisten Bewohner Cabo Blancos sind arm, leben jedoch nicht im Elend. Denn solch ein kärgliches Fischerdorf kann sich zur Not vom Fischfang selber ernähren und hat möglicherweise aus diesem Grund mit der Hektik da draußen nicht allzu viel am Hut.

Der Fischfang ermöglicht dem Städtchen eine spartanische Autarkie, es braucht nicht viel, um an der Pazifikküste Perus über die Runden zu kommen. Die bauernschlauen Einwohner des Ortes wissen sich aller Unbill, die ihnen die störrische Natur, korrupte Provinzbeamte oder sonstige Schurken eingebrockt haben, standhaft zu erwehren. Man findet im Dorf viele großartige Menschen, tüchtige Indios und Mestizen, die stolz sind auf ihren Fischerberuf und die Meisterung des beschwerlichen Alltags.

Als Eigentümer eines schlichten Häuschens mit kleinem Garten mag man sich hier alles in allem wohlfühlen und geschützt sein vor der fieberhaften Rastlosigkeit in der Provinzstadt. Die schmucklose Kapelle, drei uneitle Restaurants und die grellbunten Häuser leuchten keck und widerspenstig unter dem azurblauen Himmel, auch wenn hier und da der Lack und der Putz ein wenig zerbröseln wollen.

Cabo Blanco ist ein Dorf ohne echten Dorfkern. Ein schmaler länglicher Streifen die Küste entlang, mit schlichten Gebäuden aus Lehm, Stein oder Holz. Unmittelbar hinter der Häuserzeile geht es fast senkrecht den schlammigen Bergrücken empor, auf der anderen Seite der staubbedeckten Straße liegt das große Meer. Fast scheint es so, als drohe Cabo Blanco zwischen Wasser und Bergmassiv zerdrückt zu werden.

Zu Fuß hat man den Ort von Norden nach Süden in zehn Minuten abgeklappert, 500 Bewohner leben hier, und möglicherweise ist diese Zahl noch ein wenig geschönt. Heute bestimmen die Alten und die Rentner das Bild des Dorfes, viele, hauptsächlich die Jungen und die Kräftigen, sind gegangen, in die Großstadt, weil der Ort für sie kein Auskommen bereithält. So mag denn Cabo Blanco aussehen wie ein vergessenes Nest mit ein paar Bretterbuden an der Küstenlinie unterhalb der Panamericana. Doch wenn der Besucher genauer hinschaut, Stunden und Tage im Dorf verbringt, dann beginnt er über kurz oder lang die behagliche Unberührtheit zu schätzen, die diesen Ort kennzeichnet.

Die wohltuende Zurückgelassenheit des Fleckchens und die aus der Zeit gefallene Lebensweise entfalten nach und nach ihren Charme und irgendwann möchte man sich nur noch treiben lassen von der Unbeschwertheit dieses einfachen Lebens. Wer die Ruhe, die Abgeschiedenheit und das Ursprüngliche mag, wer Abstand sucht zu dem neumodischen Firlefanz, der wird dieses Cabo Blanco am Pazifik rasch in sein Herz schließen. So bedarf es keiner großen Phantasie, um sich vorzustellen, wie das Dorf vor sechzig Jahren ausgesehen haben mag, denn viel wird sich über die Jahrzehnte nicht verändert haben.

Man darf sich Cabo Blanco nicht als hochsommerlichen Wundergarten vorstellen, mit sprießenden Mangrovenwäldern und leuchtenden Palmbäumen, mit feinkörnigen Sandstränden, die in einem türkisen Wassertraum enden. Solch ein grünes Tropenparadies wird man in der rauen Topographie des peruanischen Nordens vergeblich suchen. Vielmehr rückt die staubtrockene Wüstenlandschaft unmittelbar bis kurz an den Pazifischen Ozean. Schroff fallen die grauen Hügel direkt ins Meer, vom Berg bis zum Wasser bleiben oft keine fünfzig Meter. (Anfang von Kapitel 7 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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Ernesto, sag einfach Ernesto

Mit diesem Schnappschuss macht ‚El Comercio‘ das Interview mit Ernest Hemingway über drei Seiten auf: der Nobelpreisträger mit Mario Saavedra im ‚Fishing Club‘. Cabo Blanco, am 16. April 1956.

