Einen einzigen Brief aus Cabo Blanco schreibt Ernest Hemingway.
An die Fotografin Modeste von Unruh, am 21. Mai 1956

Es geht voran mit Hollywood in Cabo Blanco. Der letzte Drehtag auf dem peruanischen Pazifik beschert den Filmern aus den USA die bislang besten Aufnahmen. Die Kameramänner der Second Unit nehmen von den beiden Booten einige Minuten auf mit einem wild umher hüpfenden schwarzen Marlin. Aufnahmeleiter Allen Miner und die Kollegen zeigen sich am Abend im Fishing Club mit der Ausbeute ihres fünfwöchigen Aufenthaltes in Cabo Blanco zufrieden.

Nachdem in den letzten Tagen einige Großfische erlegt oder aufgenommen worden sind, finden die Dreharbeiten der Angelszenen für den Hollywood-Streifen Der alte Mann und das Meer langsam ihr Ende. Die Kameraleute aus Los Angeles haben genügend Filmmaterial im Kasten, die amerikanische Filmcrew macht sich vorzeitig zurück auf den Weg in Richtung Kalifornien.

In den Cabo Blanco Fishing Club kehrt nach und nach wieder die gewohnte Ruhe ein. Auch die fünf Wochen des Aufenthaltes von Ernest Hemingway am Pazifik Perus nähern sich gleichermaßen einem harmonischen Ausklang. Der Nobelpreisträger blüht auf, es scheint so, als sei eine Last von seiner Schulter gefallen.

Der 56-jährige Amerikaner wirkt erschöpft, aber zufrieden. Der Nobelpreisträger zeigt sich seit den hollywoodreifen Marlin-Fängen erleichtert und glücklich, seine Umgebung ist es ebenfalls. Die letzten Tage auf dem Meer und im Fishing Club können heiter und vergnügt ausklingen. Die Ziele sind erreicht und so kann der berühmte Besucher die Episode Cabo Blanco als freudige Erinnerung in sein Herz packen.

Der Schriftsteller setzt sich im Klubhaus an einen Tisch und verfasst einen Brief an Modeste von Balás-Piry. Ernest Hemingway spricht die deutsche Fotografin mit ihrem ungarischen Ehenamen an, so wie er auf ihrer Visitenkarte steht. Auf dem gelbgrauen Briefpapier des Cabo Blanco Fishing Clubs schreibt der bärtige US-Amerikaner einen herzlichen Gruß an die junge Fotoreporterin nach Chaclacayo und übermittelt ihr nochmals seine Dankbarkeit.

Alleine wegen der Triumph-Fotos hat sich die Reise an den Pazifik gelohnt. Ein Hauch von Draufgängertum und Verwegenheit umweht ihn, genau so soll ihn die Welt sehen. Die packenden Aufnahmen aus Cabo Blanco frieren einen Moment ein, doch im Grunde erzählen die Reportage-Fotos von einem ganzen Leben, von einer Vita mit all ihren Anstrengungen und Herausforderungen.

Die Darstellungen aus Peru zeigen einen alternden Mann als Träumer auf dem Wasser, tapfer und unermüdlich im Wettstreit. Die Spannung und die Strapaze, der Versuch und die Niederlage, das Aufbäumen und dann endlich der Siegestaumel – all diese Lebensleistungen lassen sich aus den Fotografien aus Cabo Blanco herauslesen. Und zum guten Schluss bleibt ein unangreifbarer Held übrig. Ernest Hemingway kommt sich vor wie der König in seinem Garten.

Die Schnappschüsse der Modeste von Unruh räumen ebenso die Vorbehalte aus, die in manchen Kreisen wabern. Der vor den aschfahlen Wüstenbergen am Kran hängende Riesenmarlin soll alle Zweifel an seiner Schaffenskraft verstummen lassen. Es ist ein Triumph, der keinen Tag zu spät kommt. So wie ein Playboy sich in zunehmenden Jahren mit immer jüngeren Gespielinnen zeigen muss, so untermauern die Bilder der deutschen Fotografin den Rekorde-Starrsinn des alternden Abenteurers für eine neuerliche Atempause. ((Anfang von Kapitel 23 der Neuerscheinung Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru. Eine weitere Leseprobe: hier klicken).

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