Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Stil Seite 1 von 2

Nur noch wenige freie Plätze: Workshop über Ernest Hemingway und gutes Schreiben

Ernest Hemingway
Ein Wochenende mit Ernest Hemingway. In der imposanten Thomas-Morus-Akademie Bensberg, in der Nähe von Köln, sprechen wir über gute Literatur und noble Literaten. Foto: TMA, Presse.

Zwei Tage mit erstklassiger Literatur. Wir wollen an Person und Werk von Ernest Hemingway aufzeigen, was einen erstklassigen Literaten und unsterbliche Literatur ausmacht. Es könnte interessant werden, am Wochenende 16. und 17. November 2024 in Bensberg bei Köln.

Die Mindestteilnehmerzahl ist locker übertroffen, das Seminar findet statt, es sind nur noch wenige Plätze frei. Zudem tut sich hier ein Schnäppchen auf: Viel Input und anregende Diskussionen. Dazu Kost und Logis in einem beeindruckenden Seminarzentrum. Zu einem wirklich freundlichen Preis. Wer sich von Ernest Hemingway inspirieren lassen will, der ist in Bensberg am richtigen Platz.

Denn jeder, der sich mit Sprache beschäftigt, kommt nicht vorbei an Ernest Hemingway. Er ist zentraler Gestalter der Literatur des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahr feierte der bärtige Nobelpreisträger (1899 – 1961) seinen 125. Geburtstag. Er ist nicht unumstritten. Angriffsflächen bietet ein Schriftsteller mit einem derartigen Ego genug.

Die Kritik ist hörbar: Er sei ein Macho, ein Frauenfeind, ein Tierquäler, ein Alkoholiker. Nicht viel besser sein Werk. Stiere, die zum Vergnügen abgeschlachtet werden. Antilopen, die er auf Safaris erlegt. Fische, die nach langem Kampf an den Haken kommen. Alles richtig, dieser Kerl tut ja einiges für sein schlechtes Image.

Doch Obacht! Ernest Hemingway will mehr als nur eine blutige Geschichte erzählen. Seine Romane um Sieg und Niederlage wollen tief ins Innere vordringen. Letztlich geht es ihm vor allem um Liebe und Würde. In Würde verlieren, so wie sein alter Mann, der einfache Fischer Santiago. Gerade darum geht es. Man kann verlieren, so will er sagen, aber man muss seine Würde wahren.

Wir laden Sie herzlich nach Bensberg ein. Entdecken Sie Hemingways Werk (neu), diskutieren Sie mit und bringen Sie gern auch eigene Texte in die „Schreibwerkstatt“ am Sonntag Vormittag mit.

Programm
Samstag, den 16. November 2024

14.00 Uhr
Auf Abenteuerreise mit Ernest Hemingway
Fünf Wochen mit dem Nobelpreisträger in Cabo Blanco, Peru

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
Ein Mensch mit zwei Gesichtern
Psychogramm eines innerlich Zerrissenen

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Revolutionär und Klassiker
Die literarische Entwicklung des Ernest Hemingway

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

 Sonntag, den 17. November 2024 

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes
in der Edith-Stein-Kapelle

9.45 Uhr
Schreibwerkstatt:
Schreiben wie Ernest Hemingway – Wie schrieb Ernest Hemingway?
– Was macht einen guten Buchtitel aus?

– Die Magie des ersten Satzes.
(Wer unter den Teilnehmern schon veröffentlicht oder etwas in der Schublade hat: Sie sind eingeladen, Ihren Text mitzubringen.)

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Der beste Reiseführer weit und breit
Eine Weltreise zu

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Ernest Hemingway: 10 Tipps für gutes Schreiben

Ernest Hemingway
Modeste von Unruh
Cabo Blanco Peru
Ernest Hemingway in Cabo Blanco, April 1956. Foto: Modeste von Unruh, colorized. Archiv: Dr. Stock.

Schreiben, so gut wie Ernest Hemingway. Nun ja, wir werden ihn niemals erreichen. Doch den einen oder anderen Tipp von ihm können wir beherzigen und uns vom Handwerk des Maestros ein wenig abschauen. Nach jahrzehntelanger Beschäftigung mit dem Nobelpreisträger und seinem Werk kann man einige stilistische Besonderheiten festmachen. Hier sind aus meiner – natürlich subjektiven – Sicht die zehn wichtigsten Schreib-Tipps für Autoren im Sinne von Hemingway:

1. Aufrichtig schreiben!
Mein Ziel ist, eine Prosa zu schreiben, die noch niemals geschrieben worden ist – ohne Tricks und Schwindel. So lauten die zentralen Werte seiner Philosophie: Exaktheit, Offenheit, Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit. Alles old school. Aber ehrlicher als jede Betroffenheits-Lyrik oder peinliche Selbstbeweihräucherung.