Besonders pfiffig hat sich Mario Saavedra-Pinón angestellt. Der ehrgeizige Redakteur aus Lima hat die Berichterstattung über den Besuch von Ernest Hemingway in Peru akribisch und wohl auch mit einer guten Portion Reporterlist vorbereitet. Von seinem Chef Luis Miró Quesada, dem Direktor des El Comercio, hat er zunächst lediglich den Auftrag erhalten, über die Ankunft des Nobelpreisträgers in Talara zu berichten. Doch der schlaue Mario wittert einen Coup.

Bereits drei Tage vor Hemingways Eintreffen ist der Journalist nach Talara geflogen. Vorab hat er den Cabo Blanco Fishing Club aufgesucht und sich ein wenig bei Verwalter Zygmunt Plater eingeschmeichelt. Einen Tag vor der Ankunft des Schriftstellers hat der Reporter in seiner renommierten Zeitung dann einen Vorbericht über den Fishing Club veröffentlicht mit einer leicht wahrnehmbaren Schleimspur. Inklusive eines großformatigen Fotos, auf dem der Klubverwalter Plater in seiner ganzen Wichtigkeit zur Geltung kommt.

Mario Saavedra gelingt es, für einige Tage im Fishing Club unterzukommen. Der rührige Redakteur kann ob seiner Bauchpinselei vom Verwalter ein Zimmer auf der unteren Etage des Klubhauses ergattern, ein paar Türen von den Hemingways entfernt. Jorge Donayre und Manuel Jesús Orbegozo, die beide eh einem tiefenentspannten Lebensbild zuneigen, müssen hingegen mit einem Hotel im abgelegenen Talara vorliebnehmen und gehen dort zum Ausgleich erst einmal in den Puff.

Trotz seiner jungen Jahre hat es Mario Saavedra weit gebracht als Journalist in seinem Heimatland. Angefangen hat er in Ecuador bei El Telégrafo de Guayaquil, einer Tageszeitung, die sein Großvater mütterlicherseits, José Abel Castillo, begründet hat. Dort steigt der Enkel rasch zum Director del suplemento semanal auf, er ist damit für die wöchentliche Beilage verantwortlich. Später schreibt Saavedra für die US-amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press. Und nun El Comercio, das Blatt aus Lima gilt als eine der bedeutenden Zeitungen des Kontinents. Independencia y veracidad steht in ihrer Kopfzeile, Unabhängigkeit und Wahrhaftigkeit, seit dem Jahr 1839 erscheint das feine Blatt in der peruanischen Hauptstadt.

Als das Ehepaar Hemingway vom Flughafen in Talara nach Cabo Blanco fährt, ist Mario flugs in eines der Begleitfahrzeuge des Fishing Clubs gesprungen. Der eifrige Reporter des El Comercio wird in den nächsten Tagen an Ernest Hemingways Schuhsohle kleben, er kommt dem Nobelpreisträger so nahe wie kaum ein anderer Journalist. Nur der letzte Ritterschlag, mit hinausfahren zu dürfen auf der Miss Texas, zur Jagd auf den schwarzen Marlin, dies wird dem Redakteur nicht vergönnt sein. Doch auch so lässt es sich nicht vermeiden, dass Ernest Hemingway und Mario Saavedra sich im Klubhaus des Öfteren über den Weg laufen. Von dem berühmten Schriftsteller kommt dann ein freundliches Hola Mario, meist verbunden mit der Einladung auf einen Whiskey.

Eigentlich mag Klubmanager Zygmunt Plater keine Journalisten im Haus, weil Diskretion zur Gepflogenheit des Klubs gehört und der Verwalter zudem stets um Muße für die illustren Gäste bemüht bleibt. Deshalb hat er zunächst angeordnet, dass keine weiteren Reporter in den Cabo Blanco Fishing Club hinein gelassen werden. Diese Kerle müssen draußen bleiben, hat Plater als Anweisung allen Angestellten eingetrichtert, wir brauchen hier kein Theater.

