Im Dorf scheint die Uhr still zu stehen, die Bewohner gehen unaufgeregt ihrem Alltag nach. Viel zu gehen und zu tun gibt es in Cabo Blanco allerdings nicht. An windreichen Tagen fallen die Surfer ein, ein paar Backpacker verirren sich, doch meist bleiben die Fischer und die Kleinhändler unter sich. Die jungen Leute aus dem Ort haben sich schon längst aufgemacht nach Talara oder Piura oder gar nach Lima, wo es mehr Arbeit gibt und eine bessere Bezahlung. Und so bestimmen die Rentner das Bild der Ortschaft, ältere Herrschaften, die in ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda ihres Häuschens den Vormittag vor sich hinwippen und den Nachmittag gleich mit.
Jeder kennt jeden in diesem Nest, es sind gerade einmal 200 Familien, die in dem Fischerdorf leben. Du fragst, wo wohnt Rufino, und man antwortet dem Besucher, die Straße hoch, das dritte Haus auf der rechten Seite. Denn ein jeder weiß, wer mit Rufino gemeint ist, nicht nur, weil es nur einen Rufino in diesem Fleckchen gibt, sondern weil jeder hier alles vom anderen weiß, die Bewohner leben wie in einer Großfamilie.
Den Stolz auf ihr Dorf eint alle. Jeder im Ort – vom Halbwüchsigen bis zum Greis – wird dir zweierlei erzählen: Erstens, dass es in Cabo Blanco Tage gab, an denen man vor der Küste den größten Fisch auf diesem Planeten fangen konnte. Und zweitens, dass der beste Schriftsteller aller Zeiten fünf Wochen seines Lebens in Cabo Blanco verbracht hat, Tage voller Glück und Zufriedenheit. Mit ihrem Urteil liegen die Einheimischen nicht falsch. Der bärige Amerikaner hat seinen Aufenthalt am peruanischen Pazifik mit Leib und Seele genossen.
Nach der Heimkehr widmet er in einem Artikel für die Zeitschrift LOOK vom 4. September 1956 seinem Gastland eine lange Passage, die sich wie eine typische Liebeserklärung à la Hemingway liest. In Peru, wohin wir gegangen waren, um zu versuchen, für den Film einen großen Fisch aufzunehmen, war es ganz anders. Wir haben 32 Tage gefischt, von der ersten Stunde des Morgens bis zur Dämmerung, bis es schwierig wurde, zu filmen. Das Meer glitzerte wie ein riesiger Berg mit Schnee auf dem Gipfel. Wir konnten vom Kamm der Welle hinüber schauen aufs Land, dort wo der sandige Wind die Hügel an der Küste umschlang.