2. Beobachten und zuhören!
Ernesto verfügt über eine phänomenale Beobachtungsgabe. Mit einer Liebe zum Detail erschafft er lokales und szenisches Kolorit. Atmosphäre und Ambiente stehen als Ergebnis. Beobachten und – ebenso wichtig – aufmerksam zuhören. Es sind die Königseigenschaften eines guten Autors.

3. Le mot juste.
Er pflegt einen einfachen und lakonischen Stil. Diese gewollte Reduzierung bedeutet allerdings auch: Man muss um jeden Begriff ringen. Der Mann aus Chicago hat sich von den französischen Dichtern das Konzept des le mot juste abgeschaut. Ziel muss ein, genau das richtige, das passende Wort zu finden. Wie in der Poesie. Ein falsches Wort kann den Vers zerstören – gleiches gilt für die Erzählkunst.

4. Die musikalische Klangfarbe der Prosa.
Melodik und Rhythmus des Textes müssen stimmen. Der Autor sollte die Wörter und Sätze – wie mit der Hand eines Arrangeurs – zu einer Symphonie zusammenfügen. Ob dies gelungen ist? Mit einem einfachen Kniff lässt es sich feststellen: Lies den Text laut vor! Und du merkst, ob die Prosa melodische Tiefe besitzt.

5. Show – don’t tell!
Der Leser steht im Mittelpunkt, nicht der Autor. Der Leser und die Leserin werden zum Beobachter des Geschehens. Ein kluger Schreiber nimmt sich in diesem Prozess zurück. Er muss Gefühle aufzeigen, nicht verraten. Der allwissende Erzähler wird überflüssig und wird abgelöst durch den akkuraten Beobachter.

6. Kurze Sätze!
Lange Sätze zeugen von Unsicherheit und technischer Unzulänglichkeit. Kurze Sätze hingegen erzeugen Spannung, Rasanz und Vorwärtsdrang. Und Wiedererkennung.

7. Sparsam mit Adjektiven und Adverbien!
Sprachliche Knappheit wirkt wie eine Auflehnung gegen gestelzte Sprachgirlanden. Wenn Du einem Adjektiv begegnest, dann schlag es tot! Dieser Ausspruch wird Mark Twain zugeschrieben. Und auch Ernest Hemingway empfindet die allermeisten Eigenschaftswörter als unnütz. Sie bringen nichts Neues und helfen auch nicht weiter.

8. Einfach schreiben!
Wenn ich anfing, kompliziert zu schreiben oder wie einer, der etwas bekanntmachen oder vorführen will, erkannte ich, dass ich die Schnörkel oder Ornamente ausmerzen und wegwerfen und mit dem ersten wahren einfachen Aussagesatz anfangen konnte, den ich geschrieben hatte. So Ernest Hemingway in seinem wunderbaren Paris – Ein Fest fürs Leben. Pablo Picasso hat das Prinzip in seiner Malerei ebenfalls beherzigt: Kunst ist das Unnützige auszulassen.

9. Menschen – keine Figuren.
Der Grat zwischen Kunst und

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Ernest Hemingway: Seminar in Bensberg bei Köln

Thomas Morus Akademie Bensberg 
Ernest Hemingway
Ernest Hemingway kommt nach Bergisch-Gladbach. Zur imposanten Thomas-Morus-Akademie Bensberg in der Nähe von Köln. Foto: TMA, Presse.

Jeder, der sich mit Sprache beschäftigt, kommt nicht vorbei an Ernest Hemingway. Er ist zentraler Gestalter der Literatur des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahr feiert der bärtige Nobelpreisträger (1899 – 1961) seinen 125. Geburtstag.

Unsterblichkeit ist sein Ziel gewesen. Die hat er ja auch irgendwie bekommen, auch wenn er seit über 60 Jahren auf dem Dorffriedhof von Ketchum in den Rocky Mountains liegt. Angriffsflächen bietet ein Schriftsteller mit einem derartigen Ego genug.

Die Kritik ist hörbar: Er sei ein Macho, ein Frauenfeind, ein Tierquäler, ein Alkoholiker. Nicht viel besser sein Werk. Stiere, die zum Vergnügen abgeschlachtet werden. Antilopen, die er auf Safaris erlegt. Fische, die nach langem Kampf an den Haken kommen.

Doch Ernest Hemingway will mehr als nur eine blutige Geschichte erzählen. Seine Romane um Sieg und Niederlage wollen tief ins Innere vordringen.  Letztlich geht es ihm vor allem um Liebe und Würde. In Würde verlieren, so wie sein alter Mann, der einfache Fischer Santiago. Gerade darum geht es. Jeder Mensch, das will uns Ernest Hemingway mitteilen, kann seine Würde wahren.

Wir laden Sie herzlich nach Bensberg ein. Entdecken Sie Hemingways Werk (neu), diskutieren Sie mit und bringen Sie gern auch eigene Texte in die „Schreibwerkstatt“ am Sonntag Vormittag mit.

Wir freuen uns auf Sie!