Als Ernest Hemingway von der Aussperrung der Journalisten erfährt, setzt er sich für die Kollegen ein. So werden schließlich auch Jorge Donayre und Manuel Jesús Orbegozo eingelassen und dürfen sich auf dem exklusiven Gelände frei bewegen. Während Donayre und Orbegozo nach zwei, drei Tagen dann wieder nach Lima zurückkehren, bleibt Mario Saavedra acht Tage im Fishing Club, rechnet man sein frühes Eintreffen am 13. April mit ein, dann werden es elf Tage.

In El Comercio erscheinen in jenen fünf Wochen insgesamt knapp 30 Berichte über Ernest Hemingway in Cabo Blanco. Interviews, Reportagen, längere und kürzere Meldungen, allesamt aus der Feder von Mario Saavedra. Die letzten Rapporte über den bärtigen Nobelpreisträger in Nordperu schreibt er, zurück in der Redaktionszentrale, von seinem Schreibtisch in Lima aus. (Anfang von Kapitel 6 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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La mar – so sanft und so zart fühlt sich das Meer an

Am Meer wird Ernest Hemingway ein anderer Mensch, vielleicht wird er hier erst so richtig zum Menschen. Cabo Blanco, im April 1956.

Eine knappe Stunde fährt das Ehepaar Hemingway mit dem schwarzen Chevrolet die Panamericana hinauf bis nach El Alto. Dort biegen die Besucher in Richtung Westen ab und schlängeln sich die staubigen Serpentinen hinunter zur Pazifikküste. Kurz vor der Ortseinfahrt zu Cabo Blanco geht es einen unbefestigten Sandweg hinein in eine wüstenartige Landschaft. Hinter ein paar Kurven erblicken die Amerikaner auf einer Anhöhe vor dem Meeresufer den Cabo Blanco Fishing Club.

Der Konvoi bewegt sich sachte einen breiten Anfahrtsweg hinauf, der alle drei, vier Meter auf beiden Seiten gesäumt wird von mannshohen Holzpfosten, auf denen jeweils die abgehackte Flosse eines Marlins aufgespießt ist. Diese Zufahrtsallee erinnert an eine surreale Inszenierung, der Phantasie einer alten Wikinger-Saga entsprungen, es scheint, als ob man an der Auffahrt zum Fishing Club das Entree zu einer Sagen- und Märchenwelt passieren dürfe. Der Klubgelände selbst liegt zwei Kilometer von Hafen und Dorfkern entfernt, es ist das einzige Gebäude weit und breit.

Kurz nach 9 Uhr am Vormittag nähert sich die Auto-Kolonne dem Eingang des zweigeschossigen Cabo Blanco Fishing Clubs. Der Schriftsteller steigt als einer der ersten aus, die Angestellten des Klubhotels eilen herbei, um die Koffer auszuladen. Der Nobelpreisträger hat zunächst kein Auge für das weitläufige Anwesen, sondern wird überwältigt von dem unendlichen königsblauen Meer, das am Horizont fließend in das gleißende Blau des Himmels übergeht. Der azurblaue Ozean liegt dem Fishing Club unmittelbar zu Füssen, es sind keine hundert Meter und man ist von der Veranda des Klubhauses, eine schmale Anhöhe hinunter, direkt am menschenleeren Sandstrand.

Die zwei Fußballfelder große Hotelanlage ist in einer länglichen Form gebaut, in der Mitte ergänzt durch den breiten zum Meer laufenden Gemeinschaftsraum. Im nördlichen Flügelbau findet man die Gastzimmer, im Süden liegen die Wirtschaftsräume mit Empfang, Küche und Verwaltung. Der gesamte Komplex verfügt über zehn Gästezimmer, fünf in Parterre, weitere fünf gleich große im Obergeschoss, allesamt mit bodentiefen Verandafenstern, die einen freien Blick auf den Pazifik erlauben.

