mit Nick Purdy am Silver Creek, Picabo/Idaho, im April 2018; Foto: C. Stock

In Ketchum und im Sun Valley, wohin es Ernest Hemingway häufig in den Wintermonaten zog und wo er seine letzten beiden Lebensjahre verbrachte, hat der Schriftsteller schnell enge Freundschaft geschlossen mit Einheimischen. Mit Alteingesessenen wie den Fotografen Lloyd Arnold und seiner Frau Tillie, den Motel-Besitzer Chuck Atkinson und besonders mit dem Rancher Bud Purdy.

Bud und Ruth Purdy, denen riesige Farmgrundstücke rund um Picabo gehören, eine halbe Stunde südlich von Ketchum, haben den berühmten Schriftsteller oft zu ausgedehnten Jagdtouren eingeladen. Picabo kommt aus der Indianersprache und bedeutet soviel wie Silberwasser. Ernest liebte es, mit Bud an den Bachläufen dieses Silver Creek die Forellen zu fischen, so wie Ernest immer glücklich war, wenn er mit einfachen Farmern, Fischern und Jägern zusammen gewesen ist. Auch die Einheimischen haben mit dem Nobelpreisträger von Anfang an wenig gefremdelt, er war einfach einer der ihren.

An Bud Purdy, einem kernigen Naturburschen vom Jahrgang 1917, lässt der Schriftsteller eine seiner ausgeprägten Charakterzüge ausleben, wie sich sein Sohn Nick erinnert. Ernests Großzügigkeit. Ernest Hemingway schenkt dem Farmer zwei Gewehre, eine österreichische Mannlicher und ein eigens in Spanien gefertigtes Gewehr. Freunde beschenkt der Schriftsteller großzügig, vor allem mit Zeit. Nick führt die große Ranch seines Vater fort, die Rinderzucht, deren guter Ruf bis hin nach Kalifornien reicht.

Daneben halten Nick Purdy und seine Frau Sharon, die in Picabo die kleine Poststation inne hat, die Erinnerung wach an den alten Freund des Vaters, selbst in einem solch kleinen Weiher wie Picabo mit seinen paar Dutzend Häusern. Beide Gewehre werden von Nick Purdy voller Stolz in einem deckenhohen Schrank mit Glasvitrine, nebst zahlreichen Fotos und Hemingway-Erstausgaben im Picabo Angler an der Landstraße nach Carey, prominent ausgestellt. An der gegenüberliegenden Wand von Nicks Fly Fishing Shop finden sich zahlreiche Fotos mit dem Schriftsteller, Zeichnungen – alles geprägt von ehrlicher Zuneigung dieses bodenständigen Menschenschlages.

Nick Purdy vor seiner Glasvitrine mit Hemingway-Devotionalien, Picabo/Idaho, im April 2018; Photo: W. Stock

Picabo ist Rural America, das ländliche Amerika mit den weiten Feldern und den riesigen Farmen am Fusse der Rocky Mountains, man kann mit dem Auto stundenlang fahren ohne einer einzigen Menschenseele zu begegnen. Ernest Hemingway bleibt auch in Idaho ein Naturbursche durch und durch, sicherlich nicht im modernen, nachhaltigen Sinne, sondern in einer eher traditionellen und romantischen Sichtweise. „Du hättest ihm eine Million Dollar geben können und er wäre nicht glücklicher gewesen als hier auf der Jagd“, meint sein Freund Bud Purdy, der den  Schriftsteller oft auf Enten-Jagd am Silver Creek beobachtet hat.

Dem Rancher kommt im Juli 1961 eine besondere Ehre zuteil. Zusammen mit den engen Kumpel Don Anderson, Lloyd Arnold, George Brown, Chuck Atkinson und Forrest MacMullen trägt Bud Purdy den Sarg mit dem toten Schriftsteller zur Grabstätte. Der Ketchum Cemetery liegt am nördlichen Stadtrand des Dorfes, Richtung Boulder Peak, am Rande der Landstraße. Es ist ein puristischer Friedhof ohne jedes Denkmal, lediglich mit flachen Grabplatten wird der Verstorbenen gedacht. Ganz in der Nähe von Ernest und Mary Hemingway liegen heute auch viele Freunde von damals. Auch die Purdys.

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