Felicitas Esser, Akademiereferentin

Programm
Samstag, den 16. November 2024

14.00 Uhr
Auf Abenteuerreise mit Ernest Hemingway
Fünf Wochen mit dem Nobelpreisträger in Cabo Blanco, Peru

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
Ein Mensch mit zwei Gesichtern
Psychogramm eines innerlich Zerrissenen

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Revolutionär und Klassiker
Werk und Leistung des Autors Ernest Hemingway

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

 Sonntag, den 17. November 2024 

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes
in der Edith-Stein-Kapelle

9.45 Uhr
Schreibwerkstatt: Schreiben wie Ernest Hemingway
– Wie schrieb Ernest Hemingway?
(Wer unter den Teilnehmern schon veröffentlicht oder etwas in der Schublade hat: Sie sind eingeladen, Ihren Text mitzubringen.)

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Der beste Reiseführer weit und breit
Eine Weltreise zu Ernest Hemingways Schauplätzen

13.00 Uhr

Mittagessen
14.00 Uhr

Ende der Veranstaltung

Referent

  • Dr. Wolfgang Stock, Autor und Hemingway-Biograf; Gründer: www.hemingwayswelt.de

Leitung

  • Felicitas Esser, Thomas-Morus-Akademie Bensberg

Hier der Link zur Veranstaltung: Thomas-Morus-Akademie: Ernest Hemingway – Klassiker und Revolutionär.

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Ernest Hemingway – der Moderne aus der Mottenkiste

Ernest Hemingway
The Sun Also Rises
Fiesta
Sein Debüt The Sun Also Rises erscheint im Jahr 1926. Mit einer Wucht, als habe ein Revolutionär einer verstaubten Epoche den Todesstoß versetzt.

Dieser Kerl mit dem himmlischen Rauschebart will den Kosmos um sich herum für die Ewigkeit inszenieren. Unsterblichkeit ist sein Ziel gewesen. Die hat er ja sogar irgendwie bekommen, auch wenn er seit über 60 Jahren still und leise auf dem Dorffriedhof von Ketchum ruht. Bei einem Schriftsteller, der derart aneckt, ist es kein Wunder, dass sich die Kritiker und Neider lauthals melden. Angriffsfläche bietet der Bärtige genug.

Hauptvorwurf: Er sei unmodern. Er passe nicht in die heutige Zeit. Seine Inhalte und sein Stil – schrecklich altbacken. Moderne Themen, die unter den Nägeln brennen, seien bei ihm nicht zu finden. Mit dem Alltag und seinen Schattenseiten hat er in der Tat nichts am Hut. Berufsprobleme, Ehezwist, Emanzipation, der Moloch der Großstadt, prekäres Leben, Diskriminierung, soziale Benachteiligung. Gibt es alles, mehr als erträglich, schlimm genug. Doch dies sind nicht Hemingways Themen. Und die langen, komplizierten Sätze und die eierköpfige Annäherung erst recht nicht.

Ernest mag vielmehr die unangestrengte und grundehrliche Erzählung. Alles selbst gesehen und schmerzlich erlebt. Das ist seine Welt. Fischer, Kneipiers und Malocher gehören zu seinen Freunden. Professoren und Intellektuelle eher nicht. Ernest Hemingway verachtet die literarische Selbstbemitleidung der Großstadt-Neurotiker. Deshalb hat er sich in seine tropische Finca auf Kuba verkrochen, weit weg vom Blitzlichtgewitter der Presse. Und noch wichtiger: Weit weg von den Kollegen.

Gegner tauchen trotzdem auf. Man reibt sich an ihm. Einerseits. Andererseits kopiert man ihn, man folgt seiner Marschroute. Sein schnörkelloser Stil, die Aneinanderreihung kurzer Aussagesätze und die kraftvolle Sprache werden typisch für viele Schriftsteller, weltweit. Ernest Hemingway wird ein Stilbildner, ganze Autorengenerationen hat er beeinflusst. Truman Capote, Nelson Algren, Malcolm Lowry, Bruce Chatwin. Alles Top-Schreiber, alleine aus der angelsächsischen Sprachwelt.

Die Enkel rücken in den 1960er Jahren noch näher. Mit dem New Journalism proben sie die Kulturrevolution, Hemingway ist ihr bewunderter Großvater. Hunter S. Thompson, Gay Talese, Truman Capote, Tom Wolfe. Dieser New Journalism geht voll rein, er ist ein ästhetischer Barrikadenkampf gegen die pomadig schreibenden Väter. Doch in ihrer schrillen Subjektivität besitzen die neuen Reportagen etwas, das auch Hemingways Texte haben: Nähe und Authentizität.