Der Schriftsteller erhält das Gästezimmer mit der Nummer 5, es ist das Zimmer am Ende des schmalen Ganges in Parterre. Ehefrau Mary schläft direkt nebenan, in der Nummer 4. Getrennte Schlafzimmer sind bei dem Ehepaar Hemingway seit einigen Jahren Usus, Ernest schnarcht laut und steht nächtens gerne auf, er geht umher, schreibt Briefe, arbeitet an Manuskripten, oder er holt sich einen Drink. Seit langem schon schläft der Autor nicht gut.

Mary hingegen verfügt über eine natürliche Nachtruhe und versucht, wenn es nur irgendwie geht, durchzuschlafen. So verhält es sich bei den Hemingways, Ernest und seine Ehefrau übernachten in getrennten Zimmern, auch auf Finca Vigía. Allerdings wollen böse Zungen berichten, nicht das Schnarchen trage daran die Hauptschuld, vielmehr krisele es bedenklich in der Ehe der beiden.

Die Gastzimmer im Fishing Club sind nicht gerade geräumig, nüchtern betrachtet fallen sie sehr klein aus. Wenn die zwei engen Betten darin stehen, ist bereits mehr als der halbe Raum ausgefüllt. Auch kann man die Kammern nicht gerade als luxuriös bezeichnen, dennoch sind sie für diese Breiten zweckmäßig eingerichtet. Das Zimmer von Ernest ist – wie alle anderen auch – quadratisch geschnitten, die schmalen Wände sind weiß gestrichen und der Boden wurde mit dünnem dunklen Paneelholz verkleidet. Neben dem Eingang findet sich en suite ein winziges Bad mit Klosett und Dusche, dazu zur Rückseite des Gebäudes eine rechteckige Luke, die für Frischluft im Abort sorgt.

Blickfang des Schlafzimmers ist eine an der rechten Wand in Brusthöhe angebrachte Jugendstil-Lampe aus schwarzem gusseisernen Metall mit einem ballgroßen Leuchtkörper in weiß. Ansonsten sucht man vergeblich nach Extravaganzen. Vorne hinaus ist der Raum von der Decke bis zum Boden verglast. Eine Flügeltür, eingefasst von zwölf quadratischen Glasscheiben gibt den Ausblick frei nach draußen auf die schmale Veranda vor dem Zimmer. Hinter einer hüfthohen Einfriedung aus Pollern mit zwei hellen Streben beginnt danach die breite Terrasse des Klubhauses. (Anfang von Kapitel 5 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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Alles um ihn herum war ein Lächeln

Als Erster holt sich ein ehrfürchtiger Mario Saavedra von ‚El Comercio‘ ein Autogramm des Nobelpreisträgers. Talara, am 16. April 1956.

Eifrig haben die drei peruanischen Zeitungsjournalisten aus Lima die ersten Eindrücke von der Ankunft des amerikanischen Nobelpreisträgers vermerkt und seine Satzfetzen in ihre Notizblöcke gekritzelt. Das Zusammentreffen an dem spartanischen Airport von Talara bleibt auf beiden Seiten ein wenig verkrampft, unschlüssig und abwartend verharren die Redakteure in entsprechendem Abstand zum prominenten Besucher am Fuße der Flugzeugtreppe. Der Respekt.

Aus dem Reporter-Trio stößt als Erster der junge Mario Saavedra-Pinón vom feinen El Comercio vor, beherzt nähert er sich Ernest Hemingway und spricht den amerikanischen Schriftsteller von Angesicht zu Angesicht auf Spanisch an: „Ich soll Ihnen Grüße von einem gemeinsamen Freund überbringen“, sagt der Peruaner, hält kurz inne und fährt dann fort, „von Edward Murrow.“ Der bekannte US-Radioreporter besitzt in der Medienwelt Amerikas den Status einer journalistischen Legende.

This is London, so begann Edward Murrow auf CBS seinen täglichen Kriegsbericht für das Publikum an den Radiogeräten in den USA. Es war im Winter 1940, auf die englische Hauptstadt fielen die Bomben der deutschen Luftwaffe. This is London war stets Ed Murrows Opener. Und keiner bekam den Anfang so hin wie er. Nach dem ersten Wort This setzte er eine winzige Kunstpause, und prompt war das unverkennbare Markenzeichen dieser kraftvollen Radiostimme geboren.

