Ein kleines Empfangskomitee hat sich in Talara eingefunden, die drei Journalisten aus Lima, Angestellte des Flughafens, ein paar Schaulustige. Für gewöhnlich ist Ernest Hemingway, seit zwei Jahren mit den Würden des Nobelpreises gesegnet, anderes gewöhnt. Jedoch befinden wir uns in Peru, an der nördlichen Spitze eines rassisch und sozial tief gespaltenen Landes. Die Geschäftigkeit spielt sich in den Reichenvierteln der amerikanisierten Hauptstadt ab und alles, was in den entlegenen Provinzen geschieht, wo überwiegend Indios und Mestizen leben, wird nicht so recht zur Kenntnis genommen.
So gut wie nie verirrt sich solch ein illustrer Gast in diese trostlose Gegend. Doch Hollywood hat sich für Peru einiges einfallen lassen. Die Warner Bros., der Leinwand-Gigant aus Los Angeles, konnten sich für viel Geld, man munkelt über 300.000 Dollar, die Filmrechte an Hemingways Erfolgsroman Der alte Mann und das Meer sichern. Dieser Geldregen ist ein Vermögen in den 1950er Jahren, um die heutige Kaufkraft zu berechnen, muss man den Betrag mit dem Faktor 8 vervielfachen.
Nach frühen Hungerjahren in Paris ist Ernest Hemingway ein fürstlich bezahlter Schreiber. Vor allem ein glücklicher Umstand lässt sein Bankkonto rapide anwachsen, er braucht nichts zu tun: Zu seinen Lebzeiten werden elf seiner Romane und Kurzgeschichten von Hollywood verfilmt. Der bärtige Amerikaner ist mit solchen Windfall Profits einer der bestbezahlten Schriftsteller überhaupt, mit den Filmtantiemen verdient er in manchen Jahren mehr als mit seinen Büchern. Der Autor ist materiell ein gemachter Mann, vielfacher Millionär, erstaunlich für eine Branche, in der sich sonst eher die Überlebenskünstler tummeln.
Der Hollywood-Manager Leland Hayward ist eigens nach Havanna geflogen, um Ernest Hemingway das Filmprojekt und die Vorgehensweise der Produktionsfirma persönlich vorzustellen. Mit Peter Viertel hat er einen jungen, dennoch erfahrenen Drehbuchautor im Schlepptau. Fünf Jahre zuvor hat der in Dresden geborene Viertel, als Achtjähriger ging er 1928 mit den Eltern nach Kalifornien, das Skript zu African Queen geschrieben, dem Erfolgsfilm des Filmemachers John Huston.
Dem aufstrebenden Drehbuchschreiber, er ist Sohn einer Schauspielerin und eines Regisseurs aus Deutschland, obliegt die Bürde, Hemingways weihevolle Sprachmelodie von der Novelle auf die Leinwand zu übertragen. Ernest Hemingway und Peter Viertel lernen sich bei diesem Anlass kennen, der Schriftsteller findet augenblicklich Gefallen an dem umtriebigen Kerl. Er ist ein Typ ganz nach seinem Gusto: Im Zweiten Weltkrieg bei den Marines im Südpazifik ist er verwundet worden, später hat er für den US-Geheimdienst gearbeitet. Zwischen den beiden Männern entsteht rasch eine enge Freundschaft.
Die eindrucksvollen Angelszenen des Films, die für die Handlung so wichtig sind, will das Hollywood-Studio auf dem peruanischen Ozean vor Cabo Blanco drehen. Man hat dafür diese Gegend gewählt, weil sich rund um die Äquatorlinie die größten Fische auf diesem Planeten finden lassen. Ernest Hemingway wendet sich an seinen alten Kumpel Kip Farrington, den er seit den 1930er Jahren von zahlreichen gemeinsamen Angeltouren in der Karibik her kennt… (Anfang von Kapitel 3 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken)
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