Und in unseren Tagen? Mittlerweile sind die ungestümen Enkel vom New Journalism ebenfalls Geschichte. Doch der Großvater, oh Wunder, springt noch immer quicklebendig umher. Einer, der ernsthaft schreibt, kommt nicht vorbei an ihm. Denn jeder ambitionierte Reporter an Zeitungen und Zeitschriften, ein jeder Korrespondent in der Ferne, ist irgendwann und irgendwie durch die Schule des Alten gegangen. Auch wenn so mancher die Nase gerümpft hat. Gelernt von ihm haben alle.

Einen Ernest Hemingway von heute, den gibt es nicht, es kann auch keinen geben. Ein übersprudelnder Lebemann wie er, egomanisch und ungehobelt, wird in der Zeit weichspülender Political Correctness und flüchtiger Handy-Filmchen nur schwer einen Platz finden. Ein Ernest Hemingway wäre in der Welt der Belanglosigkeiten, wo jeder Pups auf Facebook oder X stolz vermeldet wird, ganz schrecklich aus der Zeit gepurzelt.

Mit dem Hochadel, in welcher Ausprägung auch immer, hat der Mann aus einem Vorort von Chicago wenig am Hut. Er kommt aus der bodenständigen Tradition eines Mark Twain. Es ist ihm gelungen, die englische Literatur von den hochherrschaftlichen Manierismen der Charles Dickens-Schule zu befreien. Literaturhistorisch bleibt dies sein Verdienst. Auch seine Themen scheinen zeitlos. Neben dem Wunschtraum nach dem Wahren und Schönen beschreibt er, dass kein Tag ohne Kampf vergeht.

Dieser Schriftsteller kann das Außenleben messerscharf beobachten. Millimetergenau wie ein Bauzeichner legt er seine Sätze und Dialoge an. Weil seine Prosa kraftvoll auf die

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Heinrich Heine könnte Ernest Hemingway gemeint haben…

„Wer mit den wenigsten und einfachsten Symbolen das meiste und bedeutendste ausspricht, der ist der größte Künstler.“ Heinrich Heine.

So ziemlich genau ein Jahrhundert liegt zwischen diesen beiden Literaten. Die Weisheiten jedoch, die Heinrich Heine (Düsseldorf, 1797 – Paris, 1856) über die Kunst festgehalten hat, sie trifft auf ihn selbst, aber ebenso auf Ernest Hemingway (1899 – 1961) zu. Die Sätze des bärtigen Amerikaners jedenfalls klingen frisch und unverbraucht. Allerdings auch arg karg und knapp. Es ist Gertrude Stein, seine Mentorin, die den Novizen aus Oak Park zu einer minimalistischen Erzählweise drängt.

Die Literaturwissenschaft lobt die Kürze und Klarheit seines Stils, besonders diese unterkühlte Genauigkeit in den Dialogen. Während andere zeitgenössische Autoren immer noch die gespreizte Stilistik der Klassiker pflegen, kommt Ernest Hemingway auf Anhieb zur Sache. Dieser lakonische Stil, die Aneinanderreihung kurzer Aussagesätze und die kraftvolle Sprache werden typisch für viele Schriftsteller der Lost Generation zwischen beiden Weltkriegen.

Wenn ich anfing, kompliziert zu schreiben oder wie einer, der etwas bekanntmachen oder vorführen will, erkannte ich, dass ich die Schnörkel oder Ornamente ausmerzen und wegwerfen und mit dem ersten wahren einfachen Aussagesatz anfangen konnte, den ich geschrieben hatte. Oben in diesem Zimmer fasste ich den Entschluss, über alles, worin ich mich auskannte, eine Geschichte zu schreiben. Darum habe ich mich beim Schreiben immer bemüht, und das war eine gute und harte Schule für mich. (Ernest Hemingway: Paris – Ein Fest fürs Leben).

Unter dem Einfluss von Gertrude Stein, Sherwood Anderson und dem britischen Romancier Ford Madox Ford perfektioniert der junge Amerikaner seinen journalistischen Romanstil. Ab Mitte der 1920er Jahre ist Ernest Hemingway nicht nur ein wirklich guter Erzähler mit eigenem Stil, sondern darüber hinaus auch ein sprachlicher Erneuerer.

Das alles geschieht in Paris, seine sparsame Art zu formulieren, hat der spätere Nobelpreisträger in der Stadt an der Seine erlernt. Für 25 Jahre übrigens das Exil von Heinrich Heine, bis an das Ende. Am 17. Februar 1856 stirbt Heinrich Heine in Paris im Alter von 58 Jahren. Er wird auf dem Cimetière de Montmartre beerdigt.

Es kann kein Zufall sein. Ein wenig ähneln sich manche Daten. Die literaturhistorischen Unterschiede bleiben. Heinrich Heine kommt aus der Romantik, er ist mehr Dichter, bewegt sich in Richtung Aufklärung. Literarisch bereitet er dem Vormärz den Weg. Hemingway hat mit der Politik wenig am Hut und kommt aus der bodenständigen Tradition eines Mark Twains. Es gelingt ihm, die angelsächsische Literatur von den Manierismen der Charles Dickens-Schule zu befreien. 