Edward Murrows Reportagen aus dem Zweiten Weltkrieg endeten jeweils mit einer Redewendung, die dann noch populärer wurde: Good night, and good luck. Gute Nacht und viel Glück. Dieser Wunsch klang dramatisch, an einem Abend, an dem man hoffte, dass genug Glück vorhanden sein würde, dem Terror der braunen Bomben zu entkommen. Am 15. April 1945, der Krieg lief auf sein Ende zu, schilderte Murrow seinen Zuhörern, was er nach der Befreiung des KZ Buchenwald bei Weimar vorgefunden hatte. Die Leichen dort im Krematorium seien stacked up like cordwood, aufgestapelt wie die Holzscheite.

Mario Saavedra-Pinón traf auf Edward Murrow im Jahr 1955, als dieser beruflich Peru besuchte. Der US-Amerikaner wollte über Pedro Beltrán berichten, den Verleger der Tageszeitung La Prensa, den der rechtsgerichtete Präsident Manuel Odría nach einer politischen Intrige ins Gefängnis gesteckt hatte. Mario Saavedra und Ed Murrow hatten im Club Nacional, das war damals der Treffpunkt der Bänker und Aristokraten in Lima, zu Mittag gegessen und der Peruaner hatte sich mit dem berühmten Kollegen angefreundet.

Mit dem Hinweis auf die CBS-Ikone hat der Redakteur von El Comercio auf dem Flughafen von Talara das Eis bei Ernest Hemingway auf Anhieb gebrochen. Danke sehr, antwortet der Schriftsteller, und umarmt den jungen Reporter. Als nächster wird Jorge Donayre Belaúnde und als letzter Manuel Jesús Orbegozo von La Crónica mit einem abrazo geherzt. In seiner Hochstimmung bittet Mario Saavedra-Pinón, noch etwas zurückhaltend, den Nobelpreisträger um ein Autogramm.

Ernest Hemingway und die drei Redakteure verstehen sich immer besser. Besonders der 27-jährige Berichterstatter des El Comercio bekommt nach kurzer Zeit einen guten Draht zu dem weltbekannten Autor. Mario Saavedra, er entstammt einer angesehenen Familie, ist von den dreien zwar der Jüngste, jedoch bereits mit allen journalistischen Wassern gewaschen. Kein Wunder, dass er von den drei Reportern in Talara formell den höchsten Rang innehat.

Saavedra ist trotz seiner jungen Jahre bereits Jefe de Información bei seiner renommierten Zeitung, eine Position, die in etwa einem Ressortleiter entspricht. Doch Ernest Hemingway versteht sich nicht nur mit dem Mann des El Comercio gut, sondern ebenfalls mit dem sieben Jahre älteren Jorge Donayre Belaúnde von La Prensa und mit Manuel Jesús Orbegozo von La Crónica. Der prominente Autor jedenfalls drückt die drei peruanischen Journalisten an seine breite Brust, als ob er sie bereits ein halbes Leben kennen würde. Und ganz so, wie in Südamerika ein abrazo, eine Willkommensumarmung, unter Freunden üblich ist.

„Er hat ständig seine Hamsterbacken aufgeblasen und hat wieder und wieder gelächelt“, erinnert sich Manuel Jesús Orbegozo, der an diesem Morgen am lautesten Ernest, Ernest gebrüllt hat. „Alles um ihn herum war ein Lächeln.“ Gerade Manuel Jesús Orbegozo, ein durch seine breite schwarze Hornbrille jovial dreinschauender Peruaner aus Otuzco, der einen guten Kopf kleiner ist als Ernest Hemingway, wirkt nach der Umarmung durch den Nobelpreisträger wie aufgedreht.

