Anfang September 1944 sitzt der Schriftsteller in Paris auf gepackten Koffern. Er kann es nicht mehr erwarten, denn zum ersten Mal geht es für Ernest Hemingway an die Front des Zweiten Weltkriegs. Von der französischen Hauptstadt steuert er über Belgien in Richtung deutsche Westgrenze. Ziel der Alliierten ist es dort, die Siegfried-Linie aufzubrechen, jenen Wall von Holland bis zur Schweiz mit seinen Bunkern, Stollen und Panzersperren. Erst dann können die Amerikaner bis zur strategisch wichtigen Rheingrenze vorstoßen.
Die Infanterie durchbrach die Siegfried-Linie. Sie knackte sie an einem kalten, regnerischen Morgen, als nicht einmal die Krähen flogen, geschweige denn die Luftwaffe. Zwei Tage zuvor, am letzten Tag vor dem Einbruch des Schlechtwetters, waren wir am Ziel des Rattenrennens angelangt. Es war eine schöne Rattenjagd von Paris bis nach Le Cateau, mit erbitterten Kämpfen bei Landrecies, die nur wenige gesehen haben und an die sich noch weniger erinnern können. Dann waren die Pässe des Ardennenwaldes bezwungen worden, in einer Landschaft, die den Illustrationen zu Grimms Märchen glich, nur viel grimmiger.
Ernest Hemingway schlägt sein Quartier zunächst nicht hinter der Frontlinie im Hürtgenwald auf, sondern weiter südlich, mitten in der Schnee-Eifel, in kleinen Ortschaften wie Schweiler und Buchet. Die vorrückende US-Army nimmt Dorf für Dorf ein, sie ist den deutschen Truppen materiell und personell überlegen, doch aufgrund des unebenen Geländes geht es nur langsam voran. Der Widerstand der Wehrmacht ist in der ländlichen Eifel heftig, der Diktator hat ein Halten der Linien bis zum letzten Mann befohlen.
Als Kriegsberichterstatter für das Wochenmagazin Collier’s begleitet Hemingway den Vormarsch der Fourth Infantry Division’s 22nd Regiment im Gebiet der belgisch-deutschen Grenze. Der Autor bewegt sich hinter der Kampflinie, auf luxemburgischem Territorium, in der Schnee-Eifel und schließlich weiter nördlich in der Nähe von Aachen. Der prominente Schriftsteller schließt sich meist den Truppen von Colonel Charles Lanham an, den alle Freunde Buck nennen. Bis Ende 1944 sollte Hemingway mehrmals zwischen Paris und den Frontabschnitten pendeln, im November und Dezember kommt er auf insgesamt 18 Einsatztage.
Im Winter 1944 gelangen die amerikanischen Bodentruppen an den Hürtgenwald im Süden zwischen Aachen und Düren, wo ihr Vormarsch zum Stehen kommt. Das zerklüftete Gebiet erlebt von Oktober 1944 bis Februar 1945 blutige Gemetzel mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Das unebene Gelände mit den dichten Waldungen ist militärisch schwer zu nehmen, die Kämpfe, Mann gegen Mann, sind an Grausamkeit kaum zu überbieten. Ernest Hemingway hätte also einiges zu berichten in die Heimat.
Die Ansätze sind da, wie eine mehrseitige Reportage für die Collier’s-Ausgabe vom 18. November 1944 unter Beweis stellt. Zunächst skizziert Ernest Hemingways Prosa – wie so häufig – ein Landschafts-Panorama aus Bergen, Wäldern und Bächen. Der kleine Mensch in der großen Natur. Das Naturreich begrenzt als Rahmen das gewaltige Gemälde, der winzige Mensch irrt kopflos in der Pracht der Schöpfung umher. Das kann Ernest sehr gut, wie immer, es ist gekonnt.
Wir befanden uns auf einer Anhöhe, außerhalb des Waldes, und all die sanften Hügel und Wälder, die wir vor uns sahen, waren Deutschland. Aus dem Tal eines Baches unter uns ertönte ein schweres, vertrautes Dröhnen, als die Brücke gesprengt wurde. Und hinter der schwarzen Rauch- und Trümmerwolke, die aufstieg, sah man zwei feindliche Halbkettenfahrzeuge, die die weiße Straße hinauffuhren, die in die deutschen Berge führte.
Doch urplötzlich fällt seine Reportage in ein Loch. Ernest Hemingway hört auf,