Was bleibt: Beide sind baumstarke

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Ernest Hemingway: Es war alles nada, natürlich nada, nichts als nada

Ernest Hemingway Scribner's
Das New Yorker Scribner’s Magazine, Nummer 3/1933. Mit Ernest Hemingways Short Story A Clean, Well-Lighted Place

It all was nada y pues nada y nada y pues nada. Our nada who art in nada, nada be thy name thy kingdom nada thy will be nada in nada as it is in nada. Give us this nada our daily nada and nada us our nada as we nada our nadas and nada us not into nada but deliver us from nada; pues nada. Hail nothing full of nothing, nothing is with thee. 

Das ist starker Tobak. Eine verstörende Passage in der Erzählkunst des Ernest Hemingway. Aus der Kurzgeschichte Ein sauberes, gutbeleuchtetes Café (im Original: A Clean, Well-Lighted Place), einer vierseitigen Short Story, die erstmals im März 1933 im Scribner’s Magazine veröffentlicht worden ist, ebenso wie später in seiner Sammlung von Kurzgeschichten Winner Take Nothing aus dem Oktober desselben Jahres.

In einem kleinen spanischen Straßencafé sitzt, wie fast jeden Abend, weit nach Mitternacht nur noch ein einziger Gast, ein alter tauber Mann vor einem Glas Brandy. Er ist ein einsamer Mensch, den Tod vor Augen, und ohne jede Hoffnung. Ein junger und ein alter Kellner warten, dass der greise Mann das Café verlässt, um endlich Feierabend zu machen. Der alte Kellner hat, im Gegensatz zu seinem jüngeren Kollegen, Verständnis für den alten Mann, der sich letzte Woche gerade hat umbringen wollen.

Aber er wusste, es war alles nada y pues nada y pues nada. Nada unser, der du bist im nada, nada sei Dein Name, Dein Reich nada, Dein Wille nada, wie im nada also auch auf nada. Unser täglich nada gib uns nada, und nada uns unsere nada, wie wir nadan unsern nadan. Nada uns nicht in nada, sondern erlöse uns von dem nada; pues nada. Heil dem Nichts, voll von Nichts, Nichts ist mit dir. 

Nada, spanisch, nichts. Nichts. Alles ist nichts. Nada de nada. Überhaupt nichts. In dem Nada-Selbstgespräch des älteren Kellners wird deutlich, dass die Angst vor dem Nichts das menschliche Leben überschattet. Erlöse uns vor dem Nada.

Offenkundig parodiert Ernest Hemingway das Vater unser des Christentums. Dem Autor bietet die Religion wenig Trost, der Katholizismus endet auf dem Spottplatz. Das Vaterunser, das heilige Gebet als Fürbitte, reicht keinen Balsam. Der Versuch eines Gesprächs mit Gott, so Hemingway, dämlich und zwecklos. Es bringe nichts. Nada.

Philosophisch wird Hemingways Passage von Existenzialismus und Dadaismus geprägt. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. So lautet die Dada-Wortschöpfung seiner Mentorin Gertrude Stein. Seine Pariser Zeit schlägt durch. Die Absurdität des Daseins, die Existenzangst und die Vereinsamung des Menschen, Sartre und Camus haben es 30 Jahre später ähnlich erklärt wie Hemingway in seiner Kurzgeschichte.

Religion bietet keine Linderung, denn die Existenz Gottes wird verneint. Der Menschen definiert sich als biologisches Wesen, als Vernunftwesen, fast gottähnlich. Letztlich führt der Existentialismus zu einem übersteigerten Nihilismus, für den alles Bestehende null und nichtig erscheinen muss. Und das Schlimmste: Nirgends findet sich Hoffnung.

Nada ist Hemingways stilistischer Kniff. Er wusste, es war alles verfluchte Scheiße, schreibt Hemingway in anderem Zusammenhang in der Kurzgeschichte So, wie du niemals sein wirst. Dieser Begriff Scheiße würde in der Café-Haus-Szene nicht funktionieren. Nada ist besser. Existentialismus, Blasphemie, eine Abrechnung, eine Parodie – man kann alles hineinlegen in das Nada. Literarisch gesehen ist die Passage durch und durch

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Der schlaue Hemingway-Kniff: Show – don’t tell!

Ernest Hemingway im peruanischen Cabo Blanco, April 1956.
Foto: Modeste von Unruh. Collection Dr. Stock.

Wie wird man ein wirklich guter Schreiber? Mehr als einmal ist Ernest Hemingway dies gefragt worden. Von Journalisten, von Bewunderern, von Lesern. Auch wenn er das Schreib-Credo anders nennt, so hat der Nobelpreisträger einen Hinweis als Antwort ein jedes Mal parat: Show – don’t tell!