Der Redakteur aus Lima, er ist mit einem luftig weißen Hemd gekleidet und trägt eine helle Kappe aus Baumwolle, zeigt sich beeindruckt von der Offenheit und der Umgänglichkeit des hochgestellten Autors. Seit langem verehrt er den Amerikaner als größten Schreiber überhaupt. (Anfang von Kapitel 4 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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Hollywood hat einen Plan für Peru

Das Begrüßungskomitee für die Hemingways im peruanischen Talara: Mario Saavedra, Jorge Donayre und Manuel Jesús Orbegozo.
Flughafen ‚El Pato‘, am 16. April 1956

Ein kleines Empfangskomitee hat sich in Talara eingefunden, die drei Journalisten aus Lima, Angestellte des Flughafens, ein paar Schaulustige. Für gewöhnlich ist Ernest Hemingway, seit zwei Jahren mit den Würden des Nobelpreises gesegnet, anderes gewöhnt. Jedoch befinden wir uns in Peru, an der nördlichen Spitze eines rassisch und sozial tief gespaltenen Landes. Die Geschäftigkeit spielt sich in den Reichenvierteln der amerikanisierten Hauptstadt ab und alles, was in den entlegenen Provinzen geschieht, wo überwiegend Indios und Mestizen leben, wird nicht so recht zur Kenntnis genommen.

So gut wie nie verirrt sich solch ein illustrer Gast in diese trostlose Gegend. Doch Hollywood hat sich für Peru einiges einfallen lassen. Die Warner Bros., der Leinwand-Gigant aus Los Angeles, konnten sich für viel Geld, man munkelt über 300.000 Dollar, die Filmrechte an Hemingways Erfolgsroman Der alte Mann und das Meer sichern. Dieser Geldregen ist ein Vermögen in den 1950er Jahren, um die heutige Kaufkraft zu berechnen, muss man den Betrag mit dem Faktor 8 vervielfachen.

Nach frühen Hungerjahren in Paris ist Ernest Hemingway ein fürstlich bezahlter Schreiber. Vor allem ein glücklicher Umstand lässt sein Bankkonto rapide anwachsen, er braucht nichts zu tun: Zu seinen Lebzeiten werden elf seiner Romane und Kurzgeschichten von Hollywood verfilmt. Der bärtige Amerikaner ist mit solchen Windfall Profits einer der bestbezahlten Schriftsteller überhaupt, mit den Filmtantiemen verdient er in manchen Jahren mehr als mit seinen Büchern. Der Autor ist materiell ein gemachter Mann, vielfacher Millionär, erstaunlich für eine Branche, in der sich sonst eher die Überlebenskünstler tummeln.

Der Hollywood-Manager Leland Hayward ist eigens nach Havanna geflogen, um Ernest Hemingway das Filmprojekt und die Vorgehensweise der Produktionsfirma persönlich vorzustellen. Mit Peter Viertel hat er einen jungen, dennoch erfahrenen Drehbuchautor im Schlepptau. Fünf Jahre zuvor hat der in Dresden geborene Viertel, als Achtjähriger ging er 1928 mit den Eltern nach Kalifornien, das Skript zu African Queen geschrieben, dem Erfolgsfilm des Filmemachers John Huston.

Dem aufstrebenden Drehbuchschreiber, er ist Sohn einer Schauspielerin und eines Regisseurs aus Deutschland, obliegt die Bürde, Hemingways weihevolle Sprachmelodie von der Novelle auf die Leinwand zu übertragen. Ernest Hemingway und Peter Viertel lernen sich bei diesem Anlass kennen, der Schriftsteller findet augenblicklich Gefallen an dem umtriebigen Kerl. Er ist ein Typ ganz nach seinem Gusto: Im Zweiten Weltkrieg bei den Marines im Südpazifik ist er verwundet worden, später hat er für den US-Geheimdienst gearbeitet. Zwischen den beiden Männern entsteht rasch eine enge Freundschaft.

Die eindrucksvollen Angelszenen des Films, die für die Handlung so wichtig sind, will das Hollywood-Studio auf dem peruanischen Ozean vor Cabo Blanco drehen. Man hat dafür diese Gegend gewählt, weil sich rund um die Äquatorlinie die größten Fische auf diesem Planeten finden lassen. Ernest Hemingway wendet sich an seinen alten Kumpel Kip Farrington, den er seit den 1930er Jahren von zahlreichen gemeinsamen Angeltouren in der Karibik her kennt… (Anfang von Kapitel 3 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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Aus heiterem Himmel landet Ernest Hemingway in Talara

Der Meister schwebt ein. Talara in Nordperu, am 16. April 1956.

Am frühen Morgen des 16. April 1956, es ist ein Montag, landet die vierpropellerige Douglas DC-7B auf dem Flughafen von Talara. Um kurz vor halb acht Uhr rollt die silbergraue Maschine der Fluggesellschaft Panagra unter dem ohrenbetäubenden Gedröhne der Motoren und mit dem monotonen Klackern der Propellerblätter auf der schlichten Landebahn im Norden Perus aus. Panagra, ein Tochterunternehmen der US-amerikanischen PanAm, hat sich auf Passagier- und Frachtflüge nach Südamerika spezialisiert.

Viermal in der Woche bedient die Airline die Strecke von Miami über Panama und Lima bis hinunter nach Santiago de Chile und Buenos Aires. Eine Verbindung, deren erste Etappe, von Florida nach Peru, über Nacht durchgeführt wird. Die Panagra fliegt auf ihrer Südamerika-Route auch kleine Flughäfen wie jenen von Talara an. Die Provinzstadt liegt im Norden Perus, direkt an der Pazifikküste, nicht weit von der Grenze zu Ecuador entfernt.

Beim Anflug auf Talara erkennt man aus den Fensterluken des Flugzeuges hinter weichen Nebelschleiern einen endlos grauen Teppich vor dem blauen Meer, eine knochentrockene Wüstenlandschaft, soweit das Auge reicht. Eigentlich gehört der Flughafen, den die US-Marines gebaut haben und den die Einheimischen El Pato nennen, der International Petroleum Company, einem Ölmulti, der im Pazifik vor Talara riesige Erdölfelder ausbeutet. Weil die Bonanza nach dem schwarzen Gold Arbeitskräfte und Glücksritter aus dem ganzen Land anzieht, wächst die Region in Riesenschritten.

Ein paar Tage zuvor hat die US-amerikanische Nachrichtenagentur UP die Visite des Nobelpreisträgers angekündigt. Mit dem Datum 13. April 1956 kabelt der UP-Korrespondent aus Havanna eine 40 Zeilen-Meldung an Zeitungen in alle Welt. „Der Schriftsteller Ernest Hemingway und seine Ehefrau Mary werden am Sonntagnachmittag nach Peru fliegen und dort auf die Jagd nach einem 700 Kilogramm Blaumarlin gehen.

Die Filmaufnahmen davon werden für die Verfilmung seines Romans Der alte Mann und das Meer verwendet.“ Und weiter heißt es in der kurzen Meldung der United Press: „Der Schriftsteller gab der Hoffnung Ausdruck, den Fisch in drei oder vier Wochen fangen zu können. In zahlreichen Monaten des vergangenen Jahres konnte ein Fisch von einer solchen Größe nicht in den Gewässern vor Kuba geangelt werden.“

Einen peinlichen Patzer leistet sich Reuter, die renommierte britische Nachrichtenagentur, die von dem deutschen Exilanten Paul Julius Reuter gegründet wurde. Die Londoner Agentur schmeißt die Länder durcheinander. Hemingway for Persia, kabelt Reuter am 15. April 1956 an die ihr angeschlossenen Medienhäuser. Ernest Hemingway plans to leave his home tomorrow and fly to Persia with his wife to catch fish for use in filming his Nobel Prize winning novel ‚The Old Man and the Sea‘.

Doch der prominente Schriftsteller reist nicht nach Persien, sondern nach Peru. Die meisten Tageszeitungen drucken die korrekte Meldung ab, gleichwohl geben die zahlreichen Medien den Sachverhalt nicht akkurat wieder. Für den Film soll kein Blaumarlin, vielmehr ein schwarzer Marlin gefangen werden, der größte Fisch aus der Familie der Marline. Denn einen blauen Marlin hätte man, mit etwas Anglerglück, auch im Golf vor Kuba erlegen können.

Die Filmgesellschaft aus Los Angeles hat vielerlei Überlegungen angestellt, wie mit den Außenaufnahmen des Filmes am besten zu verfahren ist, denn im Meer rund um Kuba hat man keine imposanten Fische aufnehmen können. In einem Vorführraum …
(Anfang von Kapitel 2 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)

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