In der Tat ist das Prinzip Show – don’t tell! ein stilistischer Kniff, den Ernest Hemingway oft anwendet und in seinen besten Werken zur Perfektion gebracht hat. Show the readers everything, tell them nothing. So umschreibt der Nobelpreisträger von 1954 seine Herangehensweise. Zeig den Lesern alles, verrate ihnen nichts.

Erzähl mir nicht, dass der Mond scheint, zeig mir das Glitzern des Lichts auf zerbrochenem Glas, meint Anton Tschechow. Dieses Schreibprinzip geht nicht auf Ernest Hemingway zurück, vielen vor ihm ist das klar gewesen. Der Amerikaner aus Chicago entpuppt sich jedoch als ein Meister in dieser Fertigkeit. 

Es ist wohl eine der wichtigsten stilistischen Grundfertigkeiten für einen Autor. Show – don’t tell! Wo liegen die Unterschiede? Ein einfaches Beispiel:

Tell: Jack ist nervös.
Show: Jack rutscht auf seinem Sitz hin und her, er schaut nach rechts und nach links. 

Show bedeutet, eine Szene sachlich und ohne Wertung zu beschreiben. Bei Show wird der Leser gezwungen, mit allen Sinnen hinzuhören und hinzusehen. Das Denken nimmt ihm keiner ab, die Interpretation der Handlung bleibt dem Leser überlassen. Das Tell-Prinzip hingegen nimmt die Deutung des Geschehens vorweg. Die Auslegung beansprucht der Autor für sich, Intelligenz und Einfühlungsvermögen des Lesers bleiben außen vor.  

Im Gespräch mit seinem Mentee Arnold Samuelson konkretisiert Ernest Hemingway seine Arbeitsweise. Das wichtigste ist, deine Augen und Ohren müssen immerfort tätig sein. Die Prosa sollte nicht aus dir kommen, sondern aus der Unterhaltung, der du lauschst. Hemingway hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er eine gute Beobachtungsgabe für die wichtigste Eigenschaft eines Schriftstellers hält.

Mit Show kann ein Schreiber besser Spannung aufbauen. So wie dies Alfred Hitchcock in seinen Filmen vorgemacht hat. Das Geschehen spielt sich vor dem Auge des Lesers ab. Auch Show folgt einer filmischen Erzählweise, der Leser wird in die Szene hineingeworfen, anstatt bloßer Empfänger des dominanten Autors zu sein. Durch ein gutes Show – don’t tell! wird der Leser einbezogen in die Entwicklung des Plots.

Tell hingegen bleibt einfach gestrickt und bequem. Es zeugt von schlichter Autorenschaft, zu schreiben: Jack ist ein liebevoller Mann. Vielmehr ist die Aufgabe eines Autors, das Portrait eines liebevollen Mannes auszubreiten, zu erzählen, wie er sich verhält, wie er kommuniziert, wie er andere Menschen behandelt. Show bedeutet als Arbeitsauftrag, eine Charaktere im Laufe der Erzählung zu entwickeln.

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Ernest Hemingway in Paris: Schreiben wie Gott in Frankreich

Seit 1889 steht der Eiffelturm an der Seine in Paris. Zu Anfang umstritten, ist er seit Jahrzehnten das Wahrzeichen der Stadt. Foto: W. Stock, Oktober 2022.

Als Korrespondent des Toronto Star wird Ernest Hemingway im Dezember 1921 hineingeworfen in diese quirlige Stadt. Er taucht ein, er lernt schnell und genießt die Unbeschwertheit und das Wohlbehagen an der Seine. Der junge Mann aus einem Vorort von Chicago merkt, wie dieses Flair von Paris ihn als Schreiber ermutigt. Da stehe ich und blicke über die Dächer von Paris und denke: Mach dir keine Sorgen. Du hast immer geschrieben und du wirst auch jetzt schreiben.

Der ehrgeizige US-Amerikaner vom Jahrgang 1899 ist genau jener Typus, der wunderbar zu dieser Stadt passt: bullig von der Figur, breitschultrig, ein kantiges Gesicht, im Kontrast dazu mit sanften braunen Augen und mit einer einfühlsamen Stimme. In den Künstlerkreisen von Paris macht der gut aussehende Journalist in kurzer Zeit mit seiner Persönlichkeit und seiner schreiberischen Begabung auf sich aufmerksam.

Am liebsten sitzt der Mann aus Oak Park alleine an einem Tisch, mit freiem Blick auf die Besucher und geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach. Er beobachtet. Einem neugierigen Schreiber wie Ernest Hemingway fliegen in den Pariser Bistros die Themen nur so zu. Wenn er in den Cafés sitzt und seine Eindrücke in seinem Notizbuch festhält, dann wirkt er tief in sich versunken. Als ein Nachbar, Monsieur Lavigne, ihn eines Vormittags auf der Terrasse der Closerie erblickt, traut sich der Franzose nicht, den Autor anzusprechen.

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Das grün umrankte Gartenrestaurant der La Closerie des Lilas am Boulevard du Montparnasse wird seine Schreibstube. Foto: W. Stock, Oktober 2022.

„Sie sahen aus wie ein Mann, der alleine im Dschungel ist“, sagte er.
„Ich bin wie ein blindes Schwein, wenn ich arbeite.“
„Aber Sie waren nicht im Dschungel, Monsieur?“
„Im Busch“, sagte ich.

Nicht wenige Kollegen bewundern seine literarische Begabung, Hemingways lakonische Art zu schreiben, wirkt unverbraucht, seine Sätze klingen frisch und voller Laune. Gertrude Stein, seine einflußreiche Mentorin, erkennt die innovative Qualität von Ernests Schreibweise auf Anhieb. Er könne vielleicht irgendeine neue Art von Schriftsteller werden, meint die Autorin, als sie im Frühjahr 1922 seine ersten Texte liest.

Trotz mancher Reiberei entpuppt sich Gertrude Stein als eine kluge Lehrmeisterin. Sie liest seine Entwürfe, korrigiert, regt Verbesserungen an. Sie hält vor allem Hemingways Schauplätze für passé, das meiste spielt sich im Hinterland um den heimatlichen Michigan-See ab. Er möge doch nicht über Themen schreiben, die keiner lesen will. Vielmehr solle er sich mit dem Neuen befassen, mit all dem Faszinierenden und dem Verstörenden, das er im lebhaften Paris und im wankenden Europa vorfinde.

Klar und deutlich erkennt die scharfsinnige Gertrude Stein das Potential von Ernest Hemingway als Romancier und als Schreiber von Kurzgeschichten. Einen Zeitungsreporter sieht sie in ihm nicht, verschwendetes Talent. Als der Mittzwanziger, die nicht einfache Entscheidung treffen muss, mit dem Journalismus aufzuhören und seinen auskömmlichen Vertrag als Korrespondent der kanadischen Zeitung zu kündigen, bestärkt sie ihn. 

Die Schriftstellerin und Kunstsammlerin aus Pittsburgh wird über die Monate zur akribischen Ausbilderin des späteren Nobelpreisträgers: Vor allem erläutert Gertrude Stein dem jungen Autor das Konzept des le mot juste und erklärt ihm die Wichtigkeit des treffenden Wortes. Sie zeigt ihm die Wirkung von Wortwiederholungen und sensibilisiert ihn für den Rhythmus der Sätze. Als Sohn einer Opernsängerin versteht Ernest die Wichtigkeit der Sprachmelodie.

Es ist Gertrude Stein, die Hemingway zu einer minimalistischen Erzählweise ermuntert, die Nüchternheit seiner Sätze zeigen ihren Einfluss. Der angehende Schriftsteller, gerade mal Anfang 20, akzeptiert Gertrude Stein als Ratgeberin. Ernest erweist sich als ein aufmerksamer Zuhörer und eifriger Schüler. Der junge Schreiber lernt so schnell, dass er ab 1924 nicht mehr auf die Ratschläge der Frau Stein angewiesen ist. Hemingways Sicht der Dinge, seine Themenkreise und sein Schreibstil beginnen

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Ein Wegbereiter der Moderne: Die Hemingway-Rebellion

Ernest Hemingway in Spanien, in der Nähe von San Ildefonso, im Jahr 1959.
Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Die Pionierleistung des Ernest Hemingway für die Weltliteratur darf nicht unterschätzt werden. Sein Wirken kommt einer Revolution gleich, sein Erzählstil hallt als mächtige Neuerung bis heute nach. Im Management-Deutsch würde man sagen: Seine Art zu schreiben ist eine Sprunginnovation. Dieser Ernest Hemingway hat, zu Anfang der 20. Jahrhunderts, einen neuen Ton in die Sprache der Weltliteratur gebracht. Eine neue Melodie und einen neuen Rhythmus.

Dieser sehr geerdete Mann wird das Kommando übernehmen als ein Avantgardist im besten Sinne des Wortes. Er verhilft in vorderster Linie der Moderne zum Durchbruch. Bis zur Jahrhundertwende schwang das Charles Dickens-Geschwurbel in all seinen Spielarten nach. Lange Sätze, mit viel Flitterkram und plüschigen Schäfchenwolken. Wörter, Sätze und ein Ambiente, die das Gebildetsein seines Autors und damit auch des Lesers unterstreichen sollten. In einem Begriff: Aristokraten-Literatur.

Doch dann tritt Mitte der 1920er Jahre ein Autor mit genug Ecken und Kanten auf. Den letzten Schliff holt sich Ernest Hemingway im putzmunteren Paris. Dieser suchende Mann wird hernach zum literarischen Vorkämpfer einer ganzen Generation, die man nach dem Ersten Weltkrieg schon als lost generation abgeschrieben hat. Doch mit dem Journalisten aus Chicago kommt ein neuartiger Touch in die erzählerische Prosa.

Dieser Bursche, der rund um den Michigan-See im Mittleren Westen der USA aufgewachsen ist, wird keiner für den Elfenbeinturm. Sondern ein unangepasster Abenteurer, den es mit wachen Augen hinaus in die Natur und die Welt zieht. Er entwickelt von Anfang an eine neue Art zu schreiben, und sein schnörkelloser Stil wird einer neuen Epoche die Bahn brechen.

Zwischen Dickens Tod und Hemingways Geburt liegen 29 Jahre, eine ganze Generation. Die Zeit drängt. Dieser eigenwillige Autor macht Schluß mit der Affektiertheit und dem Gekünstelten der viktorianischen Welt. Dieser richtungsweisende Neuerer beschränkt sich in seinen Werken auf eine einfache Syntax. Hauptsatz, dann nächster Hauptsatz. Die Sätze: kurz, einfach und geradeaus.

So erzeugt Ernest Hemingway einen klaren Rhythmus mit großer Wiedererkennung. Durch diesen kurzen Rhythmus erhalten Hemingways Sätze Tempo. Der Leser wird nicht wie bei der Plauderei der Dickens-Epigonen in einer Blase eingelullt, eher im Gegenteil. Der Leser kriegt kaum Zeit zum Luftholen. Er wird von der Rasanz der Satzmelodie in den Bann gezogen.

Lakonik und Zurückhaltung kann allerdings nur bei Exaktheit und Authentizität funktionieren. Sonst rutscht die Sprache ab ins Lapidare und der Text ins Unglaubwürdige. Davor jedoch bleibt dieser Nobelpreisträger in seinen guten Jahren gefeit. Weil er sich seine Themen von der Straße holt oder von seinen Reisen. Und weil er treffsicher zu beobachten weiß. Der Sohn eines Arztes setzt seine Sprache präzise wie ein Chirurg.

Ernest Hemingway kämpft beim Schreiben um jedes Wort. Manchmal überlegt er einen ganzen Vormittag auf seiner kubanischen Farm Finca Vigía, weil ihm das richtige Wort nicht einfallen will. Le mot juste, er hat diese Präzision von den großen französischen Poeten in Paris abgeschaut, keine schlechte Schule. Jedes Wort muss sitzen. Ein falsches Wort – und die Melodie und der Rhythmus des Satzes werden zerstört.

Ernest Hemingway hat – überspitzt gesprochen – die Literatur der Oberschicht entrissen und der Mittelschicht übergeben. Ein Rebell, der Ballast abwirft, in der Tradition der Boston Tea Party, literarisch natürlich. Es ist kein Zufall, dass ein US-Amerikaner den

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Revolution: Charles Dickens vs. Ernest Hemingway

So froh begann ein herzerfrischender Frühwintertag, einer von denen, die die erschlaffenden Sommertage – so nennt man sie, wenn man sie nicht hat – zuschanden machen und den Frühling beschämen, weil sie bisweilen nur halb so kalt sind. Die Schafglöckchen klangen so klar durch die kräftige Luft, als fühlten sie deren wohltuenden Einfluss wie lebende Wesen; die Bäume ließen statt der Blätter oder Blüten funkelnden Reif niederfallen, der unserem Tom wie Diamantenstaub vorkam. Von den Schornsteinen stieg der Rauch hoch, hoch in die Luft, als hätte die Erde vor lauter Schönheit ihre Schwere verloren und brauche sich nicht mehr durch dumpfe Dünste bedrücken zu lassen. Die Eiskruste auf dem sonst plätschernden Bach war so dünn und durchsichtig, dass er aussah, als hätten die lebhaften Wellen aus freien Stücken halt gemacht – Toms froher Geist deutete es so –, um den lieblichen Morgen zu betrachten. 
Charles Dickens, Martin Chuzzlewit, 1843.

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Im Spätsommer dieses Jahres waren wir in einem Haus in einem Dorf mit Blick über den Fluss und die Ebene zu den Bergen. Im Flussbett lagen Kiesel und Felsen, trocken und weiß in der Sonne, und das Wasser war klar und strömte schnell und blau in den Rinnen. Soldaten gingen am Haus vorbei die Straße hinunter, und der Staub, den sie aufwirbelten, senkte sich auf das Laub der Bäume. Auch die Stämme der Bäume waren staubig, und das Laub fiel früh in diesem Jahr, und wir sahen die Soldaten die Straße entlang marschieren und den Staub aufsteigen und die vom Wind bewegten Blätter fallen und die Soldaten marschieren und hinterher die Straße kahl und weiß bis auf die Blätter. Auf der Ebene wogten die Felder; es gab viele Obstbäume, und die Berge dahinter waren braun und kahl. In den Bergen fanden Gefechte statt, und nachts sahen wir die Artillerie aufblitzen. Im Dunkeln wirkte es wie ein Sommergewitter, aber die Nächte waren kühl und ließen nicht an ein aufziehendes Gewitter denken.
Ernest Hemingway, In einem anderen Land, 1929

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